Wenn am Montag in Hessen nach den Sommerferien wieder die Schule beginnt, treten neue Regeln in Kraft, die man für selbstverständlich halten könnte, was sie aber offenbar nicht sind.
So ist die private Nutzung von Handys, Tablets und Smartwatches im Schulgebäude und auf dem Schulgelände nun „generell“ untersagt, und es ist auch nicht erlaubt, Waffen mit in die Schule zu nehmen: keine Messer, keine Schlagringe, Stahlruten, Schlagwaffen, Soft-Air-Waffen, Munition, Chemikalien oder Feuerwerkskörper.
Was schon längst in jeder besseren Schulordnung steht, bekräftigt das Land nun noch einmal und setzt Zeichen. Sie sollen Lehrern helfen, Regeln durchzusetzen, die unmittelbar einleuchten, sollte man meinen. Weit gefehlt.
So findet der Landesschulsprecher Laurenz Spies, dass bei einem Handyverbot an der Schule (das in Notfällen selbstverständlich nicht gilt, auch über die Sekretariate sind die Schüler immer erreichbar), Cybermobbing nur noch in der Freizeit stattfinde und somit, wie es in der F.A.Z. hieß, außerhalb der Aufsicht von Lehrern. Dass erscheint uns doch als etwas schwaches Argument. Cybermobbing findet überall und zu jeder Tageszeit statt, ohne dass Lehrer hierauf Einfluss hätten. Bei einem entsprechenden Handyverbot geschieht es wenigstens nicht während der Schulzeit.
GEW-Hartmann: „Ressentiment-geleitetes Bild“
Wendig ist auch die Erklärung des Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen, Thilo Hartmann, in Sachen Messerverbot. Er kenne keine Schule, an der Waffen erlaubt seien; Schüler, die vorher ein Messer dabeigehabt hätten, würden es auch weiterhin tun. Das Verbot vermittele ein „Ressentiment-geleitetes Bild, das einen Teil der Schülerschaft stigmatisiert“, sagt Hartmann und beklagt eine „problematische und vorurteilsbehaftete Sicht auf unsere Schülerschaft“.
Das bedeutet dann wohl: Weil sich Verbote nicht durchsetzen lassen, fangen wir erst gar nicht damit an; Smartphone-Mobber und Messerträger sollen schließlich nicht „stigmatisiert“ werden. Was das für ein gedeihliches Miteinander an der Schule bedeutet, kann sich jeder ausmalen.
Dass der Lehrermangel und der bauliche Zustand vieler Schulen für die Bildungspolitik (nicht nur in Hessen) ganz oben auf der Agenda stehen müssen und man davon nicht ablenken sollte, ist unbestritten. Doch wäre es schön, wenn sich in der organisierten Schülerschaft und bei Gewerkschaftsfunktionären herumspräche, dass Grenzziehungen gegenüber unsozialem und gemeingefährlichem Verhalten auch zum Bildungsauftrag zählen.