Bund, Länder und Gemeinden müssen in den nächsten Jahren mit deutlich geringeren Steuereinnahmen rechnen als noch im vergangenen Herbst erwartet. Der Arbeitskreis Steuerschätzung legte am Donnerstag seine Prognose für die Jahre 2025 bis 2029 vor. Demnach sind für den Gesamtstaat in diesem Fünf-Jahres-Zeitraum 81,2 Milliarden Euro weniger zu erwarten. Nur für den Bund sagen die Steuerschätzer nach Angaben des Finanzministeriums voraus, dass in dieser Zeit 33,3 Milliarden weniger in die Kassen des Bundes fließen, als man noch im Oktober dachte. Das dürfte die Arbeit des neuen Finanzministers Lars Klingbeil (SPD) nicht gerade einfacher machen.
Für Klingbeil ist die Bekanntgabe der Steuerschätzung einer der wichtigsten Termine im finanzpolitischen Kalender. Seit Dienstag saß das Gremium aus Expertinnen und Experten zusammen und hat gerechnet. Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die Beratungen zum Bundeshaushalt. Ob gespart werden muss oder ob es Raum für zusätzliche Ausgaben gibt, hängt unter anderem von der jährlichen Steuerschätzung ab.
Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein Wachstum von 1,0 Prozent.
»Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken«
»Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken«, sagte Klingbeil bei der Bekanntgabe der Zahlen. »Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an.« Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde.
Klingbeil steht nun vor einer Mammutaufgabe. Am 25. Juni will der Finanzminister den Haushalt für das laufende Jahr durchs Kabinett bringen. Noch vor der Sommerpause soll der Bundestag erstmals darüber beraten und dann voraussichtlich im September abstimmen. Seit Januar arbeitet die Bundesregierung wegen des Bruchs der Ampelkoalition mit einer vorläufigen Haushaltsführung, mit der neue Vorhaben nur auf Umwegen angestoßen werden können. Und Klingbeil muss nicht nur einen, sondern gleich zwei Haushalte zügig planen. Ebenfalls vor der Sommerpause möchte Klingbeil den Etat für 2026 aufstellen. Bis zum Jahresende sollte dieser beschlossen sein.