Trotz Gerichtsentscheid: Mehrheit unterstützt Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen

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Das Festhalten der Bundesregierung an Zurückweisungen auch Asylsuchender an den Grenzen trotz eines ersten Gerichtsentscheids stößt einer Umfrage zufolge auf Zustimmung.

64 Prozent gaben in einer Insa-Befragung für „Bild“ an, dies für (eher) richtig zu halten, 23 Prozent halten es für (eher) falsch, 13 Prozent antworteten mit „weiß nicht“ oder machten keine Angabe. Befragt wurden am 5. und 6. Juni nach Angaben von „Bild“ 1002 Bürger ab 18 Jahren.

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am Montag in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung dreier Somalier bei einer Kontrolle am Bahnhof der Grenzstadt Frankfurt (Oder) sei rechtswidrig. Ohne eine Klärung, welcher EU-Staat für einen Asylantrag der Betroffenen zuständig sei, dürften sie nicht abgewiesen werden. Die drei Somalier sind mittlerweile in Berlin.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatten nach der Entscheidung erklärt, an Zurückweisungen festzuhalten. Die Entscheidung des Gerichts enge die Spielräume zwar möglicherweise noch einmal etwas ein, sagte Merz. Aber man wisse, dass man nach wie vor Zurückweisungen vornehmen könne.

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„Das ist ein Einzelfallurteil“, sagte Dobrindt. Das Gericht habe angemerkt, dass die Begründung für die Anwendung von Artikel 72 – einer Ausnahmeregel im Europäischen Recht – nicht ausreichend sei. „Wir werden eine ausreichende Begründung liefern, aber darüber sollte der Europäische Gerichtshof entscheiden.“

Die Präsidentin des Berliner Verwaltungsgerichts Erna Viktoria Xalter sagte im Interview mit „Zeit Online“: „Wie soll das zum EuGH durchlaufen? Die Eilentscheidung ist unanfechtbar.“ Sie gehe davon aus, dass es auch an anderen Grenzen, durch andere Bundespolizeidirektionen, zu Zurückweisungen komme, die dann von anderen Gerichten überprüft würden.

In der Regierungskoalition droht Streit über das weitere Vorgehen: SPD-Fraktionschef Matthias Miersch äußerte sich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Pauschale Rückweisungen wird es aus meiner Sicht nicht mehr geben können, weil die Gerichte das stoppen werden.“

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Miersch wirft die Entscheidung des Gerichts sehr grundsätzliche Fragen auf. Die schwarz-rote Regierung werde sich damit auseinandersetzen müssen. „Das hat der Kanzler im Übrigen auch sehr deutlich erklärt, als er sagte, dass vor dem Hintergrund dieser gerichtlichen Entscheidung die Praxis noch mal überprüft werden muss“, sagte Miersch. „Und das erwarte ich jetzt auch, weil wir ansonsten erleben werden, dass wir in den nächsten Monaten weitere Verfahren verlieren.“ (dpa)

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