Auf dieses Thema sind Benjamin Netanjahu und J. D. Vance vorbereitet, als sie in Jerusalem vor die Journalisten treten. Anders als von israelischen Kommentatoren behauptet, sei sein Land kein „Protektorat“ der Vereinigten Staaten, sagt Israels Premierminister. Auf Englisch führt er aus: „Eine Woche lang heißt es, Israel kontrolliere die USA. Eine Woche später heißt es, die USA kontrollierten Israel. Das ist Unsinn.“ Vor den Kameras ergänzt US-Vizepräsident Vance: „Wir wollen keinen Vasallenstaat, und das ist Israel auch nicht.“ Die USA wünschten sich eine Partnerschaft und in Israel einen Verbündeten, sagt der Stellvertreter von Donald Trump.
Dass der US-Präsident Netanjahu ziemlich gut findet, wurde vergangene Woche bei Trumps Besuch in Israel deutlich. Doch trotz der Sympathie für Israels konservativen Premier will Trump nicht riskieren, dass der von ihm für beendet erklärte Gaza-Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas wieder beginnt. Und natürlich soll die Umsetzung von Trumps 20-Punkte-Plan vorangetrieben werden. Dass viele Details ungeklärt sind, macht die Sache ebenso kompliziert wie die Tatsache, dass zwei von Netanjahus Koalitionspartnern Trumps Vorschläge ablehnen.
Hamas übergibt zwei weitere Leichen an Israel
Genau aus diesem Grund ist Vance gerade in Israel. Dort soll ihn am Donnerstag laut der Times of Israel Außenminister Marco Rubio ablösen. Es ist diese Dauerpräsenz hochrangiger US-Vertreter, die zu den „Israel ist Amerikas Protektorat“-Kommentaren geführt hat – und zum Spott, das Weiße Haus organisiere ein ständiges „Bibisitting“. Das Ziel: Israels Dauerpremier – Spitzname „Bibi“ – soll nichts tun, was seinen rechtsextremen Koalitionären gefällt, aber etwa die arabischen Staaten verärgert.
An der Seite von Netanjahu spricht Vance von der Chance, Historisches zu erreichen, und von einer „sehr schwierigen Aufgabe“. Es gelte, die Hamas zu entwaffnen, Gaza wieder aufzubauen, das Leben für die Palästinenser zu verbessern und dafür zu sorgen, „dass die Hamas unsere Freunde in Israel nicht mehr bedroht“. Beide hätten darüber gesprochen, wer künftig für die Verwaltung des Gazastreifens zuständig sein und dort für Sicherheit sorgen soll. Eine internationale Schutztruppe sieht Israel kritisch, allen voran eine Stationierung türkischer Soldaten in Gaza. Während Vance optimistisch von „sehr, sehr guten Ideen“ spricht, sagt Netanjahu nur: „Es wird nicht leicht sein, aber ich denke, dass es möglich ist.“
Offensichtlich reagiert die Hamas nun auf Trumps Drohungen, die Islamisten hätten sich „zu benehmen“. Wie das Wall Street Journal berichtet, hat die Terrororganisation den Vermittlern mitgeteilt, künftig auf öffentliche Hinrichtungen ihrer Gegner im Gazastreifen zu verzichten. Demnach hatten die Vermittler der Hamas gesagt, dass solch brutale Videos von Israel als Begründung für weitere Angriffe genutzt werden könnten. Hamas-Chef Chalil al-Haja sagte im ägyptischen Fernsehen, die Einigung werde „halten, weil wir wollen, dass sie hält“.
Am Dienstagabend übergab die Hamas zwei weitere Leichen von israelischen Geiseln an das Rote Kreuz. In Israel wurden sie als Arye Zalmanovich und Tamir Adar identifiziert. Zalmanovich, die älteste der 251 Geiseln, war mit 85 Jahren verschleppt worden; den Soldaten Adar töteten die Islamisten am 7. Oktober 2023 bei ihrem brutalen Überfall auf Israel, seine Leiche nahmen sie mit in den Gazastreifen. Damit hat die Hamas 15 von 28 Leichen an Israel überstellt.
Netanjahu schmeichelt Vance, denn dieser könnte nach Trumps Abgang die US-Außenpolitik bestimmen
Während die israelische Regierung den Islamisten vorwirft, diesen Prozess zu verschleppen, sind die USA toleranter. Man werde der Hamas keine Deadline setzen, sagt Vance in Israel, denn die Bergung der Leichen in den Trümmerhaufen sei schwer. Auch für die Entwaffnung der Hamas wollen die USA weiter kein Datum nennen.
Öffentliche Kritik an diesen Positionen äußert Netanjahu nicht, stattdessen lobt er Vance. Ihn beeindrucke dessen „Klarheit, Schärfe und Solidarität für die gemeinsame Sache“; er wundere sich nicht, dass Trump Vance in seinen engsten Kreis geholt habe. Diese öffentliche Schmeichelei hat handfeste Gründe: Trumps Vize ist erst 41 Jahre alt, sodass Vance die Außenpolitik der US-Republikaner über viele Jahre prägen dürfte.
Angesichts des Reputationsverlusts, den Israel durch den in den Augen vieler Staaten brutal geführten Krieg im Gazastreifen erlitten hat, ist die Unterstützung der USA für das kleine Land von höchster Bedeutung. Dass sich Israels internationales Image in absehbarer Zeit verbessert, ist nicht zu erwarten. An diesem Mittwoch wollte der Internationale Gerichtshof in Den Haag ein Rechtsgutachten zur humanitären Hilfe für die Palästinenser vorlegen. Im Fokus stand die Frage, ob Israel rechtlich verpflichtet ist, mit den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen in den besetzten palästinensischen Gebieten zusammenzuarbeiten.












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