In die allgemeine Feierstimmung nach dem Klassenerhalt des FC St. Pauli mochte Oladapo Afolayan am Samstag nicht mit einstimmen. Während die Teamkollegen ein Loblied auf die Weiterentwicklung unter Alexander Blessin anstimmen, übt der Engländer offen Kritik am Trainer. Eine gemeinsame Zukunft scheint kaum vorstellbar.

Unzufrieden mit seiner Einsatzzeit: St. Paulis Oladapo Afolayan. IMAGO/Lobeca
Erste Spannungen zwischen dem Aufstiegshelden aus der Vorsaison und dem im Sommer neuen Coach hatte es gleich zu Saisonbeginn gegeben, weil Blessin zunächst eine Abkehr vom Flügelsturm vollzogen hatte, Afolayan zudem immer wieder zu mehr Defensivarbeit aufgefordert hatte. Zwischenzeitlich hatte der 27-Jährige seinen Platz dann zurück, kommt am Ende auch auf 32 Bundesligaeinsätze.
Aber: Nur 17 bestritt er von Beginn an - und machte nach dem 0:2 gegen Bochum deutlich, dass ihm die Spielanteile zu wenig und die kritischen Worte zu viel sind. "Es waren beschissene sechs Monate zuletzt, um ehrlich zu sein. Ich hatte nicht den Eindruck, die Spielzeit zu bekommen, die ich verdient gehabt hätte. Und wenn ich gespielt habe, wurde ich nicht so wertgeschätzt, wie es angemessen gewesen wäre."
Wir müssen versuchen Spiele zu gewinnen und nicht nur, sie nicht zu verlieren.
Afolayan kritisiert nicht nur, dass er zu wenig gespielt habe, er sagt mehr als nur durch die Blume, dass er auch den Stil des Trainers mit der Akzentuierung auf die Arbeit gegen den Ball nicht gutheißt. "Ich finde, wir müssen versuchen, Spiele zu gewinnen, nicht nur, sie nicht zu verlieren." Eine Attacke gegen den Coach, der in der Mannschaft, im gesamten Verein und längst auch in der ganzen Branche hohes Ansehen genießt. Afolayan aber findet: "Wir haben das Minimum geschafft. Mein persönliches Ziel war es, besser als auf Platz 14 abzuschließen. Wir hätten das schaffen können, was Heidenheim in der vergangenen Saison erreicht hat."
Klar ist: Mit dieser Ansicht schert der Flügelstürmer nicht nur aus der allgemeinen Sichtweise auf St. Pauli aus, wo der Klassenerhalt als ebenso großes Ereignis wie der Aufstieg im Vorjahr eingeordnet wird, sondern er verstößt auch gegen einen Kodex. Die Frage, ob er dies ganz bewusst tut, drängt sich mit Blick auf die Aussage zu seiner persönlichen Zukunft geradezu auf.
Bereitet Afolayan seinen Abschied vor?
In Zeiten, da der Kiez-Klub wie andere Vereine keine Vertragslaufzeiten mehr veröffentlicht, sagt er: "Ich habe noch ein Jahr Vertrag, aber natürlich bin ich nicht glücklich darüber, wie die Dinge hier laufen. Wir werden ernsthafte Gespräche führen und sehen, was passiert. Es wird sich sowieso eine Menge verändern." Mit dem letzten Satz deutet er an, dass möglicherweise Leistungsträger vor dem Absprung stehen. Afolayan selbst strebt ganz offenbar ebenfalls seinen Abschied an.
Sebastian Wolff