Ein Leben voller Lieben führte er, die der klassischen Musik und dem Theater galten, sehr früh schon dem Eishockey und sehr viel später allen Neuerungen der Kommunikationstechnik. Doch die größte Liebe von Theodor Geus, natürlich neben jener zu seiner Familie, sollte die große weite Welt werden, eine Liebe, die er sich als Leiter des Reiseblatts dieser Zeitung fast ein Vierteljahrhundert lang Tag für Tag erfüllen konnte – und die niemals zu erlahmen schien.
Unerschöpflich waren seine Neugier, seine Wissbegier, sein Fernweh, von fast jeder Reise kam er so enthusiastisch zurück, als sei es seine erste und ganz bestimmt nicht seine letzte gewesen. Von ihm konnte man lernen, dass die Schönheiten der Welt unendlich sind und ein Menschenleben nicht ausreicht, um sie alle zu sehen. Und das war längst nicht alles, was wir von ihm gelernt haben.
Er impfte dem Reiseblatt Leben ein
In die Wiege wurde Theodor Geus seine Weltläufigkeit indes nicht gelegt. Er kam 1938 im oberfränkischen Städtchen Staffelstein zur Welt und erzählte immer wieder, wie eng der Horizont dort war und wie tief der Himmel in seiner Heimat hing. Nach dem frühen Tod des Vaters, der 1942 in Nordafrika fiel, zog die Familie nach Bayreuth, wo der junge Theodor schon während seiner Schulzeit an einem humanistischen Gymnasium seine Liebe zum Journalismus entdeckte – und wesentlich mehr Wert auf sieben Pfennig Zeilenhonorar als auf schulischen Ehrgeiz legte. Auch während seines Studiums der Theater- und Musikwissenschaften und der Psychologie schrieb er für Lokalzeitungen, wurde schließlich Feuilletonredakteur und Musikkritiker zunächst in Bayreuth, später in Marburg, bevor ihn seine zweite große Liebe 1972 zur Reisezeitschrift „Merian“ führte. Zwei Jahre später trat er in die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein und wurde Redakteur beim Chef vom Dienst. Seine wahre Leidenschaft aber verlor er nie aus den Augen.
Als er das Reiseblatt der dieser Zeitung 1979 übernahm, wurde noch im Bleisatz gedruckt, waren sämtliche Fotografien schwarzweiß und erinnerten manche Texte an betulich bildungsbürgerliche Baedeker-Einträge. Theodor Geus gelang es innerhalb kürzester Zeit, seinem Reiseblatt Leben einzuimpfen, eben weil er sich so sehr für das Leben der anderen interessierte, weil es ihm nie nur um die Beschreibung von Sehenswürdigkeiten oder Bilderbuchlandschaften ging.
Er wollte immer wissen, was hinter ihnen steckte, wollte begreifen, welchen Einfluss der Tourismus auf die Menschen hatte, er wollte verstehen, erkennen, erklären. Geus wusste, dass er als Reisender kein bloßer Besucher war, sondern Teil eines Prozesses, der zu Veränderungen führte, im Guten wie im Schlechten. Er forderte von seinen Kollegen genauso viel Bewusstsein für diese Verantwortung wie von sich selbst. So wurde aus dem Reiseblatt eine intellektuelle Bastion und aus vielen Texten eine Inspiration, die den Lesern weit mehr als nur einen Dia-Abend in Worten schenkte.
Er war ein früher Mahner
Es waren die goldenen Jahre des Tourismus, die Theodor Geus als Leiter des Reiseblatts erlebte, Jahre des Wachstums und des Optimismus, in denen viele glaubten, dass die Reisenden die Welt zu einer besseren machen. Und es war sein großes Verdienst, früher als die meisten anderen zu erkennen, welche Sprengkraft im Tourismus liegt. So wurde er zu einem frühen Mahner, den viele nicht verstanden und der sich heute von den Verwerfungen des Overtourism bestätigt fühlen würde – und der das Wort „Ökobilanz“ in das Reiseblatt einführte, als die meisten Menschen noch keine Ahnung hatten, was das ist.
Theodor Geus war aber alles andere als ein Spaßverderber, dazu mochte er die weite Welt viel zu sehr und vor allem Amerika, dem er mehrere Bücher widmete. Am Dienstag hat der Mann, der sogar im tiefsten Dschungel immer tadellos gebügelte Hemden trug und selbst im Angesicht lebensbedrohlichen Getiers nie die Fasson verlor, seine geliebte Welt für immer verlassen, schnell und schmerzlos – wie er es sich gewünscht hat.