Biennale und Trump: Zerstört Trump jetzt auch noch die amerikanische Kunst?

vor 4 Stunden 1

Donald Trump steht auf der Rialtobrücke in Venedig. Irgendwo hinter ihm, in Richtung Markusplatz, ragt eine goldene Statue über der Stadt auf, die ihn darstellt, wie er eine junge Frau wegträgt, das Ganze erinnert ein wenig an eine schrille „Make America Great Again“-Variante des „Raub der Europa“. Der Himmel über Venedig ist dunkel, dann explodiert eine Lichtquelle, und Tausende von Menschen, die seltsamerweise im Canal Grande stehen, werden von einer Flutwelle überspült, woraufhin eine Art Seemonster, das augenscheinlich von Donald Trump befehligt wird, aus den Fluten emporsteigt.

So beginnt der KI-generierte Film „Venice Biennale Coup“ des antidemokratischen Bloggers Curtis Yarvin, in dem wenig später auch noch eine gefälschte Presseerklärung zu sehen ist, die Yarvin zum Kurator des amerikanischen Pavillons auf der Kunstbiennale in Venedig 2026 ernennt.

In Venedig würde Yarvin gern die aus seiner Sicht viel zu woke, liberale Kunstwelt versenken. Titel seines Pavillons wäre „The Home Coming of DOGE and the Museum of Dark Enlightenment“. Man könnte den Film als schrillen Unsinn abtun, wenn er nicht ziemlich präzise die seltsame Mischung aus Apokalyptik, Hass auf Liberale, Antidemokratismus, Angst vorm Untergang des Abendlandes und irrer Fantasy auf den Punkt bringen würde, die Teile der amerikanischen Techwelt auszeichnet.
So teilen Peter Thiel und Yarvin viele Überzeugungen, beide haben die Kultur als einen Hauptschauplatz im Kampf um ideologische Deutungshoheit ausgemacht.

Es ist unüblich, dass im Vorfeld so ausgiebig diskutiert wird, wer 2026 im amerikanischen Pavillon zu sehen sein wird, angesichts von Trumps Kultursäuberungsregime ist es aber auch verständlich. Bewerbungen um die Stelle des Chefkurators des Pavillon können noch bis 30. Juli eingereicht werden. Yarvin hat vermutlich keine großen Chancen - obwohl man bei Trump ja nie weiß.

Lautet das Motto jetzt „Make Art Great Again“?

Aussichtsreicher als Yarvin ist Andres Serrano, der sich offiziell beworben und auch gleich seine Idee mitgeteilt hat: Er möchte den Pavillon in einen „Trump Shrine“ verwandeln, vollgestopft mit Memorabilien des Trump-Kults: Auf Ebay hat der vierundsiebzigjährige Künstler bereits für mehr als 200.000 Dollar Dinge gekauft, mit denen sich Trump als Marke eta­bliert hat, von „Trump-Steaks“ über die „Make America Great Again“-Kappen und Trump-Aufkleber bis zu einem Stück von seiner Hochzeitstorte.

Serrano will das als Kritik verstanden wissen, als anklagende Ikonographie eines wahnwitzigen autoritären Personenkultes – aber natürlich kann man es auch eher affirmativ lesen; ein Trump-Wähler würde sich in dieser Ansammlung von Trumpiana nicht unwohl fühlen, so wie er beim Hören von Springsteens „Born in the U.S.A.“ die kritischen Untertöne wegsampelt.

Ob Serrano den Pavillon bekommt oder nicht – seine Arbeit gibt einen Ausblick auf eine amerikanische Kunst, die, wie einst die Kunst in der DDR, in offiziellen Häusern nur noch gezeigt werden kann, wenn sie ihre Kritik so gut versteckt, dass man sie auch als Hagiographie der Machthaber lesen könnte.

Gesamten Artikel lesen