Bierkonsum: Oettinger-Chef erwartet Pleitewelle bei Brauereien

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Nach Einschätzung von Oettinger-Chef Stefan Blaschak steht der eigenen Branche eine Pleitewelle bevor. »Die Brauereien werden wie Fliegen von der Wand fallen«, sagte der Geschäftsführer der bayerischen Großbrauerei der »Augsburger Allgemeinen«. »Die Welt der Brauereien bröckelt, bei den Kleinen sehen wir fast täglich Insolvenzen, es wird auch die Großen treffen.«

Ursache der Entwicklung ist nach Blaschaks Worten der stetig sinkende Bierkonsum in Deutschland. Bislang sei der Absatz relativ konstant um zwei bis drei Prozent pro Jahr gesunken. »Dieses Jahr aber erleben wir einen Erdrutsch«, sagte der Oettinger-Chef. »Der Markt ist um 7 bis 7,5 Prozent eingebrochen«, sagte der Manager der Zeitung. »Die Branche verlor allein im ersten Halbjahr 2025 im Inland rund 2,6 Millionen Hektoliter, das entspricht etwa drei Millionen Dosen pro Tag.«

Nach einem alljährlichen Ranking des Hopfenhändlers BarthHaas haben fünf von sechs deutschen Großbrauereien 2024 weniger Bier produziert als im Vorjahr, bei Oettinger fiel das Minus demnach besonders groß aus.

Im kommenden Jahr will das Unternehmen seine Bierproduktion in Braunschweig einstellen, einem von vier Standorten. »Die Entscheidung zu Braunschweig tut mir extrem weh, die Menschen dort haben einen hervorragenden Job gemacht«, sagte Blaschak der Zeitung. »Aber ich weiß, was kommen wird, und muss das Unternehmen langfristig ausrichten.«

Warnstreik bei Oettinger

Ein 48-stündiger Warnstreik legte die Bierproduktion von Oettinger zum Wochenbeginn vorübergehend lahm. Als Ziel nannte die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), die Unternehmensleitung in einem seit Monaten schwelenden Tarifkonflikt zum Einlenken zu bewegen. Blaschak zufolge sind deshalb aber keine Lieferengpässe zu erwarten. »Wir haben jedoch genug Ware, um aus den Lägern zu liefern oder abholen zu lassen.«

Oettinger Getränke beschäftigt nach Unternehmensangaben rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an vier Standorten: rund 440 am Stammsitz in Oettingen, 190 in Mönchengladbach, 130 in Braunschweig und 40 in Walldorf. Die NGG wirft dem Unternehmen vor, in seinem Tarifangebot nur eine geringe Lohnerhöhung anzubieten und einige der im bisherigen Tarif vereinbarten Leistungen streichen zu wollen. »Die angebotene Entgelterhöhung soll über Verschlechterungen an anderer Stelle erkauft werden«, kritisierte Gewerkschaftssekretär Fouad Laghmouch.

Blaschak verteidigte seine Haltung hingegen auch mit dem sinkenden Bierkonsum in Deutschland. »Gerade in einer immer schwächer werdenden Branche ist eine Lohnerhöhung der Arbeitgeberseite ohne Leistungserhöhung auf Seiten der Arbeitnehmer für die Zukunft jedoch kein tragfähiges Modell«, sagte er.

Osten macht »Druck auf den Kessel«

Ein Tarifkonflikt von Brauereien in Sachsen und Thüringen wurde Ende vergangener Woche beigelegt. Nach Angaben der NGG steigen die Entgelte in den Betrieben der Radeberger Gruppe bis 2026 stufenweise um insgesamt 6,3 Prozent. Dazu erfolgt ab Januar 2026 eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche auf 38,0 Stunden. Insgesamt steige der Stundenlohn so um 7,7 Prozent hieß es.

Für die Beschäftigten der Wernesgrüner Brauerei steigen die Löhne den Angaben zufolge stufenweise um 5,9 Prozent. Auch die Vergütungen für die Azubis in allen Brauereien sollen steigen.

»Dieser Abschluss bringt ein deutliches Reallohnplus und verringert in vielen Betrieben die Lohnunterschiede zu den westdeutschen Standorten der Braugruppe. Das war unser erklärtes Ziel, dafür haben die Beschäftigten zwei Wochen gestreikt«, sagte NGG-Verhandlungsführer Uwe Ledwig. Der Osten »lässt sich nicht mehr abhängen, sondern macht Druck auf den Kessel«.

Die Arbeitgeber seien mit dem Tarifabschluss »an die Grenze des Leistbaren gegangen«, sagte Thomas Gläser, Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite. Tatsache sei auch, dass die Entgeltunterschiede zwischen den wenigen tarifgebundenen Brauereien und den nicht tarifgebundenen Unternehmen mit diesem Abschluss weiter zunähmen.

Von den 131 Brauereien in Thüringen und Sachsen sind nach Angaben des Arbeitgeberverbandes nur sechs Prozent tarifgebunden.

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