Sie versprachen älteren Menschen Bücher, die es gar nicht gab: Gegen vier Männer ist nun Anklage erhoben worden, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Verdächtigen im Alter von 27, 28, 32 und 38 Jahren sollen insgesamt 41 Taten begangen haben, darunter banden- und gewerbsmäßiger Betrug, Urkundenfälschung, Computerbetrug sowie Diebstahl.
Bundesweit soll die insgesamt aus zehn Tätern bestehende Gruppe mit der sogenannten »Faksimile-Masche« ahnungslose Opfer abgezockt haben. Nach vorläufigen Schätzungen erbeuteten sie so insgesamt 1,95 Millionen Euro. 738.000 Euro davon gehen auf das Konto der vier Angeschuldigten, die für diese Taten nun belangt werden sollen.
Die Staatsanwaltschaft geht von mindestens sechs weiteren Tätern im Alter von 24 bis 51 Jahren aus, die teils Verbindungen zum kriminellen Clan-Milieu haben. Die Verdächtigen sollen im Oktober 2022 aktiv mit der Betrugsmasche begonnen haben.
So funktionierte der Betrug
Die Masche: Geschickte Verkäufer boten insbesondere älteren Menschen Bücher als Sammlerstücke an. Dabei sollen sie sich vorwiegend an ehemalige Kundinnen und Kunden einer Verlagsgruppe gewandt haben, die in der Vergangenheit Nachdrucke antiquarischer Bücher, sogenannte Faksimiles, gekauft hatten.
Die Kaufpreise der beworbenen Stücke lagen bei bis zu 450.000 Euro. Für die Abwicklung der Geschäfte sollen die Betrüger vorab eine Zahlung verlangt haben, beispielsweise als »Provision« oder »Kaution«. Viele der Betrugsopfer nahmen den Ermittlungen zufolge Kredite auf, um die geforderten Summen zahlen zu können.
In keinem der bisher bekannten Fälle soll die Bande tatsächlich die Absicht gehabt haben, Bücher zu verkaufen. Es ging lediglich darum, die Vorauszahlungen zu kassieren, erklärte die Staatsanwaltschaft.
Damit die Fälle nur schwer verfolgt werden konnten, sollen sich die Männer ein komplexes, aus verschiedenen Firmen bestehendes Geldwäschenetzwerk genutzt haben.
So funktionierte die Bande
Kopf der Bande war den Ermittlungsergebnissen zufolge ein 32-Jähriger. Er soll die Aktivitäten koordiniert, Büroräume angemietet und die Anwerbung neuer Tatopfer über ein Callcenter veranlasst haben.
Für die operative Umsetzung der Taten verantwortlich war den Vorwürfen nach ein 28-Jähriger. Er soll sich insbesondere um die Organisation des Zahlungsverkehrs und die Verschleierung der Geldflüsse gekümmert haben.
Kontakt mit den Opfern nahmen laut den Ermittlern ein 37-Jähriger und ein 27-Jähriger auf, die persönlich an den Wohnanschriften der Geschädigten erschienen und dort die Taten ausgeführt haben. Der 27-Jährige soll die vermeintlich beabsichtigte Vermittlung eines Bücherverkaufs aber in zwei Fällen nur als Vorwand genutzt haben, um Wertgegenstände aus Wohnungen zu stehlen.
Warnungen vor »Faksimile-Masche«
Im Mai wurden die vier Männer bei einer Razzia festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Rund 280 Polizisten hatten vor zwei Monaten Wohnungen und andere Räume in Neukölln, Rudow, Baumschulenweg, Mariendorf und Marienfelde sowie im brandenburgischen Falkensee und Teltow durchsucht. Dabei wurden laut Behörden Unterlagen, Handys und Datenträger beschlagnahmt.

Faksimile und andere Gegenstände, die in Gera von der Polizei ausgestellt wurden
Foto: Bodo Schackow / picture alliance / dpaBundesweit warnen Polizei und Verbraucherzentralen vor der »Faksimile-Masche«. Anfang 2024 hatte die Staatsanwaltschaft im thüringischen Gera von Ermittlungen gegen 20 Verdächtige aus Thüringen, Berlin, Brandenburg und Sachsen berichtet. Durch sie sollen 115 Geschädigte mindestens 5,9 Millionen Euro verloren haben.