Dass der neue Innenminister beim härteren Asylkurs nicht zögert, hatte er schon an seinem ersten vollen Amtstag demonstriert. Tausende zusätzliche Bundespolizisten setzte Alexander Dobrindt sofort nach seiner Amtsübernahme Richtung Grenze in Bewegung und wies neben verschärften Kontrollen gleich auch rechtlich umstrittene Zurückweisungen in Asylfällen an. Ausgenommen sein sollten nur vulnerable Gruppen, Familien und Kranke etwa. Zwar bildeten sich an den Grenzen teils kilometerlange Staus vor den Kontrollposten. Offen aber war zuletzt, was genau die Kontrollen eigentlich bewirken und wie viele Menschen etwa in Asylfällen zurückgewiesen wurden.
Am Donnerstag zog die Bundespolizei nun nach einem Monat Bilanz. Klar wurde dabei, dass nur ein kleiner Teil der illegal eingereisten Menschen trotz eines Asylgesuchs zurückgewiesen wurde. Die umstrittene Maßnahme betraf 160 Asylsuchende an der 3800 Kilometer langen deutschen Außengrenze. Die Zahl bezieht sich auf die Kontrollen an den Landgrenzen im Zeitraum vom 8. Mai bis 4. Juni.
Bei Kontrollen werden auch Schleuser festgenommen
Eine Gerichtsentscheidung hatte erst am Montag die Frage aufgeworfen, ob die Bundesregierung mit dieser Praxis geltendes Recht bricht. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung dreier Somalier bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) sei rechtswidrig gewesen. Ohne eine Klärung, welcher EU-Staat für einen Asylantrag der Betroffenen zuständig sei, dürften Geflüchtete grundsätzlich nicht abgewiesen werden. Die Bundesregierung könne sich dabei auch nicht auf die von ihr angeführten Gründe einer Notlage berufen. Dobrindt kündigte an, das Urteil in diesen Fällen zu akzeptieren, an den Asyl-Zurückweisungen aber vorerst festzuhalten.
Insgesamt hat die Zahl illegaler Einreisen nach Deutschland in den vergangenen vier Wochen wieder etwas zugenommen. Im April zählte die Bundespolizei noch fast 5100 illegale Grenzübertritte, im Mai waren es 5600. Allerdings steigen die Zahlen im Frühjahr wegen des besseren Wetters an. Im Vergleich zu den Vorjahren liegen die aktuellen Zahlen jedoch deutlich unter den Vorjahren.
Die Bundespolizei machte am Donnerstag auch deutlich, dass die verschärften Kontrollen zu einer ganzen Reihe von Fahndungserfolgen führen. Als „Beifang“ seien 859 Personen mit offenem Haftbefehl und 139 Schleuser festgenommen worden. In mehr als 180 Fällen hinderten die Beamten Menschen wegen einer Wiedereinreisesperre am Grenzübertritt. Zudem stellten die Grenzschützer 92 Personen aus dem links-, rechts- und ausländerextremistischen oder dem islamistischen Spektrum fest.
Derweil gehen die Diskussionen um den schärferen Asylkurs weiter. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann forderte Innenminister Dobrindt am Donnerstag im Bundestag dazu auf, „die Praxis der Zurückweisungen an den Grenzen“ in Asylfällen zu beenden. Kanzler Friedrich Merz (CDU) warf sie vor, mit seinem „Alleingang“ für „maximale Irritation“ in den Nachbarländern gesorgt zu haben. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger nannte das Gerichtsurteil eine „Klatsche“ für die Regierung. „Allen ist und allen war klar: Das ist rechtswidrig“, sagte sie.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, verteidigte dagegen die härtere Asyllinie. Deutschland müsse seine „Magnetwirkung“ reduzieren. Die Regierung werde an den verschärften Grenzkontrollen festhalten. Beim Koalitionspartner SPD allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Für Polizistinnen und Polizisten gebe es Unklarheiten, welches Recht denn nun gelte, sagte der SPD-Politiker Sebastian Fiedler. Dies müsse sich ändern. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) mahnte rechtliche Klarheit an. „Ich erwarte, dass der Bundesinnenminister alles dafür tut, dass die irreguläre Migration begrenzt wird“, sagte Woidke vor einem Treffen der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten in Berlin. „Das war auch das Ziel schon der alten Bundesregierung. Dass er das aber auf einem rechtssicheren Fundament tun muss, das liegt auf der Hand.“