Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu wendet sich auch aus dem Gefängnis regelmäßig an die türkische Bevölkerung. Nun hat der beliebte Oppositionspolitiker eine Möglichkeit weniger, seine Botschaften zu verbreiten. Die Plattform X hat den Zugang zu İmamoğlus Konto in der Türkei blockiert. Seit Donnerstagabend ist der Account im Land nicht mehr sichtbar. Hintergrund ist ein rechtliches Gesuch der türkischen Regierung.
Dabei geht es laut dem türkischen Cyberrechts-Experte Yaman Akdeniz vordergründig um den Schutz der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung. Bereits in den vergangenen Wochen hatte die türkische Regierung zahlreiche Konten auf X sperren lassen. Diese hatten Aufrufe zum Käuferboykott der Opposition geteilt.
X-Nutzer solidarisieren sich mit İmamoğlu
Das X-Konto von İmamoğlu hat fast zehn Millionen Abonnenten. Kritiker werfen der Regierung Zensur vor, die Opposition verurteilte die »Rechtswidrigkeit aufs Schärfste«. Ankaras Oberbürgermeister Mansur Yavaş schrieb auf seinem X-Account : »Das Zugriffsverbot für Ekrem İmamoğlus offiziellen Social-Media-Account ist nicht nur eine Zensur gegen eine einzelne Person, sondern gegen die Stimmen von Millionen.« Die Botschaft des Istanbuler Oberbürgermeisters werde auf seinem Konto weiterverbreitet.
Yavaş tauschte zudem sein eigenes Profilbild gegen eines von İmamoğlu aus. Zahlreiche andere X-Nutzer taten es ihm gleich. Ihre Botschaft: Die Regierung kann den prominenten Oppositionellen nicht einfach zum Schweigen bringen. Einspruch gegen den X-Beschluss wurde bereits eingelegt.
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İmamoğlu sitzt seit gut zwei Monaten wegen Korruptionsvorwürfen in Haft. Der Fall gilt als politisch motiviert. Istanbuls Oberbürgermeister ist der aussichtsreichste Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Seine Inhaftierung hatte die größten Massenproteste seit mehr als zehn Jahren ausgelöst. Seit mehreren Wochen fährt die Opposition eine Doppelstrategie: Sie setzt zum einen auf die Wirtschaft. Um den Druck aus Erdoğans eigenem Lager zu erhöhen, hat die CHP zum Boykott regierungsnaher Unternehmen aufgerufen: Betroffen davon sind etwa eine Kaffeekette, bekannte Lebensmittelkonzerne und eine Reisebuchungsplattform. Zum anderen werden weiterhin zweimal die Woche Protestzüge organisiert.
Protest an symbolträchtigem Ort
Jeden Mittwoch finden Kundgebungen in Istanbul statt, am Wochenende in wechselnden Städten. Dabei mobilisierte die größte Oppositionspartei CHP zuletzt überraschend viele Menschen in Erdoğan-Hochburgen. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
Am gestrigen Mittwochabend sind in Istanbul erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Die Demonstration fand vor der Istanbuler Universität statt, die İmamoğlu kurz vor seiner Festnahme dessen Abschluss aberkannt hatte. Auf der Demonstration sprach CHP-Chef Özgur Özel. »Unser Kampf ist der Kampf für die Demokratie, für die Freiheit«, sagte er vor den Teilnehmern. Mit Blick auf İmamoğlu und den Ort der Demonstration fügte er an: »Wir sind hierhergekommen, um sein Diplom zurückzuholen.«
Zudem gab Özel bekannt, dass eine Petition für die Freilassung İmamoğlus und die sofortige Ausrufung von Neuwahlen mittlerweile von 14,8 Millionen Menschen unterzeichnet worden sei.