Studieren in Wismar: Campus, Wohnviertel, WG-Zimmer-Preise, beste Kneipen

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 »Obwohl Wismar eine kleine Stadt ist, hat es kulturell viel zu bieten«

Studentin Korth: »Obwohl Wismar eine kleine Stadt ist, hat es kulturell viel zu bieten«

[M] DER SPIEGEL; Fotos: Privat, Westend61  / Getty Images

Die Pyramiden von Gizeh, der Yellowstone-Nationalpark oder eben die Altstadt von Wismar: Seit mehr als 20 Jahren steht die Hansestadt dank ihres nahezu unveränderten mittelalterlichen Grundrisses auf der Unesco-Welterbeliste.

Auch die Studierenden der Hochschule Wismar fühlen sich zwischen den historischen Mauern wohl. Samira Korth studiert im achten Semester Bauingenieurwesen. Dabei war sich die 27-Jährige anfangs gar nicht sicher, ob ein Studium nach ihrer Ausbildung zur Zimmerin und viel praktischer Arbeit die richtige Wahl ist. Heute sagt sie: »Wismar und die Hochschule haben mich vom Studierendenleben überzeugt.«

Ob altehrwürdige Universitätsstadt oder eher unbekanntes Örtchen: Wer zum Studium an einen neuen Ort zieht, muss sich erst einmal orientieren. In der Reihe »Stadt, Land, Studium« stellen wir Hochschulstädte vor – und lassen Studierende erzählen, wie der Alltag dort abläuft.

Was hat der Campus zu bieten? In welchen Vierteln wohnt es sich am schönsten, was kostet ein WG-Zimmer? Welche Partys sind legendär, und wo verbringt man seine Zeit, wenn man nicht im Hörsaal sitzt?

Campusleben: Standort, Mensa und Café

»Unser Campus ist relativ klein und kompakt, sodass man innerhalb von Minuten zwischen den Gebäuden hin und her springen kann. Einige von ihnen strahlen aufgrund ihrer Vergangenheit als Kaserne einen strengen Vibe aus, aber die Campusorga versucht das Gelände umso schöner zu gestalten. Man kann grillen, Ultimate Frisbee spielen und das Volleyballfeld ist im Sommer immer besetzt. Unser Hauptgebäude, Haus 1, ist um die weitläufige, etwas tiefergelegte Campuswiese angeordnet. Im Sommer sitze ich dort gern mit meinen Kommiliton:innen, um zwischen den Vorlesungen die Sonne zu genießen.

 Streng gegliedert

Campus der Hochschule Wismar: Streng gegliedert

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HS Wismar

Auf der Wiese finden auch Public Viewings, Konzerte oder kleinere Festivals statt. Musiktechnisch hat die Hochschule nämlich einiges zu bieten: Beim Campusrauschen treten Coverbands aus Wismar auf, das Wohnzimmer Open Air stellt verschiedene Acts vor und der Asta organisiert im September das Campus Open Air Festival. Etwas hinter der Wiese liegt die StartUpYard – eine Art Ideenwerkstatt, in der studentische Hilfskräfte anderen Studierenden bei der Umsetzung von Ideen helfen. Man kann drechseln, löten, nähen, Dinge mit dem 3D-Drucker ausprobieren oder sein Fahrrad reparieren. Zusätzlich gibt es regelmäßig Workshops, etwa um den Start in die Selbstständigkeit zu erleichtern.

Ich nutze auch gern das Hochschulsportangebot. Neben den Basics gibt es Salsakurse, man kann segeln und nach einer Stunde Fitnessboxen gehen alle mit Muskelkater nach Hause. Mein Highlight ist Drachenbootfahren: ein langes Kanu mit 20 Plätzen und einer Person, die trommelnd das Tempo angibt. Beim Hafenfest rudern jeweils zwei Teams gegeneinander, bis es einen Sieger gibt.

 Einer trommelt, viele paddeln

Drachenboot: Einer trommelt, viele paddeln

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Was ich unbedingt noch erwähnen muss, ist die Mensa. Als ich noch zwischen Wismar und einer anderen Hochschule geschwankt habe, hat mir ein ehemaliger Kollege von dem Fünf-Gänge-Menü vorgeschwärmt, das man in Wismar bekommen soll. Heute weiß ich: Es stimmt. Die Auswahl der Mensa ist riesig und alles schmeckt super frisch. Viele kommen auch zum Campus, wenn sie keine Vorlesungen haben, um gemeinsam zu essen. Mein Favorit: der Quesadilla-Mittwoch. Für 3,50 Euro bekommt man einen voll belegten Wrap mit Salsa.«

  • Hansestadt an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern

  • Rund 43.000 Einwohner:innen

  • Sehenswürdigkeiten: Hafen, Altstadt, Insel Poel, Seebrücke Bad Wendorf

Wohnen: WG-Preise und Stadtteile

»Als Studi in Wismar zu wohnen, ist kein Problem. Es gibt viele WGs, vier Studierendenwohnheime und Wohnungsgenossenschaften bietet quasi Studi-Packs an. Das bedeutet, man bezahlt einen einmaligen Mitgliedsbeitrag und bekommt danach Zimmer- oder Wohnungsangebote zugeschickt. Sie kosten ab 220 Euro, sind teilmöbliert und in der Miete ist alles inbegriffen: WLAN, Strom, Betriebskosten. Ziemlich perfekt für Leute, die direkt nach dem Abi anfangen zu studieren und noch nicht viele Erfahrungen mit einer eigenen Wohnung haben.

Ich bin zu Beginn meines Studiums erst einmal in eine Zweier-WG gezogen. Für mein 14-Quadratmeter-Zimmer habe ich 260 Euro gezahlt. Das liegt total im Durchschnitt und ich musste nicht lange suchen. Da mein Freund mir vor einem halben Jahre an die Küste gefolgt ist, wohnen wir mittlerweile in einer 65-Quadratmeter-Wohnung, für die wir gemeinsam 800 Euro warm zahlen. Danach haben wir zwar etwas länger gesucht, sind aber rundum zufrieden. Die Wohnung liegt mitten in der Altstadt, das meiner Meinung nach schönste Viertel in ganz Wismar. Das Bild ist geprägt von kleinen Gassen und Giebelhäusern, die sehr viel Charme haben. Obwohl man mittendrin ist, gibt es auch Möglichkeiten, sich zurückzuziehen und man ist schnell im Grünen. Für mich als Hundebesitzerin ist das sehr wichtig. Wismar ist aber generell keine große Stadt. In nur 15 Minuten kann man mit dem Fahrrad von einer Seite zur anderen fahren und in nur wenigen Minuten steht man am Hafen.«

Rund 7200 Studierende waren im Studienjahr 2024/25 an der Hochschule Wismar  eingeschrieben. Sie ist die einzige Hochschule in der Stadt und in die drei Fakultäten Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Gestaltung gegliedert. Durch Kooperationen mit der Uni Rostock und der Hochschule Neubrandenburg gibt es die Möglichkeit, einige Studiengänge (etwa im Bauingenieurwesen) standortübergreifend zu studieren.

Der Durchschnittspreis für ein WG-Zimmer lag im Wintersemester 2024/25 bei rund 325 Euro. Das ergab ein Scoring des Moses-Mendelssohn-Instituts in Kooperation mit WG-gesucht.de. Das Studierendenwerk Rostock-Wismar  bietet möblierte Zimmer in vier Wohnheimen an.

Freizeit: Kultur, Kneipe und Klub

»Wenn ich einen freien Tag habe, fahre ich natürlich an den Strand – nach Hohen Wieschendorf oder Timmendorf auf der Insel Poel. Das geht mit Bus, Fahrrad oder Auto und dauert zwischen einer halben und einer Stunde. Auf Poel kann man zum Beispiel ganz entspannt Volleyball spielen, baden und picknicken.

 Der Strand so nah

Hohen Wieschendorf an der Ostsee: Der Strand so nah

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DR pics24 / iStockphoto / Getty Images

Obwohl Wismar eine kleine Stadt ist, hat es kulturell viel zu bieten. Es gibt ein Theater direkt am Campus, in das sich mal kleinere, mal größere Shows einbuchen. Ziemlich beeindruckend ist auch die DIA, die Jahresausstellung der Fakultät Gestaltung, die auf dem Campus und in verschiedenen Galerien stattfindet. Wismar hat eine unglaublich starke Gründer:innen-Community, weshalb es viele individuelle Geschäfte, Werkstätten und Galerien gibt. Das Füllwerk, der Unverpacktladen in der Dankwartstraße hat zum Beispiel seine Schütten im Rahmen eines Kickstart-Wettbewerbs der StartUpYard entwickelt. Es bietet auch Gruppen mit nachhaltigem Hintergrund wie ›Gutes Klima Wismar‹ einen Raum.

Eine feste Institution in Wismar ist definitiv das Tiko: ein gemeinnütziges und unabhängiges Kulturprojekt, das regelmäßig Kinoabende, Vorträge oder eine Küche für alle hostet, wo man zusammen kochen kann. Die Stadt selbst bietet eher Events für Tourist:innen an, es gibt aber viele engagierte Studierende, die sich immer wieder neue Dinge überlegen. Da würde ich schon sagen, dass Wismar von der Hochschule profitiert.

 Erfrischung zwischendurch

Stadt am Wasser: Erfrischung zwischendurch

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Die besten Partys in Wismar finden in den WGs statt, man muss sich also ein bisschen vernetzen. Um richtig tanzen zu gehen, gibt es den Studentenklub Block17 direkt auf dem Campus. Für einen entspannten Abend gehe ich gern in den Schlauch, aber auch die Kaibar direkt am Hafen hat wegen ihres entspannten Surferflairs einen hohen Stellenwert bei den Studierenden. Im Sommer sitzen viele Leute einfach mit einem Störtebeker oder Lübzer am Hafen und beobachten den Sonnenuntergang.«

Seit 2004 löst die »SOKO Wismar« im ZDF fiktive Kriminalfälle. Fast 500 Folgen wurden bisher gedreht, die von bis zu 4,5 Millionen Zuschauer:innen verfolgt werden . Inzwischen gibt es in der Hansestadt sogar Soko-Wismar-Stadtführungen sowie einen eigenen Reiseführer zu den Original-Dreh- und Tatorten. Laut einer Befragung sollen rund 15 Prozent der jährlichen Besucher:innen aufgrund der Fernsehserie nach Wismar kommen.

Nach dem Abschluss: Wie geht’s weiter?

»Das Meer vor der Tür, das Miteinander und die Mensa – das macht Wismar für mich aus. Der ehrliche und direkte Charme der Wismarer:innen war für mich zu Beginn zwar etwas gewöhnungsbedürftig, mittlerweile will ich so ein trockenes ›Moin‹ aber nicht mehr missen. Deshalb werden mein Freund und ich definitiv noch ein bisschen bleiben. Und wenn uns die Stadt doch mal zu klein wird, fahren wir einfach nach Rostock, Schwerin oder Lübeck.«

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