Bochums Mängelliste: Strafraum-Allergie und miese Konter

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Nicht nur tabellarisch ist der VfL Bochum nach sechs Spieltagen das Schlusslicht der Bundesliga. In vielen Disziplinen schneidet das Team von Trainer Zeidler schlecht ab, auch in einem "Spezialgebiet".

 Philipp Hofmann und Jakov Medic.

Enttäuschte Gesichter: Philipp Hofmann und Jakov Medic. IMAGO/Team 2

Mit dem 1:3 gegen den VfL Wolfsburg ist der Relegations-Teilnehmer der vorigen Saison ganz unten angelangt in der Liga. Mal wieder. Immer wieder spricht Trainer Peter Zeidler zwar von Fortschritten, die er bei seinem Team gesehen haben will, doch nicht allein in der schwachen Punktebilanz drücken sich die Mängel aus.

Zum Beispiel erzielte seine Mannschaft noch keinen einzigen Treffer nach einem Konter; das war in den vorangegangenen Jahren häufig eine Spezialdisziplin des Teams von der Castroper Straße. Die Null lässt sich hier aber möglicherweise auch dadurch erklären, dass Zeidler seinen Spielern verordnet hat, immer wieder Phasen von Gegenpressing einzustreuen, den Ball also möglichst im oder am gegnerischen Strafraum zu erobern. Dann ergibt sich Ballbesitz im Idealfall in der Nähe des gegnerischen Tores, ergo bietet sich eben nicht die Gelegenheit für einen Konter aus der eigenen Hälfte.

Sehr erfolgreich war der VfL allerdings bisher noch nicht im Bemühen, den Gegner in dessen Hälfte oder gar in Tornähe zu stressen. Nicht nur einmal beklagte sich Mittelstürmer Philipp Hofmann, dass er brauchbare Flanken in aussichtsreicher Position, also in Nähe des gegnerischen Tores, vermisse.

Dort taucht der Tabellenletzte nämlich auch sehr selten auf. Bochum hatte bisher nur 105 Ballkontakte im gegnerischen Strafraum, nur Mainz mit 97 noch weniger. Und der VfL erspielte sich bisher nur 23 Torchancen, das ist gemeinsam mit Aufsteiger Kiel der Tiefstwert.

Nicht mal "eklig"

Ziemlich holprig mutet häufig das Aufbauspiel an, auch das lässt sich durch Zahlen belegen. Bochum hat mit 73,8 Prozent angekommenen Pässen die drittschwächste Passquote. Wenn es spielerisch schon nicht läuft, dann, das war spätestens mit der Rückkehr in die Bundesliga der Plan unter den Trainern Thomas Reis und Thomas Letsch, will sich der VfL wenigstens als "ekliger" Gegner erweisen.

Dem Gegner also durch Kompaktheit und robuste Zweikampfführung den Weg zum Tor verbauen, das ist die Grundidee. Da erstaunt es allerdings, dass der VfL aktuell auf die nahezu schwächste Zweikampfquote aller 18 Bundesligisten kommt, denn nur 46,7 Prozent der Zweikämpfe wurden gewonnen. In diesem Bereich ist nur Union mit 46,3 Prozent schwächer, hat aber im Gegensatz zum VfL immerhin schon elf Punkte eingesammelt.

Diffiziles Programm

Viele Ansätze also für Peter Zeidler für die gemeinsame Arbeit auf dem Trainingsplatz. Zwölf Übungstage stehen an nach dem 1:3 gegen den VfL Wolfsburg und vor der Partie bei der TSG Hoffenheim am Samstag in acht Tagen.

Hoffenheim spielt zwar im Europapokal, ist aber in den nächsten Wochen der einzige Kontrahent, der nicht in der oberen Tabellenhälfte zu finden ist. Und wer aus Bochumer Sicht die Gegner vom Saisonstart als diffizil einordnet, dem sei ein Blick auf die kommenden Wochen empfohlen.

Nach dem Spiel gegen Hoffenheim tritt der VfL zum nächsten Heimspiel gegen Rekordmeister Bayern München an. Es folgen die Partien gegen Eintracht Frankfurt, Meister Bayer Leverkusen und den VfB Stuttgart, also allesamt Europapokal-Teilnehmer. Vier Gegner aus den Top-Acht der Liga, da wird sich Bochum enorm strecken müssen.

Testspiel in Köln

Dass aber auch ein kompletter Fehlstart nicht zwangsläufig zurück in die 2. Liga führen muss, hat der VfL eben in jüngster Vergangenheit auch schon erlebt. Zum Beispiel in der Vorsaison: Da feierten die Bochumer erst am zehnten Spieltag mit einem 2:1 in Darmstadt den ersten Saisonsieg und retteten sich auf der letzten Rille, sprich durch die Relegation, am Ende doch noch.

Um am Feintuning und an den vielen Problemfeldern zu arbeiten, bietet sich Zeidler und seinem Team am Donnerstag eine Gelegenheit. Der VfL vereinbarte ein Testspiel in der Domstadt gegen den Zweitligisten 1. FC Köln, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Oliver Bitter, Ullrich Schindler

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