US-Präsident Donald Trump hat offenbar eine Vorliebe für Rohstoff-Deals, besonders dann, wenn er sie mit Ländern schließen kann, die gerade mitten in einem blutigen Konflikt stecken und Hilfe suchen. So hat er der von Russland angegriffenen Ukraine ein Abkommen abgerungen, das den USA wichtige Bodenschätze sichern soll. Washington arbeitet außerdem an US-Investitionen in der Demokratischen Republik Kongo, um dort an wertvolle Mineralien zu gelangen. Und jetzt auch noch Myanmar? In Südostasien wird jedenfalls genau beobachtet, ob US-Präsident Trump gerade einen Politikwechsel gegenüber den herrschenden Generälen in Naypyidaw einleitet, jener Junta also, die seit vier Jahren Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt.
Die Armee putschte sich mit ihrem Chef, dem stets tadellos gekleideten General Min Aung Hlaing, am 1. Februar 2021 an die Macht. Sie sperrte die gewählte und populäre zivile Regierungschefin Aung San Suu Kyi ein. Seither macht das Militär gnadenlos Jagd auf alle, die sich ihrer Herrschaft nicht beugen wollen. Anhänger der Demokratiebewegung flohen ins Ausland oder in den Untergrund.
China und Russland stehen weiter zur Junta
Angestoßen von westlichen Staaten wurden Sanktionen verhängt, sie sollten die Armeeführung isolieren. Doch wichtige Paten konnte das Militär halten: China und Russland stehen weiter zur Junta. Ob Trump nun in der Myanmar-Politik maßgeblich von der Linie seines Vorgängers Joe Biden abrückt? Anlass zu Spekulationen über eine mögliche Wende hat vor einigen Tagen eine Entscheidung Washingtons gegeben, US-Sanktionen gegen Günstlinge des Regimes in Naypyidaw aufzuheben. Unter Protest von Menschenrechtlern lockerten die USA Strafmaßnahmen, ohne den Schritt der Öffentlichkeit näher zu erklären.
Das Signal wird bei den Generälen angekommen sein, die sich schon einige Tage zuvor gewundert haben dürften, dass auf einmal Post aus Washington hereingeflattert war. Ein Brief von Donald Trump. Nun war dies keineswegs als besondere Aufmerksamkeit für Myanmar gedacht, verschickte der US-Präsident doch viele Briefe hinaus in die Welt, um teils abenteuerlich hohe Zölle anzudrohen. Im Falle Myanmars ist die Rede von 40 Prozent. Trotz dieses wenig erquicklichen Inhalts dürften die Generäle darin einen für sie glücklichen Moment erkannt haben. Dass ihnen der US-Präsident überhaupt schrieb, schien sensationell. Ein deutlicheres Zeichen internationaler Anerkennung für ein geächtetes Regime konnte es ja kaum geben.
Was die US-Regierung mit Myanmar vorhat, ist nicht ganz klar. Womöglich hat sie es dort auf seltene Erden abgesehen, Stoffe, die etwa für Dauermagnete, Elektromotoren und andere Hightech-Geräte unverzichtbar sind. Die Generäle in Naypyidaw scheinen die Gunst der Trump’schen Präsidentschaft ihrerseits nutzen zu wollen, um der Armeeherrschaft doch noch ein Etikett der Legitimität aufzukleben. So hat das Militär gerade den Ausnahmezustand aufgehoben und kündigte Wahlen für Ende des Jahres an. Die Generäle wissen: Ein besseres Zeitfenster werden sie kaum bekommen, jetzt, da Trump regiert. Myanmars Demokratiebewegung hat Wahlen unter dem Joch der Junta stets als Farce bezeichnet. Oppositionelle dürften die Abstimmung boykottieren, oder sie werden ohnehin ausgeschlossen.
Verschärft sich die Konkurrenz um strategische Rohstoffe?
Wenn es den USA tatsächlich darum geht, an seltene Erden aus Myanmar heranzukommen, dürften diese natürlich keinem hohen Zoll unterliegen. Die Junta versichert, über Zölle werde noch verhandelt. In jedem Fall aber wären für einen US-Deal hohe Hürden aus dem Weg zu räumen, politischer, logistischer und militärischer Natur. Denn die wertvollen Stoffe lagern überwiegend in Regionen, die von bewaffneten Milizen kontrolliert werden, etwa in Kachin, wo die Kachin Independence Army (KIA) Minenstandorte kontrolliert.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf vier Quellen, dass an Washington, teils über Lobbyisten, verschiedene Vorschläge herangetragen wurden, wie die USA Zugang zu Rohstoffen in Myanmar bekommen könnten. Eine der Ideen zielt offenbar darauf ab, ein Friedensabkommen zwischen Junta und Kachin-Rebellen zu besiegeln und so neue Exportwege zu öffnen. Doch wie in Kongo ist China auch hier längst im Geschäft und gut vernetzt. Sollte Trump einsteigen wollen, würde das den Wettbewerb um strategische Rohstoffe international weiter verschärfen.
China hat sich mit den Rebellen in Kachin arrangiert, sie erheben eine Steuer auf den Export seltener Erden, die bislang vor allem nach China gelangen. Der Abbau der Rohstoffe hat sich seit 2020 erheblich gesteigert, allein in Kachin ist die Zahl der Förderplätze von damals 130 auf mehr als 370 Ende 2024 gestiegen. Berichte warnen allerdings vor massiven Umweltschäden durch toxische Chemikalien und den mangelnden Schutz für die Minenarbeiter.
Gut möglich, dass Trump die wahre Macht der Junta überschätzt, sie kontrollierte 2024 weniger als die Hälfte des Vielvölkerstaats, der seit seiner Gründung, mit der Auflösung des britischen Kolonialreiches, keine Geschlossenheit und keinen Frieden gefunden hat. Ethnische Minderheiten an den Rändern des Landes fühlen sich seit Jahrzehnten benachteiligt und diskriminiert von der Mehrheit ethnischer Birmanen, die auch das Militär dominieren.
Die langjährige Friedensikone Aung San Suu Kyi dürfte bei den von der Junta orchestrierten Wahlen keine aktive Rolle mehr spielen. Von Demokratieverfechtern im Land wird sie noch immer verehrt, auch wenn ihr internationales Image im Streit über die Rohingya-Minderheit schon vor Jahren starke Kratzer bekam. Kritiker warfen ihr vor, die verfolgten Muslime im Stich zu lassen und die Generäle vor Genozid-Vorwürfen abzuschirmen.
Nur die Kerkermeister des Regimes wissen, wie die einstige Regierungschefin ihren 80. Geburtstag am 19. Juni verbracht hat, schrieb der Economist. Seit ihrer Verschleppung 2021 drang nur ein einziger Brief von ihr nach außen, gerichtet an ihren Sohn Kim Aris, im Januar 2024. Aung San Suu Kyi soll sich in einem Gefängnis in Naypyidaw befinden, isoliert. Ein Faustpfand der Junta.