In Schottland trifft sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Donald Trump. Gelingt ein Handelsabkommen? Antworten auf die wichtigsten Fragen
27. Juli 2025, 12:55 Uhr Quelle: DIE ZEIT, dpa, AFP, Reuters, sög
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen trifft am späten Nachmittag (17.30 Uhr MESZ) US-Präsident Donald Trump in Schottland, um Gespräche über
eine Lösung im Zollstreit und ein mögliches Handelsabkommen zu führen. Wie ist die Ausgangslage? Die wichtigsten
Fragen und Antworten
Alle Fragen im Überblick:
Was steht auf dem Spiel?
Trump hatte im April Zölle in Höhe von zehn Prozent auf fast alle Importe aus der EU eingeführt. Außerdem hatte er zusätzliche Zölle in Höhe von 25 Prozent auf den Import von Autos und Autoteilen beschlossen. Bei Stahl- und Aluminiumprodukten betragen sie sogar 50 Prozent. Diese Maßnahmen schaden der europäischen und besonders der exportorientierten deutschen Wirtschaft, da Produkte für US-Unternehmen und -Verbraucher teurer und somit weniger nachgefragt werden.
Trump hatte vor zwei Wochen inmitten laufender Verhandlungen mit einem Brief an von der Leyen den Druck noch einmal erhöht und Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Importe aus der EU ab dem 1. August angekündigt.
Wie stehen die Chancen auf eine Einigung?
Dem Treffen waren nach Angaben einer Kommissionssprecherin intensive Verhandlungen "auf technischer und politischer Ebene" vorangegangen. "Die Chefs werden nun Bilanz ziehen und prüfen, inwieweit ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden kann, das für Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks Stabilität und Vorhersehbarkeit bietet." Von der Leyen hatte zuvor auf der Plattform X geschrieben, die Entscheidung zu dem Treffen sei nach einem "guten Telefonat" mit Trump gefallen.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte angedeutet, dass im Handelsstreit eine Einigung bevorstehen könnte.
Trump sprach bei seiner Ankunft in Schottland am Freitag von einer "guten 50:50-Chance". Sollte eine Übereinkunft gelingen, wäre es Trump zufolge "der größte Deal von allen". Bei "vielleicht 20 verschiedenen Angelegenheiten" gebe es noch Streitpunkte.
Wie könnte ein Deal aussehen?
Insider sagten zuletzt, es laufe auf US-Zollsätze von etwa 15 Prozent auf die meisten Exporte in die USA hinaus. Für Stahl und Aluminium dürften aber die Zölle von 50 Prozent fortbestehen. Wie auf der anderen Seite das EU-Zollniveau aussehen würde, ist bislang unklar.
Trump hat sich jüngst mit Japan auf Zölle von 15 Prozent geeinigt, deutlich weniger als ursprünglich geplant. Japan werde Investitionen in Höhe von 550 Milliarden Dollar in den USA tätigen und "Hunderttausende Arbeitsplätze" schaffen, hieß es. Der US-Präsident hatte Japan zuvor mit neuen Einfuhrzöllen in Höhe von 25 Prozent gedroht, sollte bis zum 1. August keine Einigung erzielt werden. Japan werde "seinen Markt für den Handel mit den USA öffnen, darunter für Autos und Lastwagen, Reis und bestimmte andere landwirtschaftliche Produkte", sagte Trump nach der Einigung.
Der EU hatte der US-Präsident in der Nacht zum Donnerstag ebenfalls die Senkung von angedrohten Zöllen in Aussicht gestellt – sollte sie ihren Markt stärker für die USA öffnen. "Wenn sie zustimmen, die Union für amerikanische Unternehmen zu öffnen, dann werden wir einen niedrigeren Zoll erheben."
Und wenn es keine Einigung gibt?
Die Europäische Union werde sich "nicht erpressen lassen" und "nicht wie im Fall von Japan unterwürfig allen wirtschaftlichen Forderungen der USA beugen", sagte der deutsche Vorsitzende des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments (EP), Bernd Lange. "Verhandeln und vereinbaren ja, aber unterwerfen werden wir uns nicht."
Die EU hat sich auf eine milliardenschwere Liste mit möglichen Gegenzöllen von bis zu 30 Prozent verständigt. Wenn die Verhandlungen scheitern, könnten damit zügig Gegenmaßnahmen auf US-Exporte in die EU im Wert von 93 Milliarden Euro verhängt werden. Die Gegenzölle sollen am 7. August in Kraft treten, sollte es bis dahin keine Verhandlungslösung geben.
Die Gegenmaßnahmen umfassen eine bereits beschlossene Liste mit Abgaben auf US-Einfuhren im Wert von 21 Milliarden Euro. Zum anderen sind weitere Importe im Wert von rund 72 Milliarden Euro betroffen. Ein Kommissionssprecher betonte, das Hauptaugenmerk der EU liege weiterhin darauf, eine Einigung mit den USA zu erzielen.
Deutschland wäre von einer Erhöhung der US-amerikanischen Einfuhrzölle besonders stark betroffen. Die Bundesrepublik verzeichnete zuletzt einen Überschuss von 84,8 Milliarden Dollar im Handel mit den USA. Insbesondere die Autokonzerne, die Stahl- und Chemieunternehmen sowie die Maschinenbau-Industrie exportierten ihre Produkte in die Vereinigten Staaten.
Was ist der Hintergrund des Konflikts?
Donald Trump begründet seine Zollpolitik vor allem mit dem Handelsdefizit der USA gegenüber der EU. Der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge wurden 2024 Waren im Wert von 333 Milliarden Euro aus den USA in die EU exportiert. In die USA wiederum gingen Waren im Wert von 532 Milliarden Euro, das seien 20,6 Prozent der EU-Ausfuhren.
Die meisten der EU-Staaten führen mehr Produkte in die Vereinigten Staaten ein, als sie von dort importieren. Laut der Statistik des Bureau of Economic Analysis (BEA), das dem US-Handelsministerium unterstellt ist, ist das Handelsdefizit nur mit China größer.
Anders sieht es allerdings aus, wenn man auf Dienstleistungen schaut:
Während US-Unternehmen wie etwa Amazon, Microsoft, Netflix oder
Uber in der EU Dienstleistungen im Wert von 482,5 Milliarden Euro
erbrachten, waren es andersherum nur 334,5 Milliarden Euro, also 148
Milliarden Euro weniger.