Streik im Ford-Werk Köln trotz konstruktiver Gespräche mit der IG Metall

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In den Kölner Ford-Werken kommt es erstmals seit ihrer Eröffnung 1930 zu Streiks, die sich gegen harte Sparpläne richten. Am Morgen baute die IG Metall Streikposten an den Werkstoren auf, Frühschichten fielen aus. "Die Arbeit ruht hier komplett", sagt der IG-Metall-Sprecher bei Ford Köln, David Lüdtke, nachdem die ersten Frühschichten ausgefallen waren. Die Arbeitsniederlegung betreffe den ganzen Standort – also Produktion, Entwicklung, Verwaltung und andere Bereiche. "Wir lassen niemanden rein."

Davor gab es etwas Bewegung in den festgefahrenen Verhandlungen zwischen Management und IG Metall, ohne dass es einen Durchbruch gegeben hat. Nach einem kurzfristig anberaumten Treffen der Tarifparteien, in dem die Geschäftsführung ihre Position dargelegt hat, hieß es am Dienstagabend von der IG Metall, das Gespräch sei konstruktiv gewesen. Zu Inhalten wollte sich ein Gewerkschaftssprecher nicht äußern. Eine Einigung habe es nicht gegeben, jetzt werde daher wie geplant gestreikt. Ende der Woche könnten die Gespräche mit dem Management fortgesetzt werden, sagte der Sprecher der IG Metall. Bei den Kölner Ford-Werken sind derzeit noch etwa 11.500 Menschen beschäftigt. Bis Ende 2027 möchte das Management 2900 Stellen abbauen. Die Gewerkschaft wirft der Firmenspitze eine Konzeptlosigkeit vor, mit der der Fortbestand der Deutschlandtochter des US-Konzerns gefährdet sei.

Die IG Metall fordert hohe Abfindungen für diejenigen, die freiwillig die Firma verlassen, und finanzielle Sicherheiten für diejenigen, die bleiben und später in einem möglichen Insolvenzfall trotzdem ihre Jobs verlieren könnten. Eine solche Insolvenz ist bislang nur reine Theorie. Durch die Aufkündigung einer Regelung des US-Mutterkonzerns, der für seine Deutschlandtochter gebürgt hatte, ist das inzwischen aber möglich – vorher war sie es nicht. Deshalb fordert die IG Metall einen finanziellen Schutzschirm eigens für Beschäftigte.

Ford produziert in Köln seit zwei Jahren zwei neue Elektroauto-Modelle, deren Verkauf unter den hohen Erwartungen liegt. Die verkauften Stückzahlen sind zu klein, die Personalkosten zu hoch. Ford ist in Deutschland und Europa inzwischen zu klein, um wirtschaftlich überleben zu können, und die Schrumpfung geht rapide voran: So kamen im vergangenen Jahr nur 3,5 Prozent der neu zugelassenen Autos in Deutschland von Ford, zwei Jahre zuvor waren es noch fünf Prozent. Immerhin: Im April legte die Anzahl der neu zugelassenen Ford-Pkw im Vergleich zum Vorjahresmonat um 15,2 Prozent zu, damit stieg der Marktanteil auf 3,9 Prozent. Bei Nutzfahrzeugen ist der Anteil deutlich höher, die werden allerdings nicht in Deutschland hergestellt.

Dazu kommt ein hausgemachter Fehler, die E-Mobilität zu lange zu unterschätzen. Um den Rückstand zu kompensieren, basieren die beiden Elektroauto-Modelle, Ford Explorer (ab 39.900 Euro) und Capri (ab 42.400 Euro), auf Technik von Volkswagen, was die Marge stark verkleinert. Für die Eroberung größerer Marktanteile sind die beiden Elektroautos indes zu teuer – ein gutes Rezept für eine Abwärtsspirale. Mit dem neuen Elektroauto Ford Puma Gen e wird sich daran nur wenig ändern.

Ein teilweiser Verkauf des Werks ist ebenso im Gespräch wie die Option, mit einem anderen Autohersteller, möglicherweise Renault, zu kooperieren. Dass der US-Mutterkonzern weitere Milliarden in die Entwicklung und Produktion neuer Elektroautos investiert, ist unwahrscheinlich, insbesondere nachdem er das Kölner Werk mit einer Einmalzahlung und dem Rückzug aus Garantieverpflichtungen gewissermaßen in eine höhere Eigenverantwortung entlassen hatte. Zu den genannten Faktoren dürften die neuen Zölle der USA Ford Deutschland belasten.

Nach Einschätzung des Betriebsratschefs von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka, erhöht sich der Druck auf den Arbeitgeber durch den Streik nun deutlich. Sollte sich das Management inhaltlich nicht bewegen, werde es weitere Ausstände geben.

(fpi)

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