Berliner Kulturkürzungen: Was hat die Hauptstadt denn sonst zu bieten?

vor 13 Stunden 1

Berlin genehmigt sich einen tiefen Schluck aus der Schulden-Pulle, aber die Kultur geht dabei leer aus. Das ist die ernüchternde Botschaft des Haushaltsentwurfs für das nächste Jahr, den der Senat der Bundeshauptstadt gerade veröffentlicht hat. Oder soll man es als Tri­umph des politischen Willens verstehen, dass die Kürzungsvorgaben im Kulturetat für 2026 von 130 auf 110 Millionen Euro sinken, statt um dreißig Millionen zu steigen, wie es seit Februar angedroht war?

Kürzungen „mit viel Bedacht“

Genau so möchte es die jüngst berufene Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson in zwei RBB-Interviews verkaufen, in denen sie auch von „Erleichterung“ bei ihrer Klientel spricht und davon, dass die neuen Sparpläne „mit sehr viel Bedacht aufgestellt“ seien – soll heißen, mit mehr Bedacht als von ihrem Vorgänger Joe Chialo, der an der Aufstellung der alten Pläne gescheitert ist.

Aber die Wahrheit hinter den wundermilden Worten lautet, dass das Sparen nächstes Jahr erst richtig losgeht, wenn die Buchungstricks mit Haushaltsmitteln für Programme, die noch gar nicht gestartet waren, verpufft und die Rücklagen einzelner Theater und Museen aufgebraucht sind. Gut so, möchte man denken, schließlich hat Berlin von allem zu viel: zwei große und zwei kleine Opern, vier große und ein Dutzend kleinere Theater, zwei Musicalpaläste, drei Literaturhäuser, mehr als fünfzig Festivals unterschiedlicher Größe und gefühlte fünfhundert freie Performance-Truppen und Künstlerkollektive.

Ein Drittel des Haushalts sind Personalkosten

Doch man kommt rasch auf andere Gedanken, wenn man sich die Zahlen des künftigen Landeshaushalts genauer ansieht. Denn von der Gesamtsumme von knapp 44 Milliarden Euro entfallen allein dreizehn Milliarden, fast ein Drittel, auf Personalkosten, also die Beamten und Angestellten des Landes Berlin – und das in ei­ner Stadt, in der man schon froh ist, wenn die ­U-Bahn ausnahmsweise pünktlich kommt, der Unterricht nicht ausfällt und der nächste Termin beim Bürgeramt nicht erst in drei Monaten frei wird. Weitere zehn Milliarden Eu­ro, ein gutes Zehntel mehr als in diesem Jahr, fließen in Sozialausgaben – Flüchtlingsunterkünfte, Kältebusse, Bürgergeld et cetera.

Der Kulturetat beträgt dagegen knapp eine Mil­li­ar­de: kein Fliegenschiss, aber das kleinste Stück in der Haushaltstorte. Und doch ist Kultur derzeit das Einzige, was die Hauptstadt wirklich anzubieten hat. Armut ist nämlich längst nicht mehr sexy, und auch das Flair des Weltkaffs an der Spree mit seinem Provinzflughafen zieht nicht mehr. Nur auf einem Gebiet ist Berlin noch international konkurrenzfähig. Noch. Der Senat sollte sich gut überlegen, wie tief er ins eigene Fleisch schneidet, wenn er bei den Künsten das Messer ansetzt.

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