"The Outer Worlds 2" angespielt: Ein vertrauter Aufbruch ins Unbekannte

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Nach etwa 25 Stunden hätte man Obsidians "The Outer Worlds" von 2019 schon fast zweimal durchgespielt. Das Sci-Fi-Abenteuer der "Fallout: New Vegas"-Macher war eher ein kurzweiliger, wenn auch wohlschmeckender Snack für Rollenspieler. Mit "The Outer Worlds 2" soll sich das nun ändern. Größere Areale, tiefere Charaktersysteme, ausgefeiltere Action und vor allem mehr Rollenspiel – Obsidian und Xbox haben es angekündigt und ja, es gibt tatsächlich von allem mehr. Nach 25 Stunden haben wir gerade einmal die Hälfte des Spiels erlebt, wenn überhaupt. Glücklicherweise hat sich Obsidian wirklich Gedanken gemacht, wo es sich lohnt, das Spiel auszubauen.

Der neue Schauplatz Arcadia, eine abgelegene Galaxie im Zentrum ideologischer Umbrüche, dient in "The Outer Worlds 2" als Ausgangspunkt für eine Geschichte um Raum-Zeit-Anomalien, konkurrierende Fraktionen und moralische Dilemmata. Während Spieler im ersten Teil noch als unwissende Siedler aus dem Kryoschlaf in den von kolonisierenden Konzernen besetzten Wilden Westen des Universums geworfen wurden, beginnen sie im zweiten Teil als ausgebildete Kommandanten des rechtschaffenen Erd-Direktorats. Doch eine geheime Mission zur Aufklärung rätselhafter Dimensionsrisse verläuft nicht nach Plan und es geht erneut in eine Kryokapsel.

The Outer Worlds 2 (5 Bilder)

Die Feuergefechte sind in "The Outer Worlds 2" deutlich dynamischer als beim etwas chaotischen Vorgänger. (Bild:

Obsidian Entertainment

)

Zehn Jahre später befindet sich die Galaxie im Krieg zweier Machtblöcke: dem autoritären Protektorat und dem alles verschlingenden Megakonzern "Auntie's Choice", einer Fusion aus den aus dem ersten Teil bekannten, konkurrierenden "Spacer's Choice" und "Auntie Cleo". Auch "The Outer Worlds 2" nimmt die Auswüchse des unkontrollierten Kapitalismus mit einer gehörigen Prise Satire aufs Korn. Allerdings ist die Rahmenhandlung um das interplanetarische Kriegsszenario insgesamt schon etwas düsterer. Die beiden zentralen Fraktionen unterscheiden sich nicht nur visuell und ideologisch voneinander, sondern lassen sich auch tatsächlich beeinflussen. Unsere Entscheidungen wirken sich auf unseren Ruf bei diesen Gruppen aus, was wiederum ihre Haltung uns gegenüber, den Ausgang einzelner Quests oder sogar den Verlauf der Geschichte verändern kann. Wer sich klar für eine Seite entscheidet, schließt damit andere Optionen aus.

Auch Begleiter spielen eine größere Rolle. Sie stammen allesamt aus unterschiedlichen Fraktionen, reagieren direkt auf Entscheidungen, kommentieren Geschehnisse und verfolgen eigene Ziele. Wer ständig gegen die Prinzipien der Teammitglieder verstößt, muss sich auf lautstarke Auseinandersetzungen bis hin zur dauerhaften Trennung gefasst machen. Die Charaktere unterscheiden sich stark voneinander, sind nicht immer einer Meinung und deutlich interessanter als die blassen Abziehbilder des großen Sci-Fi-RPG-Bruders "Starfield". Auch im Kampf schlagen sich die insgesamt sechs Begleiter gut und können, richtig zusammengestellt, die eigenen Schwächen spürbar ausgleichen.

Spielerisch haben Entscheidungen ebenfalls mehr Gewicht. Bereits die erste Mission lässt sich auf mehrere Weisen lösen – ob durch Dialog, Gewalt oder Technik. Im Vergleich zum ersten Teil fühlt sich der Kampf direkter und flüssiger an. Waffenwechsel gehen schneller von der Hand, Treffer-Feedback wirkt deutlich knackiger und auch das Sounddesign trägt zu einem besseren Spielgefühl bei. Wer sich auf Fernkampf spezialisiert, bekommt ein System an die Hand, das sich spürbar weiterentwickelt hat. Gleichzeitig bietet das Spiel neue Bewegungsoptionen, wie schnelles Rutschen, Doppelsprünge und die vertikale Erkundung von Hausdächern oder versteckten Wegen. Hinzu kommen nützliche Gadgets zur Zeitmanipulation – V.A.T.S. aus der "Fallout"-Reihe lässt grüßen –, zum Verschwindenlassen von Leichen oder ein Scanner, der unsichtbare Gegner oder Stromleitungen für Umgebungsrätsel aufspürt. Vor allem Spieler, die gerne unterschiedliche Spielstile und Lösungsansätze ausprobieren, dürften sich über diese neue Vielfalt freuen.

Trotz aller Action bleibt "The Outer Worlds 2" im Kern ein Rollenspiel, was sich vor allem in der Charaktererstellung zeigt. Zu Beginn stehen sechs Hintergründe wie "Ex-Sträfling", "Professor" oder "Glücksspieler" zur Auswahl, die sich primär auf die Dialogoptionen auswirken. In Kombination mit einer positiven Eigenschaft – etwa "genial", wodurch eine zusätzliche Startfertigkeit gewährt wird, oder "witzig", was eine gewisse Grundbeliebtheit bei allen Fraktionen auslöst – ist der nicht veränderbare Teil des Charakterbogens festgelegt. Dazu kommen zwölf Fertigkeiten, in die mit zunehmender Erfahrung immer mehr Punkte investiert werden können. So dürfen sich Spieler je nach Vorliebe zum rhetorisch geschickten Dieb, einem Schlösser knackenden Haudrauf oder einem Wissenschaftler mit Führungsqualitäten entwickeln.

Beim Aufbau solcher "Builds" ist viel Hingabe gefragt, denn das Neuverteilen aller Fertigungspunkte ist nicht vorgesehen. Zudem belohnt das Spiel Spezialisierung, denn um die Vorteile der einzelnen Fertigkeiten in Dialogen und Rätseln nutzen zu können, sind schon früh hohe Stufen erforderlich. Ein weiterer wichtiger Aspekt für Rollenspieler sind die über 90 freischaltbaren Vorteile, die häufig an bestimmte Fertigkeitsstufen oder Verhaltensweisen gekoppelt sind. Damit können Spieler Schwächen im Build teilweise ausgleichen und etwa die Kampf- oder Schleichfähigkeiten mit passiven Boni verbessern oder neue Charaktereigenschaften hinzufügen.

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Für zusätzliche Würze sorgt das Schwächen-System. Dabei reagiert das Spiel auf wiederkehrende Eigenheiten unserer Spielweise. Wenn ich beispielsweise ständig all mein Geld ausgebe, übernimmt der Begleit-Roboter künftig die Finanzen und legt einen Großteil der gefundenen "Bits" gewinnbringend für mich an. Zwar habe ich jetzt weniger Mittel zur Verfügung, darf mich aber später im Spiel über einen wahren Geldsegen freuen. Wenn ich hingegen ständig alle Data-Logs und Notizen lese, entwickle ich mich zum introvertierten "Bibliomanen". Zwar habe ich dann grundsätzlich mehr Lebenspunkte, bin aber von sozialen Interaktionen so mitgenommen, dass sich die Lebensleiste nach Gesprächen für zwei Minuten reduziert. Diese "Flaws" sind optional. Einmal akzeptiert, bleiben sie aber für immer bestehen und wirken sich spürbar auf das Spielgefühl aus.

"The Outer Worlds 2" basiert auf der Unreal Engine 5 – und das sieht man. Lichtreflexe, Texturen, Explosionen und Charaktermodelle wirken deutlich detaillierter als im ersten Teil. Der retro-futuristische Stil mit seinem satirischen Unterton ist aber nach wie vor unverkennbar. Fans des ersten Teils dürften sich allein wegen der nahezu identischen Farbpalette sofort heimisch fühlen. Ausgerechnet das erste Gebiet rund um Paradise Island gibt sich allerdings vergleichsweise einfallslos. Die Landschaft wirkt leblos, der Himmel wie eine starre Tapete und die Stadt fühlt sich für Kenner der Reihe recycelt an. Das wird in späteren Abschnitten und auf anderen Planeten deutlich besser, hinterlässt aber keinen optimalen ersten Eindruck. Dennoch gelingt es Obsidian stets, in den offenen Bereichen den Erkundungsdrang in mir zu wecken.

Auch wenn ich mir noch so oft vornehme, mich ein paar Stunden lang auf die Haupt-Quests zu konzentrieren, bringt mich die Spielwelt immer wieder vom Weg ab. Nicht, weil die Karte mir tausend Fragezeichen entgegenspuckt, sondern weil die Spielumgebung interessant gestaltet ist und an den richtigen Stellen Reize setzt. Mal lauern außerirdische Tierwesen hinter einem Hügel und locken uns in eine geheimnisvolle Höhle, mal ragt ein merkwürdiger Turm am Horizont empor oder ein Fremder ruft um Hilfe. Das führt mal zu größeren, mal zu kleineren Abenteuern, aber es hat sich bisher nie wie Zeitverschwendung angefühlt.

Im Vergleich zum ersten Teil dreht Obsidian bei "The Outer Worlds 2" die richtigen Knöpfe und wertet sowohl den Action- als auch den Rollenspielanteil spürbar auf. Allerdings dauert es einige Stunden, bis das Spiel so richtig aufblüht. Sowohl die Story als auch das Gameplay brauchen etwas Anlaufzeit. Die Open-World-Anteile sind groß genug, um den Erkundungsdrang zu wecken, aber nicht so groß, dass sie Spieler überwältigen.

Abzüge gibt es für die Technik, die sich zwar gegenüber dem Vorgänger deutlich gesteigert hat, insgesamt aber immer noch etwas altbacken wirkt – vor allem, wenn man bedenkt, dass der Publisher Microsoft "The Outer Worlds 2" ursprünglich zu seinem ersten 80-Euro-Spiel machen wollte. Neben der trägen Mimik und den teilweise flachen Texturen wirken auch viele Bewegungsanimationen steif. Die hakelige Third-Person-Perspektive hätte sich Obsidian ebenfalls sparen können.

Trotz kleinerer Schwächen zeigt sich, dass Obsidian die Kritik am Vorgänger ernst genommen hat. Die neue Fraktionsdynamik, das erweiterte Charaktersystem und die deutlich verbesserte Kampfsteuerung könnten "The Outer Worlds 2" zu einem echten Höhepunkt des Rollenspieljahres 2025 machen.

"The Outer Worlds 2" erscheint am 29. Oktober 2025 für Xbox Series X/S, PlayStation 5 und PC zum Preis von 70 Euro. Käufer der 20 Euro teureren Premium-Edition dürfen bereits ab dem 24. Oktober spielen. Die Altersfreigabe liegt bei 18 Jahren.

(joe)

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