Washington, D.C.: Donald Trump lässt Nationalgarde in US-Hauptstadt bewaffnen

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Die Regierung von US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck in der Hauptstadt. Patrouillierende Truppen der Nationalgarde sind seit Sonntagabend (Ortszeit) bewaffnet unterwegs. Das teilte die Joint Task Force-D.C. mit, die den fragwürdigen Einsatz in Washington, D.C. koordiniert.

Nach Angaben der »Washington Post«  waren schon kurz nach dieser Bekanntgabe Einheiten mit sichtbarer Bewaffnung auf den Straßen unterwegs. Offiziell ist es ihnen nicht erlaubt, Festnahmen durchzuführen. Das übernimmt die Polizei. Laut der neuen Mitteilung könne es jedoch »zu Festsetzungen kommen, bis die Festnahme erfolgen kann«.

Die genaue Zahl der Soldaten sei noch unklar, sie würden jedoch entweder mit M17-Pistolen oder M4-Gewehren ausgestattet, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Der US-Sender NBC berichtet , die Waffen dürften zur Selbstverteidigung und als »letztes Mittel« bei »unmittelbarer Gefahr von Tod oder schwerer Verwundung« eingesetzt werden.

In den ersten beiden Wochen seit Beginn des Einsatzes am 11. August waren die Einheiten der Nationalgarde zwar in Schutzkleidung, aber ohne sichtbare Bewaffnung auf den Straßen unterwegs gewesen. Am vergangenen Freitag hatte Verteidigungsminister Pete Hegseth die Bewaffnung angeordnet. Ein genauer Zeitpunkt blieb dabei aber noch offen – bis jetzt.

Der Schritt markiert eine neue Stufe im militärischen Vorgehen in demokratisch regierten US-Großstädten durch Trump – und steht in Widerspruch zu dessen jüngsten Aussagen. Beim Besuch einer Polizeizentrale in D.C. am Donnerstag hatte er noch gesagt: »Die Stadt ist wie ausgewechselt«, und fügte hinzu: »Alle sind jetzt sicher« (mehr dazu lesen Sie hier).

Hunderte unbewaffnete Soldaten der Nationalgarde sind seit zwei Wochen in den Straßen Washingtons im Einsatz, nachdem Trump einen Kriminalitätsnotstand für den Bezirk ausgerufen hatte.

Der US-Präsident kündigte zudem an, sein Vorgehen gegen die Kriminalität wahrscheinlich auf Chicago auszuweiten und deutete am Sonntag auch einen Einsatz in Baltimore an. Der Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, wies dies umgehend zurück. »Es gibt keine Grundlage und keine Befugnis für Donald Trump, zu versuchen, Bundestruppen in die Stadt Chicago zu schicken«, sagte Jeffries dem Sender CNN. Er warf Trump vor, eine Krise herbeireden zu wollen. Auch der Gouverneur von Illinois, J.B. Pritzker, erklärte, es gebe keinen Notstand, der einen solchen Einsatz rechtfertige.

Trumps Darstellung einer Kriminalitätswelle in den von Demokraten regierten Städten steht im Widerspruch zu offiziellen Daten. Obwohl der Republikaner die Hauptstadt als von Verbrechen erfasst darstellt, zeigen die Zahlen einen Rückgang. Der Bürgermeister von Chicago, Brandon Johnson, verwies darauf, dass die Mordrate in seiner Stadt im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent und die Zahl der Schießereien um fast 40 Prozent gesunken sei. Auch in Baltimore ist die Kriminalität rückläufig.

Trump hofft auf Konfrontation

In Chicago und Baltimore hat Trump weitaus weniger Macht als im Bundesdistrikt Washington, wo er als Präsident größeren Einfluss ausübt. Als rechtliche Grundlage für einen Einsatz könnte er sich jedoch auf ein Bundesgesetz berufen. Diese als Section 12406 bekannte Bestimmung erlaubt dem Präsidenten den Einsatz der Nationalgarde, um eine Invasion abzuwehren, einen Aufstand niederzuschlagen oder die Einhaltung von Gesetzen zu erzwingen. Auf diese Regelung hatte sich Trump bereits Anfang des Jahres berufen, als er gegen den Willen des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom Nationalgardisten nach Los Angeles entsandte.

Dort kam es Anfang Juni zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Uniformierten. Ähnliche Szenen in der Hauptstadt oder anderen demokratischen Metropolen könnten Trump gleich mehrere politische Vorteile verschaffen: Er könnte demokratisch regierte Städte wie Washington als Orte des Chaos darstellen und sich selbst als unerschütterlichen »Law and Order«-Verfechter; er könnte Protestierende als radikal brandmarken und gleichzeitig seine eigene Basis über das Feindbild der »linken Radikalen« mobilisieren. Es wäre eine willkommene Ablenkung von anderen politischen Herausforderungen.

Noch gravierender könnten jedoch die langfristigen Folgen für die amerikanische Gesellschaft insgesamt sein. Der Anblick gepanzerter Militärfahrzeuge in amerikanischen Städten, eigentlich aus autoritären Regimen bekannt, droht zur Normalität zu werden. Genau diese Taktik scheinen Trump und seine Mitstreiter derzeit zu verfolgen (mehr dazu lesen Sie hier ).

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