2. Fußball-Bundesliga: Hamburger SV erobert vorübergehend Tabellenspitze mit Sieg gegen 1. FC Köln

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HSV-Sieg im Zweitliga-Spitzenspiel gegen Köln Auf Wolke sieben

Merlin Polzin führt den gefühlt schon ewigen Hamburger Zweitligisten bei seinem Debüt als Cheftrainer direkt auf Platz eins – zumindest für eine Nacht. Doch rund um den Sieg gegen Köln spielte auch Gewalt eine Rolle.

18.01.2025, 23.28 Uhr

HSV-Profi Ransford Königsdörffer (in der Luft) schoss das Siegtor

HSV-Profi Ransford Königsdörffer (in der Luft) schoss das Siegtor

Foto: Justus Stegemann / IMAGO

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Szene des Spiels: Die Art und Weise, wie der Elfmeter geschossen war, passte zu diesem Abend im Volksparkstadion. Lange hatten sich der Hamburger SV und der 1. FC Köln im Topduell am 18. Spieltag der zweiten Liga eher vorsichtig beschnuppert, keiner wollte in der Partie zwischen dem Dritten und Ersten verlieren. Und dann schoss Hamburgs Ransford Königsdörffer den Elfmeter in der 78. Minute so ängstlich und unplatziert, dass Kölns Torwart Marvin Schwäbe gar nicht anders konnte, als den Ball abzuwehren. Nur: Der Nachschuss des HSV-Profis war drin. Und der Jubel groß.

Ergebnis: Dem HSV reichte der Nachschuss beim Elfmeter, um 1:0 gegen den Tabellenführer aus Köln zu gewinnen. Damit wechselte die Tabellenspitze: Vorerst neuer Zweitliga-Tabellenführer ist der HSV (der Karlsruher SC könnte am Sonntag noch vorbeiziehen), Köln ist nun Zweiter. Die Übersicht mit der Tabelle und allen Ergebnissen der zweiten Liga finden Sie hier.

Shoppingtour: Dass die Kölner als Tabellenführer in den 18. Spieltag gingen, war bemerkenswert. Ein Jahr lang durfte der Verein keine Spieler verpflichten und daher seinen Kader nach dem Bundesliga-Abstieg im vergangenen Sommer nicht groß verändern. Hintergrund war ein Transferbann nach einem Fifa-Urteil (mehr dazu lesen Sie hier ). Mit diesem Wintertransferfenster war die Sperre nun abgelaufen, Köln verpflichtete zwei neue Verteidiger, von denen es einer direkt in die Startelf schaffte: Jusuf Gazibegovic. Der sah nach einer rüden Attacke in der sechsten Minute gleich mal die Gelbe Karte.

Die erste Hälfte: Man hätte meinen können, dass die frühe Gelbe Karte für den Kölner Zugang zum Problem werden könnte, denn Gazibegovics Gegenspieler sollte an diesem Abend der schnelle HSV-Profi Jean-Luc Dompé sein. Doch von Dompé war zunächst wenig zu sehen, die beste Torszene in einer relativ ereignislosen ersten Hälfte (mit sehr harmlosen Kölnern) hatte der Franzose dennoch. Kurz vor der Halbzeitpause prüfte er Schwäbe mit einem Schuss im Strafraum, den der Kölner Torhüter jedoch abwehren konnte. Und wenn man an dieser Stelle verstehen will, wie Köln eigentlich an die Tabellenspitze gekommen war, dann muss man über Schwäbe reden.

Der Ex-Kölner Davie Selke verpasst den Ball, Marvin Schwäbe muss nicht eingreifen

Der Ex-Kölner Davie Selke verpasst den Ball, Marvin Schwäbe muss nicht eingreifen

Foto: Oliver Ruhnke / IMAGO

Glücksbringer: Nach dem zehnten Spieltag nahm Kölns Trainer Gerhard Struber eine personelle Veränderung vor. Der Effzeh war zu diesem Zeitpunkt nur Zwölfter und hatte sieben Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze. So entschied sich Struber, den erfahrenen Torhüter Schwäbe wieder ins Tor zu stellen. Manchmal steckt in solchen Aktionen schon die pure Verzweiflung, Hauptsache etwas ändern, hoffen, dass es dann besser läuft. In diesem Fall starteten die Kölner mit dem 29-Jährigen eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage bis zur Winterpause, damit gelang der Sprung auf Platz eins.

Mann der Zukunft: Leidtragender war von dem Wechsel im Kölner Tor ein gewisser Jonas Urbig. Ein großes Torwarttalent, 21 Jahre jung, und jener Mann, der in diesen Tagen als möglicher Nachfolger von Manuel Neuer beim FC Bayern gehandelt wird.

Mann der Gegenwart: Auch Merlin Polzin gilt als Talent, ist aber bereits heute in verantwortlicher Position tätig. Der 34-Jährige war lange Co-Trainer beim HSV, sprang im vergangenen November für vier Spiele als Interimstrainer ein und soll nun als Chefcoach den HSV im siebten Zweitliga-Jahr zurück in die Bundesliga führen. Also das schaffen, was Christian Titz, Hannes Wolf, Dieter Hecking, Daniel Thioune, Tim Walter und Steffen Baumgart (wen haben wir vergessen? Ach ja, Horst Hrubesch war auch mal für drei Spiele HSV-Trainer in der zweiten Liga) nicht geschafft haben.

Zweite Hälfte: Polzin sollte in der zweiten Hälfte einiges richtig machen, als er Marco Richter und Königsdörffer ins Spiel brachte. Richter holte den Elfmeter heraus, Königsdörffer beendete mit seinem Nachschuss die jüngste Traumserie von Torwart Schwäbe. Es war kein rauschendes HSV-Fußballfest, weniger Spektakel als zu Walter-Zeiten, aber ein seriös erarbeiteter Sieg. Vielleicht ist das mehr wert als die Offensivschlachten früherer Zeiten, die oft nur zu einem vierten Platz führten.

Ohne Sinn und Verstand: Lange vor dem Anpfiff überschatteten Gewaltszenen die Zweitliga-Partie. Auf einem Video in den sozialen Netzwerken war zu sehen, wie vermummte Personen, teilweise mit Schals in den HSV-Farben bekleidet, in der Nähe der Hamburger Reeperbahn auf feiernde und völlig unvorbereitete Kölner Fans einschlugen. Laut Medienberichten sollen auch Frauen und ältere Menschen von der Gewalt betroffen gewesen sein. Ersten Polizeiberichten zufolge habe es dabei mindestens zwei Verletzte gegeben.

Ausblick: Der HSV hatte die schlechteste Hinrunde seiner Zweitliga-Geschichte gespielt, doch jetzt könnte der Klub seit langer, langer Zeit wieder als Tabellenführer im Unterhaus einen Spieltag abschließen. Um genau zu sein: Zum ersten Mal seit dem fünften Spieltag der Vorsaison, also seit Anfang September 2023. Doch allein die Tatsache, dass der KSC am Sonntag schon wieder vorbeiziehen könnte, zeigt, wie eng es in diesem Jahr an der Spitze der zweiten Liga zugeht. Ob sich beim Hamburger SV unter Merlin Polzin wirklich etwas verändert hat, wird sich also erst in den kommenden Monaten zeigen.

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