Van Wonderen rechnet mit baldigem Aus auf Schalke

vor 5 Stunden 1

Kees van Wonderen hat deutliche Kritik an der Vereinsführung des FC Schalke 04 geübt, sogar das Wort "enttäuschend" fiel: Der Trainer (Vertrag bis 2026) rechnet mit seinem Aus im Sommer, er betrachtet die letzten vier Saisonspiele als seine persönliche Abschiedstour.

Trainer Kees van Wonderen sitzt vermutlich nur noch für vier Spiele auf der Trainerbank des FC Schalke 04.

Trainer Kees van Wonderen sitzt vermutlich nur noch für vier Spiele auf der Trainerbank des FC Schalke 04. IMAGO/DeFodi Images

Das spektakuläre Zweitliga-Topspiel gegen den HSV inklusive früher Roter Karte für Kenan Karaman (3.), Schalke-Führung, HSV-Doppelschlag kurz vor der Pause und dem späten S04-Ausgleich zum 2:2-Endstand rückte nach Spielschluss schnell in den Hintergrund. In einer kleinen Medienrunde, in der Kees van Wonderen - wie nach jeder Partie üblich - das Spielgeschehen aus seiner Sicht einordnete, kam der Niederländer auf seine Zukunft als S04-Trainer zu sprechen. Van Wonderen wurde überraschend deutlich.

Kritik an der Klubspitze

Trotz seines bis 2026 gültigen Vertrags wird für van Wonderen nach der laufenden Saison Schicht im Schacht bei Schalke 04 sein - das ist das klare Gefühl, das der Coach in sich trägt. Und zwar nicht erst seit kurzem: Van Wonderen hat schon länger den Eindruck, dass insbesondere die Vereinsführung nicht hinter ihm steht, zumindest nicht geschlossen. Das wurmt den Ex-Profi, was ihn dazu veranlasste, deutliche Kritik an der Klubspitze rund um den Vorstandsvorsitzenden Matthias Tillmann zu äußern.

Wenn man auf demselben Weg ist, tauscht man sich mehr und besser aus.

Aus van Wonderens Sicht sind "alle Signale da, dass ich nach der Saison nicht mehr hier bin", sagte er nach dem Unentschieden gegen Hamburg. "Denn wenn man auf demselben Weg ist, tauscht man sich mehr und besser aus." Er bemängelte damit die interne Kommunikation: In einem Klub von der Größe und Wucht eines FC Schalke 04 müsse man eng zusammenstehen und sich austauschen. "Wenn nicht, dann ist das für niemanden gut. Und sicher nicht für den Verein."

Auch der Schlingerkurs der Schalker geht dem 56-Jährigen gegen den Strich: "Man muss hinter dem Weg stehen und nicht nach ein paar Spielen nach links gehen, dann wieder nach rechts. Das geht nicht. Dann ist es besser, dass es jemand anderes macht.“

Van Wonderen vermisst die Rückendeckung. "Normal wäre", dass allen voran Tillmann nach einer Enttäuschung wie dem desaströsen 0:2 gegen Schlusslicht Jahn Regensburg "neben dir steht und sagt: 'Das passiert manchmal. Aber wir gehen weiter, weil unser Weg klar ist.' Stattdessen hört man nichts und es heißt hinter den Kulissen, dass es Zweifel gibt", sagte van Wonderen und betonte: "Das finde ich enttäuschend und nicht gut. Das ist schade."

Van Wonderen wirkte besonnen

Van Wonderen polterte nicht, als er zu später Stunde über dieses emotionale Thema sprach. Seinem Naturell entsprechend wirkte er auch diesmal besonnen, ruhig und klar. Genau diese Eigenschaft zeichnet ihn als Schalke-Trainer besonders aus: Van Wonderen ist niemand, der selbst in heiklen Situationen den Kopf verliert - was dem chronisch aufgeregten FC Schalke auf dieser Position gut zu Gesicht steht.

Der Niederländer betonte vielmehr, dass er die restlichen vier Saisonspiele gegen Lautern, Paderborn, Düsseldorf und Elversberg noch "genießen" wolle. Er betrachtet den Endspurt demnach als persönliche Abschiedstour.

Keine Weiterentwicklung der Mannschaft

Den ihm bei Amtsantritt im Herbst erteilten Auftrag, die Klasse zu halten, wird van Wonderen erfüllen. Gescheitert ist er allerdings mit der Mission, die Mannschaft sportlich deutlich weiterzuentwickeln. Dieser Umstand missfällt der Vereinsführung so sehr, dass sie sich lieber auf dem Trainermarkt umsieht, als ein klares Van-Wonderen-Bekenntnis abzugeben.

Diese Haltung ist nicht verwerflich - Hauptsache, die sich anbahnende Trennung verläuft nun ohne Störgeräusche. Die hat van Wonderen nämlich nicht verdient. Er hat sich damals die komplizierte Nachfolge von Trainer Karel Geraerts zugetraut und versucht, eine Linie hineinzubringen. Dass das Ganze möglicherweise eine Nummer zu groß sein könnte, dämmerte ihm noch vor Ende der Hinrunde, als er in der Chefetage vorstellig wurde, um seinen Rücktritt anzubieten.

Man verständigte sich seinerzeit auf eine Fortführung der Zusammenarbeit, die seither aber durch van Wonderens mutigen und selbstlosen Schritt belastet schien. Auch das ist ein Grund dafür, dass Schalke 04 eher einen Trainer-Tausch im Sommer erwägt. Dieser ist mit van Wonderens überraschenden Aussagen nun noch einmal deutlich wahrscheinlicher geworden.

Toni Lieto

Gesamten Artikel lesen