Belgien lässt seine Atomkraftwerke weiterlaufen. Das Nationalparlament in Brüssel stimmte am Donnerstag mit deutlicher Mehrheit für ein Gesetz der Regierung unter dem Rechtsnationalisten Bart De Wever, mit dem die Laufzeiten der bestehenden Atomreaktoren verlängert werden sollen. Zusätzlich soll der Staat weitere Reaktoren in Auftrag geben.
Derzeit sind vier Reaktoren in Belgien in Betrieb: zwei im Kraftwerk Doel an der niederländischen Grenze und zwei im Akw Tihange bei Lüttich, rund 50 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze entfernt. Ursprünglich sollten die Reaktoren, die seit Jahrzehnten in Betrieb sind, bereits in diesem Jahr abgeschaltet werden.
Die zwei übrigen Reaktoren Tihange 1 und Doel 2 sind seit knapp 50 Jahren in Betrieb und sollten eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden. Das nun verabschiedete Gesetz macht einen Weiterbetrieb rechtlich möglich, die Regierung müsste allerdings rasch einen Vertragspartner finden.
Kernenergie ist wieder en vogue
Der belgische Energieminister Mathieu Bihet kündigte an, dafür Gespräche mit dem Betreiber Engie zu führen. Ob das Unternehmen einen weiteren solchen Vertrag eingehen will, ist allerdings unklar. »Atomkraft ist nicht mehr Teil der Strategie der Engie-Gruppe«, sagte ein Konzernsprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Kernenergie ist angesichts der Energiekrise durch den Ukrainekrieg und der Klimaziele EU-weit wieder auf dem Vormarsch. Unter anderem in Frankreich und Schweden sollen zusätzliche Anlagen gebaut werden. Italien will erstmals seit Jahrzehnten wieder ein eigenes Akw bauen. In Deutschland wird hingegen am Atomausstieg festgehalten.
Die belgische Regierung will mithilfe der Kernenergie auch die Klimaziele der EU erreichen. »Wir müssen den Anteil der Atomkraft in unserem Energiemix erhöhen, um CO₂- Strom zu erzeugen«, sagte Minister Bihet am Donnerstag im Radiosender Bel-RTL.