Der frühere „Spiegel“-Chefredakteur und langjährige Welt-Gruppe-Herausgeber, Stefan Aust, gibt die Position des Herausgebers auf. Welt-Gruppe-Chefredakteur Ulf Poschardt wird Herausgeber einer neuen Dachmarke mit den Bereichen Welt, Politico Deutschland und Business Insider Deutschland, wie das Medienhaus Axel Springer mitteilte. Die personelle Veränderung wird von einem strategischen Schritt begleitet: Die drei journalistischen Marken rücken enger zusammen in einer „Premium-Gruppe“.
Aust hört zum Jahreswechsel als Herausgeber auf, bleibt aber Autor des Hauses. Seit 2014 ist er in der Herausgeberposition für die Welt-Gruppe tätig. Aust war viele Jahre für das ARD-Format „Panorama“ tätig, er baute „Spiegel TV“ auf und war über Jahre an der Spitze des Nachrichtenmagazins. Später stieg er beim Nachrichtensender N24 ein, der Teil des Springer-Konzerns wurde. Sein Wechsel zu Springer hatte manchen in der Branche verwundert, weil viele Aust bei eher linksorientierten Medien verortet hatten.
Poschardt ist seit 2016 Chefredakteur der Welt-Gruppe, die aus Zeitung, Sonntagszeitung samt digitalen Angeboten und TV besteht, und er wird nun Herausgeber der neuen Dachmarke „Premium-Gruppe“. Der Journalist ist für seine Präsenz auf der Social-Media-Plattform X bekannt. Neuer Chefredakteur der Welt-Gruppe wird der Journalist Jan Philipp Burgard, wie es weiter hieß. Er bleibt zugleich in Personalunion Chefredakteur des Bereichs Welt TV. Burgard kam vor Jahren von der ARD zu Springer.
Außerdem führt der Konzern für die „Welt am Sonntag“ wieder den Chefredakteursposten ein. Dieser war erst in diesem Jahr abgeschafft worden - ausgelöst dadurch, dass Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld zum Medienunternehmen Media Pioneer von Gabor Steingart - Springer hält dort Anteile - wechselte. Seither gab es mit Jacques Schuster einen Verantwortlichen für die Sonntagszeitung. Der Journalist wird Chefredakteur des Blattes.
Dachmarke mit über 40 Millionen Nutzern pro Monat
Die neue Axel Springer schafft mit der „Premium-Gruppe“ eine neuen Dachmarke für die Welt-Gruppe, Politico Deutschland und Business Insider Deutschland mit mehr als 40 Millionen Nutzern pro Monat. Die Marken sollen spezifische Inhalte produzieren, sie bleiben aber publizistisch eigenständig mit eigenen Produkten, Formaten und Plattformen. Ob der Schritt mit einem Stellenabbau einhergeht und wie hoch die Investitionen sind - dazu machte Springer keine Angaben.
Die Welt-Gruppe soll innerhalb der Dachmarke Kompetenzcenter für Bewegtbild sein. Die digitalen Marken „Politico“ und „Business Insider“ sollen investigative und exklusive Politik- und Wirtschaftsberichterstattung publizieren. Diese beiden Marken, die es zuvor schon in den USA gab, werden redaktionell ausgebaut, wie es von Springer weiter hieß.
Es gibt darüber hinaus auch hier personelle Veränderungen. Neben dem Chefredakteur von Politico Deutschland, Gordon Repinski, kommt der Welt-Ressortleiter Außenpolitik, Klaus Geiger, hinzu. Als Senior Executive Editor soll er sich um weitere Bezahl-Produkte und Eventformate verantworten. Kayhan Özgenc bleibt Chefredakteur Business Insider Deutschland mit Schwerpunkt auf investigativer Recherche. Moritz Seyffarth stößt von der Welt-Gruppe hinzu und wird ebenso Chefredakteur der Marke. Geiger (Politik) und Seyffarth (Wirtschaft) leiten zudem jeweils eines der Kompetenzcenter in der Premium-Dachmarke.
Impulse für das Geschäft mit Werbung
Mit der neuen Dachmarke will der Konzern in der Werbewirtschaft vorankommen. Der Springer-Konzern spricht von neuen Kommunikationslösungen, „die es so auf dem deutschen Medienmarkt bisher nicht gibt.“ Chef der Premium-Gruppe wird der Springer-Manager Peter Würtenberger. Springer-Chef Mathias Döpfner teilte mit: „Die Schaffung der Premium-Gruppe ist ein Gründungsmoment und vor allem ein entschiedenes Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus.“ Er sprach für die Welt-Gruppe von einer „Zukunftssicherung als intellektuelles Leit- und Debattenmedium“.
Im September war bekanntgeworden, dass Axel Springer wieder ein Medienhaus in Familienhand wird. Der Medienbereich soll im Besitz von Friede Springer - Witwe des Verlegers Axel Springer (1912-1985) - und Mathias Döpfner, der ebenso Anteile hält, geführt und von den Rubriken-Geschäften mit Job- und Immobilienportalen abgetrennt werden. Die Pläne stehen unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen und die Transaktion soll voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 erfolgen.
Die Mediengeschäfte mit den Marken „Bild“, „Business Insider“, „Politico“, „Welt“, „Morning Brew“ und weitere Bereiche wie unter anderem das Online-Vergleichsportal „Idealo“ verbleiben bei Springer. Knapp 98 Prozent des Unternehmens kontrollieren dann Döpfner - seit 2002 Vorstandsvorsitzender - und Friede Springer. Perspektivisch will sich Axel Springer - ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen - vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden.