
Darsteller Jörg Hartmann (l.) und Caspar Hoffmann: Gibt es denn gar nichts Schönes in diesem »Tatort«?
Foto: Martin Rottenkolber / WDR»Vielleicht hätte ich ihn doch umbringen sollen, als ich noch am Leben war.« Am Ende erklang ganz ruhig aus dem Off die Stimme der toten Frau, die durch eine tragische Verwicklung ums Leben gekommen ist. Eine von vielen Pointen in diesem »Tatort« über häusliche Gewalt, der zugleich brutal und sensibel war.
Die Frau war vor ihrem Tod immer wieder von ihrem Mann misshandelt worden. Am Anfang lag sie tot durch Rauchvergiftung in ihrer verkohlten Wohnung. Der Verdacht fiel verständlicherweise auf den Mann, vor dem sie sich immer ins Frauenhaus in Sicherheit gebracht hatte und in das sich Kommissarin Herzog (Stefanie Reinsperger) undercover einschleuste. Doch am Ende stellte sich heraus: Die Freundin der Toten hatte das Haus angezündet, damit das Missbrauchsopfer nicht mehr zurückgeht – und hat sie dadurch nicht gerettet, sondern getötet. Brandstiftung als Freundschaftsdienst, lautete die bittere Pointe.
Paprikastreifen und Stegreif-Sex
Gab es denn gar nichts Schönes in diesem Gewalt-»Tatort«? Doch: Zum Schluss saß Kommissar Faber (Jörg Hartmann) mit seiner neuen Chefin (Alessija Lause) nachts vor dem Revier und knabberte Paprikastreifen aus der Tupperdose. Und Ermittlerin Herzog hatte, nach dem Frauenhaus-Einsatz, im Büro Stegreif-Sex mit dem neuen Kollegen Pösken (Malick Bauer).
Da war in dem notorisch schlecht gelaunten Dortmunder Revier auf einmal all die Anspannung und der gegeneinander gerichtete Argwohn verflogen.
In unserer Kritik schrieben wir: »Um Relativierungen vorzubeugen, geht Herzog als angebliches Opfer männlicher Gewalt undercover in das Frauenhaus, wo das echte Opfer vor dem Mord Schutz suchte. In einer Szene bereitet sich Herzog auf ihren Einsatz vor und probt ihre Tarnidentität, indem sie die vermeintliche Gewalterfahrung beschreibt. Ein hochverdichteter Moment: Die Schauspielerin spielt eine Ermittlerin, die ein Opfer spielt und dabei aufwühlend von dem Mann erzählt, der angeblich gegen ihren Willen in sie eingedrungen ist. Die Szene offenbart das zentrale, oft unauflösbare Problem bei der Aufarbeitung von Übergriffen: Wer als Gewaltopfer anerkannt werden will, muss die Rolle des Gewaltopfers auch ›performen‹ können.«
Wir gaben 7 von 10 Punkten. Was ist Ihre Meinung zu dem Krimi?
Zuletzt erschienen die Dortmund-»Tatorte« in erstaunlich schneller Taktung. Vor dem Frauenhaus-Fall waren erst im März und im Dezember Faber-Folgen zu sehen gewesen. Drei neue Episoden befinden sich zur Zeit in Entwicklung. Gut möglich aber, dass man vom Ruhrpott-Team erst Mitte nächsten Jahres wieder hört.