Tauben vertreiben: Was Sie gegen die Vögel auf Balkon oder Terrasse tun können

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Foto: Thomas Warnack / dpa

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Sie machen sich breit auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten, hinterlassen Kot und sorgen deshalb für reichlich Ärger: Wohl kaum ein Tier ist in Deutschland so verhasst wie die Taube. Die Liste der Vorurteile ist unendlich lang, das Thema ist emotional aufgeladen. Nicht selten ist von den »Ratten der Lüfte« die Rede.

Doch das ist nur ein Mythos. »Ratten zeichnen sich durch Lernfähigkeit und ein breites Nahrungsspektrum aus, das würde eher auf Krähen zutreffen«, sagt Oliver Krone vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin.

Der Privatdozent für Wildtierbiologie und Naturschutz, der sich seit Jahrzehnten mit Tauben beschäftigt, ärgert sich über Polemik und Unwissenheit in der Gesellschaft. Dass es eine gewisse Taubenproblematik gibt, bestreitet er aber nicht.

Es gibt Mittel und Wege, dem Problem vor der eigenen Haustür entgegenzuwirken. Hier erfahren Sie, warum Rabenattrappen keine gute Wahl sind, wieso ein aufgeräumter Balkon helfen kann und warum Sie Tauben besser nicht füttern sollten.

Enthält Taubenkot Krankheitserreger?

Ja, allerdings geht von ihm nicht mehr Gefahr aus als von anderen Wildvögeln: »Wir finden gelegentlich Salmonellen oder Kolibakterien in dem Kot, und natürlich ist es ein Hygieneproblem, wenn auf Balkon oder Terrasse besonders viel ausgeschieden wurde. Das gilt aber auch für andere Tiere, Nagetierhinterlassenschaften sind beispielsweise wesentlich gefährlicher für den Menschen als Taubenkot«, sagt Krone. Klar ist aber auch, dass Nagetiere wie Mäuse oder Ratten deutlich weniger Kot auf Balkonen hinterlassen als Tauben.

Taubennest auf dem Balkon – was tun?

Straßentauben bauen Nester mit wenig Material, etwa Zweigen, meist in und an Gebäuden, unter Brücken, anderen überdachten Konstruktionen, aber auch auf Fensterbänken und anderen für sie geeigneten Nischen. Aber auch in Gärten oder auf Balkonen machen sie sich in seltenen Fällen breit. Es ist wichtig, die Nistanlagen frühzeitig zu erkennen. »Bewohner können die Nester entfernen und die Nestanlage abdecken, beispielsweise mit einer Decke oder einem Netz, bevor die Eier gelegt wurden. Dann ist die Taube sofort vertrieben«, sagt Krone. Das Töten von Küken oder gar der Taube ist jedoch strikt verboten. Bei einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz werden Geldstrafen verhängt. Schon die Verletzung des Tiers kann kostspielig werden. In München war ein Mann 2018 zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt worden, weil er eine Taube auf einem Schlachthofgelände schwer verletzt haben soll .

Wie werde ich Tauben los?

In ihrer Verzweiflung greifen Menschen hierzulande mitunter zu rabiaten Mitteln. Als besonders beliebt gelten unter anderem Spikes aus Edelstahl, doch davon rät Krone eindringlich ab. »Die sind besonders unschön. Tauben und andere Vögel, aber auch Eichhörnchen, können sich an den Spitzen verletzen.« Stattdessen empfiehlt der Experte auf Balkonen engmaschige Netzabdeckungen. »Da gehen die Tiere nicht durch, es gibt spezielle Katzenschutznetze, die definitiv für einen taubenfreien Balkon sorgen«, so Krone. Generell funktioniert die Blockade potenzieller Sitz- und Nistplätze am besten über mechanische Barrieren.

Doch ein aufgespanntes Netz auf dem eigenen Balkon dürfte nicht jedem gefallen. Alternativ ist es ratsam, den Balkon oder die Terrasse aufgeräumt zu halten. »Je weniger Kram herumsteht, desto besser. Regale, Blumentöpfe und andere Dinge bieten Tauben ideale Nistmöglichkeiten«, sagt Krone. Auch Lisa Redegeld von Deutschlands größter Tierrechtsorganisation PETA kommt zu dem Schluss, dass Balkon und Garten so gestaltet sein sollten, dass Tauben sich gar nicht erst wohlfühlen dürfen. »Die hier weitverbreitete Stadttaube bevorzugt Umgebungen, die ihr Schutz und eine gute Übersicht bieten. Auf einem aufgeräumten Balkon wäre das wohl nicht der Fall.«

Sollten Sie nicht auf Blumentöpfe verzichten wollen, können bestimmte Pflanzen und Krautgewächse laut der Expertin abschreckend auf Tauben wirken. Hierzu zählen unter anderem Fuchsien, Petunien, Lavendel, Arnika, Herbstzeitlose und Brunnenkresse. »Tauben sind zwar intelligent, aber auch sehr sensibel. Flatterbänder und Windräder können die schreckhaften Vögel ebenfalls fernhalten«, sagt Redegeld. Gleiches gilt für reflektierende Gegenstände wie CDs oder DVDs.

Ein ebenfalls weitverbreitetes Mittel, um Tauben vom eigenen Balkon fernzuhalten, sind Krähen- oder Rabenattrappen. Doch die erzielen laut Krone allenfalls kurzfristig den gewünschten Effekt: »Über die Jahre gewöhnt sich jeder Vogel daran und nimmt das auch nicht mehr ernst. Wenn jeder eine Plastikkrähe auf dem Balkon hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass das langfristig funktioniert.«

Darf man Tauben füttern?

In vielen deutschen Großstädten – unter anderem Hamburg, Bonn, Nürnberg, Köln, Dortmund und München – ist das Füttern von Stadttauben verboten. Ein Vergehen kann mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 Euro bestraft werden.

»Es gibt dennoch viele Menschen, die Tauben gezielt füttern. Zu viel Futter, insbesondere wenn es zu lange liegt, wird zum Problem. Daran frisst sich jedoch nicht nur die lokale Straßentaubenpopulation satt, sondern auch die lokale Rattenpopulation. Wir züchten uns also zusätzlich eine Rattenplage heran, die wir dann mit Rattengift bekämpfen müssen«, sagt der Experte vom Leibniz-Institut. Darunter würden Krone zufolge dann wiederum die Wildvögel leiden, weil sie mit dem Gift in Berührung kommen. Greifvögel wie Habichte oder Mäusebussarde, die dann diese Ratten erbeuten, verenden im schlimmsten Fall an Sekundärvergiftungen. Damit fallen weitere potenzielle Feinde der Tauben weg, was die Überpopulation weiter anheizt.

Was kann man gegen die Überpopulation tun?

Die Überpopulation ist ein menschengemachtes Problem. »Die Tauben werden weiterhin von Menschen gezüchtet, im Brieftaubensport, oder auf Hochzeiten aufgelassen. Anschließend stranden sie häufig in unseren Städten, wo sie ein Leben voller Leid, Gefahren und Hass erwartet«, sagt Redegeld. Das gilt sowohl für weiße Tauben, die auf Hochzeiten als Symbol für Liebe und Treue gemietet werden, als auch für Haustauben, eine verwilderte Form der Stadttaube.

Um diesem Trend, der durch das gezielte Füttern in Städten noch verschärft wird, entgegenzuwirken, empfiehlt sie betreute Taubenschläge nach dem Augsburger Modell. »Dort können die Tiere artgerecht versorgt und ihre Eier durch Kunststoffattrappen ausgetauscht werden, um so tierschutzgerecht langfristig die Population zu reduzieren«, so die PETA-Mitarbeiterin.

Wie entferne ich Taubenkot?

Wer Taubenkot auf der Terrasse, dem Balkongeländer oder Fenstersimsen entdeckt, sollte schnell handeln. Denn eingetrocknet kann dieser besonders hartnäckig sein. Um zu verhindern, dass Bakterien und Pilze in Ihre Atemwege oder Schleimhäute gelangen, tragen Sie während der Reinigung im besten Fall eine Mundschutzmaske, Einweghandschuhe und eine Schutzbrille.

Es gibt verschiedene Wege, Taubenkot zu entfernen. Unter anderem kann der Kot mit heißem Wasser begossen werden. Nach einer kurzen Wartezeit können Sie versuchen, den Taubenkot wegzuschrubben. Der Schwamm sollte anschließend im Restmüll entsorgt werden. Sollten auch dann noch Reste zu sehen sein, können Sie diese mit einem Spachtel entfernen, reinigen Sie die saubere Oberfläche erneut mit heißem Wasser und etwas Spülmittel. Auch Essig eignet sich, um Taubenkot zu entfernen.

Kann ich die Miete wegen einer Taubenplage mindern?

Dazu ist die Rechtslage nicht eindeutig. In jedem Fall kann es sich lohnen, einen Mietrechtler einzuschalten. So stellte das Amtsgericht Augsburg in einem Urteil vom 16. Januar 2017 (Aktenzeichen 17 C 4796/15) fest, dass Taubenkot auf dem Balkon einen Mietmangel darstellen kann. Vor allem dann, wenn sich die Tauben von Solaranlagen, die auf dem Dach installiert wurden, angezogen fühlen. Das Gericht entschied, dass der Vermieter das Problem mithilfe von Spikes lösen sollte.

Im Oktober 2022 entschied das Amtsgericht Hanau (Aktenzeichen 94 C 21/22) jedoch zugunsten des Vermieters. Es sei nicht die Aufgabe des Eigentümers, das Einfliegen von Tauben und die damit verbundenen Verschmutzungen zu verhindern. Die Verpflichtung, das gesamte Haus sauber zu halten, beschränke sich lediglich auf die Reinigung der Gemeinschaftsflächen. Der Balkon liege weiter in der Verantwortung des Mieters.

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