Warum sinken die Verkaufszahlen des Tesla Model Y?

vor 9 Stunden 1

Die Nachfrage nach dem Tesla Model Y hat im zweiten Quartal 2025 weiter nachgelassen: Wie Dataforce meldet, ist die Zahl der Neuzulassungen in Deutschland von 3442 in den Monaten Januar bis März auf 2865 für April bis Juni zurückgegangen, obwohl seit Beginn des zweiten Quartals das Facelift „Juniper“ ausgeliefert wird. Das entspricht einem Minus von 17 Prozent. Im Vergleich zum zweiten Quartal des Vorjahres (5617 Exemplare) beträgt die Einbuße 49 Prozent. Vergleicht man die kompletten ersten Halbjahre 2025 und 2024, wurden statt 16.662 Model Y nun 6003 erstmals zugelassen. Das sind 64 Prozent weniger. Was ist hier los?

Das Tesla Model Y ist 2023 das meistverkaufte Auto der Welt gewesen – wohlgemerkt nicht Elektroauto, sondern über alle Antriebsarten hinweg. Auch 2024 war es je nach Quelle entweder wieder an der Spitze oder knapp hinter dem Toyota RAV4. So oder so wurden sehr, sehr viele Model Y auf die Straßen gebracht. Bei nüchterner Betrachtung hat das Absatzminus auf dem deutschen Markt mehrere Ursachen.

Das Tesla Model Y bedient als kompaktes SUV ein besonders wichtiges Marktsegment. Wer Elektroautos verkaufen will, muss Präsenz zeigen. Trotzdem gab es Ende 2021, als die Auslieferung begann, nur wenige Konkurrenten. Das hat sich radikal geändert. In Auszügen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Aus dem Volkswagen-Konzern sind der VW ID.4 und der ID.5, der Audi Q4 e-tron sowie der Skoda Enyaq erhältlich. Hyundai bietet den Ioniq 5 und Kia den EV6 (Test) an. Renault hat den Scenic E-Tech (Test) im Portfolio und Xpeng den G6.

Selbstverständlich ziehen auch Elektroautos wie der VW ID.7 Tourer potenzielle Kunden vom Tesla Model Y ab. Hier ist zwar keine formale Konkurrenz im Sinn eines SUV-Vergleichs vorhanden. Auf dem Dienstwagenmarkt aber hat Tesla wenig zu melden; das liegt unter anderem an erratischen Leasingraten und unklaren Restwertkalkulationen.

Viele Konkurrenten haben sich von Tesla inspirieren lassen. Dass es bei etlichen Elektroautos inzwischen eine Vorkonditionierung gibt, also eine gezielte Heizung oder Kühlung des Batteriesystems für den Ladestopp, geht wesentlich auf Tesla zurück. Was bei Tesla automatisch über den Routenplaner funktioniert, geht bei anderen Elektroautos inzwischen zusätzlich manuell. Eigentlich müssten die Entwickler des Model Y nachziehen – sie tun es aber bislang nicht.

Das Tesla Model Y Juniper Dual Drive hat im Praxistest in 32 Minuten gut 58 Kilowattstunden nachgeladen. Keine Frage, Tesla ist nicht mehr ganz vorne. Die Ära der Alleinstellungsmerkmale ist fast vorbei; nur das Netzwerk der Supercharger steht weiterhin für sich.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Dieses Beispiel ist repräsentativ: Tesla wird überholt. Wirklich einzigartig ist bis heute nur das Netzwerk der Supercharger mit Plug & Charge. Das ist die automatische Identifizierung und Abrechnung des Ladestroms über eine digital hinterlegte Kreditkarte in den markeneigenen Schnellladeparks. So simpel macht das – wiederum derzeit – nur Tesla.

VW Golf Rad

Kunstledersitze und ein Panoramadach beeindrucken dagegen niemanden mehr. Leider ist der sogenannte Autopilot funktional nicht ansatzweise dort, wo er sein sollte. Im Vergleich zu anderen Level-2-Assistenzsystemen kann der Autopilot nicht mithalten. Die Mängel reichen von der defizitären Verkehrszeichenerkennung bis zu den Phantombremsungen. Viele Interessenten haben nicht mehr genug Vertrauen, um auf FSD (Full Self Driving) zu warten: Mit FSD soll alles besser werden.

Das Tesla Model Y Juniper hat hinten ein durchgehendes Leuchtenband, und auch die Front wurde verändert. Mindestens genauso wichtig ist, dass die Geräuschdämmung verbessert wurde.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Unabhängig vom Fahrzeugtyp lässt sich feststellen, dass die ersten beiden Verkaufsjahre eines Lebenszyklus meistens die erfolgreichsten sind. Das gilt für nahezu jeden Pkw und weltweit. Der Grund ist der Neuheiteneffekt: Menschen wollen das Produkt, das frisch vorgestellt worden ist. Eigentlich wird dieser Effekt durch eine Aufwertung in der Mitte des Modellzyklus wiederbelebt. Das aber hat beim Tesla Model Y Juniper, das seit April ausgeliefert wird, kaum funktioniert; der Rückgang ist verlangsamt, mehr nicht.

Das Model Y Juniper unterscheidet sich äußerlich durch ein durchgehendes Leutenband hinten und durch eine andere Front mit schmalen Scheinwerfern. Die Geräuschdämmung ist verbessert, und während das Model 3 Highland gar keine Lenkstockhebel mehr hat, bleibt dem Model Y Juniper immerhin der Blinkerhebel erhalten.

Es ist logisch, dass Tesla nach dem Facelift vorerst keine offensichtlichen Nachlässe gegeben hat. Das hat sich im Juli geändert: Das Model Y Juniper kann im Moment mit 0,99 Prozent finanziert werden. Wahrscheinlich bietet die Überarbeitung insgesamt nicht genug Innovationen, um im Umfeld von Elektroautos mit höheren Ladeleistungen, besseren Automatisierungssystemen und verlässlicherem Service Marktanteile zurückgewinnen zu können.

Wie groß ist der negative Einfluss von Elon Musk auf die Verkaufszahlen? Die einfache Antwort wäre: Hoch, weil die Techniknerds und Treehugger meistens keine Trumpisten sind. Elon Musk reklamiert, dass er durch seine massive Unterstützung im Präsidentschaftswahlkampf der entscheidende Faktor für den Sieg von Donald Trump war. Das sowie die fortgesetzte Unterstützung von libertären Politikzielen haben ihm Teile der deutschen Öffentlichkeit übelgenommen.

Der Absturz der Verkaufszahlen ist nicht allein mit Elon Musk verbunden. Das Model Y ist trotz Überarbeitung an einigen Stellen nicht mehr vorn dabei.

(Bild: Tesla)

Aber ist das die ganze Wahrheit? Vielleicht ist es richtig, die Gedanken einmal umzukehren: Was wäre, wenn das Model Y den exzellenten Autopilot FSD nach US-amerikanischem Vorbild hätte und Tesla mit einer ähnlichen Ladeperformance wie Xpeng dienen könnte? Was wäre, wenn es unterhalb von Model 3 und Model Y ein preisgünstiges Elektroauto von Tesla geben würde? Vermutlich wäre es dem ein oder anderen dann nicht so wichtig, was Musk treibt. Bei den anderen Herstellern fragt schließlich auch nur selten jemand, wie es um das Benehmen der Konzernführung bestellt ist.

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(mfz)

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