Waffen für die Ukraine Melnyk tadelt Merz für Geheimhaltung
Unter Olaf Scholz waren Waffenlieferungen an die Ukraine lang geheim. Heftige Kritik kam von Friedrich Merz. Als Kanzler stufte er die Waffenlieferung erneut als geheim ein – und bekommt Kontra von Botschafter Andrij Melnyk.
12.05.2025, 07.22 Uhr

Ukrainischer Diplomat Melnyk: »Da werden böse Erinnerungen wach«
Foto: Michael Kappeler / dpaBundeskanzler Olaf Scholz (SPD) veröffentlichte nach Monaten des öffentlichen Drucks deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stuft sie nun wieder als geheim ein. Das kritisiert der ukrainische Diplomat Andrij Melnyk: »Da werden böse Erinnerungen wach an die Zeit, als die Ampelregierung im Frühjahr 2022 mit Geheimhaltung fehlende Militärunterstützung verschleiern wollte«, sagte der frühere Botschafter in Deutschland der Nachrichtenagentur dpa.
Merz hatte gleich nach seinem Amtsantritt in Abstimmung mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) entschieden, die Veröffentlichung aller Waffenlieferungen in die Ukraine zu stoppen. Auch Olaf Scholz (SPD) hatte die Waffenlieferungen in den ersten Monaten nach der russischen Invasion in der Ukraine von Februar bis Juni 2022 geheim gehalten.
Merz kritisierte Scholz für Geheimhaltung
Merz hatte das damals als Oppositionsführer scharf kritisiert. »Wir werden hingehalten, es gibt Ausflüchte, es gibt keine präzisen Angaben darüber, was Deutschland eigentlich liefert. Und das Ganze wird dann noch begründet damit, dass es geheim gehalten werden müsste aus Sicherheitsgründen«, hatte er im April 2022 in einem Interview von n-tv und RTL gesagt.
Auf die Nachfrage, was er denn anders machen würde, wenn er Bundeskanzler wäre, sagte Merz damals: »Ich würde die Öffentlichkeit besser informieren.« Es sei richtig, Transportwege für Waffen geheim zu halten. »Aber wir müssen doch die Öffentlichkeit darüber informieren, was geliefert wird. Also die Bundesregierung setzt sich ohne Not dem Verdacht aus, dass sie ihre Zusagen nicht einhält.«
Melnyk: »Putin muss wissen, was die Regierung tun wird«
Zwei Monate später beugte sich die Regierung Scholz dem öffentlichen Druck. Sie veröffentlichte eine detaillierte Liste mit allen Waffenlieferungen im Internet, die bis zum Regierungswechsel am 6. Mai regelmäßig aktualisiert wurde. Melnyk, der die Ukraine ab Ende Mai als Botschafter bei den Vereinten Nationen vertreten wird, war zu Beginn des Kriegs als Botschafter in Deutschland. Schon damals stemmte er sich gegen die Geheimhaltung. »Zu Recht wurde diese Hinhaltetaktik heftig kritisiert, nicht nur durch die Ukraine selbst, sondern auch vom Oppositionsführer Friedrich Merz«, sagt er der Nachrichtenagentur dpa.
Auch heute wäre es in dieser entscheidenden Phase des Kriegs für die ukrainische Gesellschaft wichtig zu erfahren, welche Waffen aus Deutschland geliefert werden und wie schnell. Die Veröffentlichung der Waffenlieferungen wäre auch ein starkes Signal an Russland und hätte Präventivwirkung, sagt Melnyk der dpa. »Putin muss genau wissen, was konkret die neue Bundesregierung militärisch tun wird, um ihn zu einem gerechten und dauerhaften Frieden zu zwingen.«
Im Umfeld von Merz argumentiert man anders. Dort wird die Kehrtwende zur Geheimhaltung damit begründet, dass man eine »strategische Ambiguität« herstellen wolle. Das bedeutet, dass man den Gegner über das eigene Handeln im Unklaren lässt, um ihm keine militärischen Vorteile entstehen zu lassen. Es gehöre zur »Taktik in der Kriegsführung«, öffentliche Debatten über Waffenlieferungen zu reduzieren, heißt es.
Es gibt nun Spekulationen darüber, inwieweit die neue Geheimhaltungstaktik mit der Debatte über eine Lieferung der Marschflugkörper Taurus zu tun haben könnte, die Merz der Ukraine in Aussicht gestellt hat. »Man möchte hoffen, dass diese neue – sehr merkwürdige – Linie der Geheimhaltung nichts mit Taurus zu tun haben könnte«, sagt Melnyk dazu.
Merz wich – anders als früher – schon bei seinem Besuch in Kyjiw Fragen nach Taurus aus. »Unter meiner Führung wird die Debatte über Waffenlieferungen, Kaliber, Waffensysteme, und und und, aus der Öffentlichkeit herausgenommen«, sagte er in einem Interview von n-tv und RTL.