Nachdem ein Influencer während eines TikTok-Livestreams erschossen wurde, hat die Staatsanwaltschaft in Venezuela Ermittlungen eingeleitet. Wie die Ermittler am Montag mitteilten, wurde Gabriel Jesús Sarmiento, dessen Account auf TikTok mittlerweile fast 90.000 Follower hat, vor laufender Kamera erschossen. In seinen Videos hatte er sich kritisch über die kriminelle Bande Tren de Aragua und mutmaßlich korrupte Polizisten geäußert.
Bewaffnete Angreifer waren am Sonntagabend in die Wohnung des TikTokers eingedrungen, in der Sarmiento gerade live streamte. Schilderungen der spanischen Tageszeitung »El País« zufolge war im Hintergrund des Streams eine Frau zu hören, die um Hilfe rief, während Sarmiento Mitglieder des venezolanischen Geheimdienstes Sebin um Unterstützung bat und dabei auch seine Adresse nannte. Kurz darauf sollen mehrere Schüsse zu hören gewesen sein. Schließlich, so heißt es, seien zwei Männer ins Bild getreten und hätten zwei Schüsse auf den TikToker abgegeben.
Der Nachrichtenagentur AFP zufolge rief Sarmiento noch in die Kamera: »Sie haben auf mich geschossen, sie haben auf mich geschossen.« Auf dem Boden soll Blut zu sehen gewesen sein. Dann endete der Livestream abrupt.
Vorwürfe gegen Bandenboss
Wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, ordnete Generalstaatsanwalt Tarek William Saab Nachforschungen zu dem Fall an. Die Ermittler sollen »die Verantwortlichen für die Ermordung von Jesús Sarmiento« demnach »identifizieren und bestrafen«. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte Sarmiento zuvor mehrfach über »Drohungen« durch Mitglieder krimineller Organisationen sowie »angebliche Polizeibeamten« berichtet. Laut »El País« hatte er gegen mehrere Polizisten Anzeige wegen Korruption erstattet.
In seinen TikTok-Videos hatte Sarmiento unter anderem über den Anführer der Bande Tren de Aragua, Héctor Rusthenford Guerrero Flores alias »El Niño Guerrero«, gesprochen. Der Mann ist einer der meistgesuchten Verbrecher in Venezuela. Die USA versprechen für Informationen, die zu seiner Verhaftung führen, eine Belohnung in Höhe von bis zu fünf Millionen Dollar .
Sarmiente zeigte in seinen Videos auch Fotos und Videos mutmaßlicher Bandenmitglieder und beschwerte sich über eine »Erpressung« durch Polizisten. In einem seiner letzten Clips sagte er, er sei von Polizisten »gekidnappt« worden. »Wir werden von kriminellen Beamten überrannt, die mit gewöhnlichen Kriminellen zusammenarbeiten«, fügte Sarmiento hinzu.
Die Bande Tren de Aragua wurde in Venezuela gegründet, ist aber in zahlreichen Ländern aktiv. Die US-Regierung stufte sie im März als ausländische Terrororganisation ein. Die venezolanische Regierung behauptet, die Bande sei bereits vollständig zerschlagen worden.
Die Aufzeichnung des Streams, in dem der Überfall zu sehen war, ist auf TikTok nicht mehr verfügbar.