DEIN SPIEGEL: Smartphones verändern die Kindheit. Was ist schlecht daran?
Eipper: Wenn man täglich viel Zeit vor dem Bildschirm verbringt, bleibt logischerweise weniger Zeit für andere Erfahrungen: spielen und toben, draußen sein, lesen, Musik machen, Sport, sich mit Freunden treffen, sich auch mal langweilen – eben alles, was zur Kindheit und Jugend gehört. TikTok, Instagram und Co. arbeiten so, dass immer etwas Interessantes vorgeschlagen wird und es richtig Spaß macht. Das Problem ist: Das macht süchtig. Und es stört die gesunde Entwicklung des Gehirns. Vielfältige Erfahrungen in der »echten Welt« sind nämlich wichtig. Auch das Selbstwertgefühl leidet durch die ausgiebige Nutzung von Social Media.
DEIN SPIEGEL: Wieso denn das?
Eipper: Das Selbstwertgefühl ist angreifbar, vor allem in der Pubertät. Man entwickelt gerade die eigene Persönlichkeit, sucht nach Vorbildern. Social-Media-Kanäle fordern regelrecht dazu auf, sich auf das eigene Aussehen, die Selbstdarstellung, die Wahrnehmung durch andere zu konzentrieren. Likes und Follower sind die Währung der Anerkennung. Filter, die einen hübscher und besser wirken lassen sollen, damit man mehr Likes bekommt, verzerren die Realität. Es gibt noch viel mehr Probleme, etwa Cybermobbing. Und den mangelnden Jugendschutz.
DEIN SPIEGEL: Inwiefern werden Jugendliche nicht genug geschützt?
Eipper: Jugendschutz funktioniert im Moment online einfach nicht. Entweder gibt es gar keine Hürden, oder sie sind superleicht zu umgehen. Jedes Kind mit Smartphone kommt irgendwann in Kontakt mit absolut unpassenden Inhalten, etwa Kriegsbildern, die man so nie in den Nachrichten sehen würde – weil sie zu grauenhaft sind. Und es gibt Fake News ohne Ende. Es gibt auch Menschen, die Kinder im Internet belästigen. Sie benutzen dafür eigentlich ganz harmlose Spiele wie »Quizduell«. Cyber-Grooming nennt man es, wenn Erwachsene Kinder anschreiben, sich mit ihnen »anfreunden« wollen, sie dazu auffordern, Nacktbilder von sich zu schicken – und sich sogar in der realen Welt mit ihnen treffen wollen.

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Wer wann wie lange das Handy benutzen darf, sorgt in Familien für Dauerstress. Nun kommt Bewegung in das Thema. Immer mehr Schulen verbieten Smartphones konsequent. Warum so entschieden wird und wie die Schülerinnen und Schüler das finden, steht in DEIN SPIEGEL, dem Nachrichten-Magazin für Kinder. Außerdem im Heft: Was die neue Regierung für Pläne hat. DEIN SPIEGEL gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:
DEIN SPIEGEL: Viele Kinder bekommen trotzdem mit dem Schulwechsel nach der vierten Klasse ein Smartphone.
Eipper: Stimmt. Mittlerweile oft leider schon früher. Viele Eltern hoffen, dass ihr Kind dadurch selbstverständlich lernt, mit der modernen Technik umzugehen. Und andere fürchten, dass ihr Kind ausgeschlossen wird, wenn alle anderen ein Smartphone haben dürfen.
DEIN SPIEGEL: Was also tun?
Eipper: Viel mehr Leute müssen verstehen, dass Smartphones nicht in Kinderhände gehören, vor allem nicht unbegleitet. Dafür setzen wir uns bei »Smarter Start ab 14« ein. Verbote sind vielleicht anfangs unbequem, aber oft sinnvoll: Keiner regt sich darüber auf, dass Kinder weder Auto fahren noch Alkohol kaufen dürfen. Niemand will besprechen, ob es nicht vielleicht doch gut wäre, diese Dinge jüngeren Menschen zu erlauben. Im Prinzip benötigen wir eine ähnliche Regelung für Smartphones und Social Media.
DEIN SPIEGEL: Und das kann funktionieren?
Eipper: Natürlich! In Australien etwa hat man beschlossen, Social Media erst ab 16 Jahren zu erlauben. Jetzt müssen die Gerätehersteller dort jugendgerechte Smartphones bauen. Die technischen Möglichkeiten dafür gibt es – Handys, die zum Beispiel per Fingerabdruck und Gesichtserkennung »verstehen«, wie alt der Benutzer gerade ist. So etwas brauchen wir auch!
Dieses Interview erschien in DEIN SPIEGEL 7/2025.

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