Die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul enden abermals ohne Einigung. Der ukrainische Präsident forderte die USA auf, Sanktionen zu erlassen.
3. Juni 2025, 0:35 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, Reuters, sbo
Nach der abermals ergebnislosen Gesprächsrunde zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj US-Präsident Donald Trump zum Handeln aufgerufen. Trump müsse Russland mit weiteren Sanktionen zu einer Waffenruhe drängen, sagte Selenskyj. Er erwarte "starke Schritte" von Trump. Die US-Regierung solle "die Russen mit starken Sanktionen zu einer Waffenruhe drängen". Einen Vorschlag Russlands über eine zwei- bis dreitägige Waffenruhe bezeichnete der Präsident als lediglich "kurze Pause" und warf Russland ein "Spiel der Rhetorik" vor.
Zuvor hatten sich russische und ukrainische Unterhändler in Istanbul zwei Wochen nach einer ersten Gesprächsrunde wieder zu Verhandlungen getroffen. Nach Angaben der türkischen Vermittler gingen sie nach rund einer Stunde zu Ende. Beide Seiten vereinbarten zwar einen umfassenderen Gefangenenaustausch, konnten sich aber nicht auf eine Waffenruhe einigen.
Russland fordert ukrainischen Truppenabzug
Russland forderte als Bedingung für eine umfassende Waffenruhe erneut den Abzug der ukrainischen Truppen aus den von Russland beanspruchten Gebieten. Damit ein "30-tägiger Waffenstillstand" in Kraft treten könne, sei ein "vollständiger Rückzug" der ukrainischen Streitkräfte aus den von Russland teilweise besetzten Regionen Doneszk, Luhansk, Saporischschja und Cherson notwendig, hieß es in einem an die Ukraine übermittelten "Memorandum".
Das dreiseitige Dokument, das von den staatlichen russischen
Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti veröffentlicht wurde, umfasst
weitreichende Forderungen Russlands als
Voraussetzung für ein Ende des seit 2022 andauernden Konflikts. Zunächst
müssten demnach die von Russland besetzten Regionen sowie die im Jahr 2014
annektierte Krim international bindend als russische Territorien
anerkannt werden.
Alle Wirtschaftssanktionen gegen Russland sollten laut dem Dokument aufgehoben werden, die Ukraine müsse "neutral" sein und auf einen Nato-Beitritt verzichten. Westliche Waffenlieferungen und das Teilen von Geheimdienstinformationen müssten gestoppt werden, die Größe der ukrainischen Armee solle begrenzt werden. Die Ukraine müsse sich verpflichten, auf jegliche Reparationsforderungen an Russland zu verzichten. Zudem müsse die Ukraine alle russischen "politischen Gefangenen" freilassen. In Anlehnung an Russlands erklärtes Ziel der "Entnazifizierung" des verfeindeten Nachbarlands sieht das Dokument zudem die Auflösung "ukrainisch-nationalistischer Formationen" innerhalb der ukrainischen Streitkräfte vor.
Ukraine und Russland wollen Listen mit Namen von Gefangenen austauschen
Die in dem Memorandum genannten Forderungen Russlands wurden von der Ukraine in der Vergangenheit bereits mehrfach abgelehnt. Gemäß einem von der Ukraine erstellten Plan lehnt die Ukraine laut der Nachrichtenagentur Reuters nach einem
Friedensabkommen Beschränkungen seiner militärischen Stärke ab.
Das gilt auch für eine internationale Anerkennung russischer
Souveränität über von russischen Truppen eingenommene Teile der
Ukraine.
Die Ukraine verständigte sich nach Angaben Selenskyjs mit Russland zumindest darauf, sich gegenseitig Listen mit Namen von Gefangenen für einen geplanten Austausch zu übermitteln. Die Unterhändler bei den jüngsten Gesprächen in Istanbul hätten einen Austausch von jeweils 1.000 Gefangenen vereinbart, teilte Selenskyj mit. Es gebe außerdem die Möglichkeit, 200 weitere Kriegsgefangene auszutauschen.
Die Rückgabe sterblicher Überreste von Militärangehörigen sei ebenfalls verabredet worden. Dafür sei aber eine sorgfältige Vorbereitung notwendig. Der ukrainische Präsident fügt hinzu, dass die Ukraine Russland eine Liste mit den Namen von fast 400 Kindern übergeben habe, die nach Russland verschleppt worden seien und zurückkehren sollten. Die russische Delegation habe aber nur zugesagt, die Rückkehr von zehn Kindern vorzubereiten.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan äußerte derweil die Hoffnung, dass es schon bald zu einer direkten Begegnung Putins und Selenskyjs in der Türkei kommen werde. Daran könne auch US-Präsident Donald Trump teilnehmen, sagte Erdoğan.