Blessin will eine neue Derby-Geschichte schreiben

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Dass die Blicke am Freitag nach Hamburg gehen, weiß Alexander Blessin. Auch aus eigener Erfahrung. St. Paulis Trainer hat ein Stadt-Derby in Italien erlebt und sagt: "So ein Spiel, wie wir es erleben dürfen, sucht in Deutschland seinesgleichen. Es ist eine große Sache, dabei sein zu dürfen."

 St. Pauli-Trainer Alexander Blessin.

Freut sich aufs Derby: St. Pauli-Trainer Alexander Blessin. IMAGO/Noah Wedel

Im Mai 2022 verlor der gebürtige Schwabe mit CFC Genua das Stadtduell in der Serie A gegen Sampdoria Genua mit 0:1, der Abstieg rückte seinerzeit drei Spiele vor Saisonende entscheidend näher. Vergleichbare Konsequenzen drohen am Freitag noch nicht, dennoch stellt er klar: "Wir wollen in die Geschichtsbücher oder zumindest unsere eigene Geschichte schreiben."

Der 52-Jährige verrät im Vorfeld, dass er durchaus ein Freund von hitzigen Begegnungen ist. "Ich finde es geil, wenn ich ausgepfiffen werde." Zum Beleg kramt er in seiner ganz persönlichen Erinnerungskiste und aus dieser ein UEFA-Cup-Spiel mit dem VfB Stuttgart in Rotterdam hervor. "Ich wurde ausgepfiffen, mit Bier beschmissen und habe gestunken. Ich fand das schön. Das war ein Highlight meiner Spielerzeit." Seinerseits Öl ins Feuer gießen will er jedoch ausdrücklich nicht.

Verteidiger Nemeth fällt auf unbestimmte Zeit aus

Die in der vergangenen Woche erschiene ZDF-Doku "Always Hamburg", erklärt Blessin, habe er nicht gesehen, die Szene, in der Hamburgs Profis und Betreuer beim Warmmachen vor dem letzten Derby im Mai 2024 gezielt eine Rudelbildung ausgelöst haben, ist ihm aber selbstredend bekannt. "Ich fand, das war Kindergarten, das war geplant. Sie wollten Öl ins Feuer gießen." Er will stattdessen mit seinen Profis den schmalen Grat betreten, einerseits alle Emotionen in die Partie zu legen, andererseits aber nicht zu überdrehen. "Wenn man als Kind einen Traum hatte, dann war es, bei solchen Spielen dabei sein zu dürfen." Seine Marschroute ist diese: "Unser Ziel muss sein, dafür zu sorgen, dass die Euphorie im Stadion kippt, dass Unzufriedenheit entsteht."

Bei seinem Vorhaben muss St. Paulis Trainer wie schon beim Auftakt auf Eckpfeiler David Nemeth verzichten. Der Innenverteidiger hatte sich Mitte vergangener Woche nach einer Umschaltbewegung mit muskulären Problemen im Adduktorenbereich abgemeldet - beim Österreicher ein wunder Punkt. Vom Oktober 2022 an hatte er bereits ein knappes halbes Jahr wegen einer Schambeinentzündung pausieren müssen, vor dem letzten Testspiel gegen Hellas Verona (1:0) dann wieder über Schambeinprobleme geklagt, in der Woche darauf aber das Pokalspiel gegen Regionalligist Norderstedt (3:2 im Elfmeterschießen) über die vollen 120 Minuten bestritten und sogar vom Punkt getroffen.

Am Mittwoch verriet Blessin nun, dass Nemeth offenbar erneut länger aussetzen muss. "David wird uns weiterhin fehlen, und es ist noch ungewiss, wie lange er ausfällt." Ganz so schlimm hat es Abdoulie Ceesay nicht erwischt, aber auch der Gambier verpasst das Spiel gegen den HSV. Nach seiner Einwechslung gegen Dortmund (3:3) hat er sich bereits frühzeitig eine Risswunde am Fuß zugezogen, aber weitergespielt. "Er war voller Adrenalin und hat es gar nicht gemerkt." Im Anschluss wurde die Wunde genäht. "Für uns", sagt Blessin, "ist das schade, weil uns seine Wildheit guttut." Erst recht in einem Stadt-Derby hätte sie ebenfalls hilfreich sein können.

Sebastian Wolff

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