Ski alpin in Sölden: Marco Odermatt gewinnt Rennen im Nebel, Antom Grammel wird bester Deutscher

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 kaum Sicht

Österreicher Schwarz: kaum Sicht

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Alessandro Trovati / AP

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Mahnung vom Boss: Die vergangene Saison verlief enttäuschend für den Deutschen Skiverband. Während bei den Frauen zumindest Emma Aicher und Lena Dürr für Podestplätze und Siege sorgten, sprang bei den Männern außer Slalom-Bronze bei der WM durch Linus Straßer nichts heraus. »Damit können wir nicht zufrieden sein«, schimpfte Alpindirektor Wolfgang Maier vor dem Saisonauftakt. Er verlangt »mehr Eigenverantwortung« von seinen Sportlern, ansonsten werde der Weg in die absolute Weltspitze immer weiter.

Ordentlich draufgepackt: Einer, der sich das offensichtlich zu Herzen genommen hat, ist Anton Grammel. Am Tag nach dem letzten Rennen ging er in den Kraftraum, und so wie der Rennanzug mittlerweile am Oberkörper spannt, hat er ihn auch lange nicht verlassen. »Rund zehn Kilo« Muskelmasse habe er draufgepackt, Männertrainer Christian Schwaiger meint: »Da untertreibt er.« Auf jeden Fall wirkt Grammel, in der Vorsaison schon immer wieder mit ansprechenden Läufen, nun deutlich besser gewappnet für die extremen Kräfte, die während eines Skirennens am Körper zerren. In Sölden belegte er nach einem starken ersten und einem durchwachsenen zweiten Durchgang Platz elf.

 Skifahrer Grammel nach Durchgang zwei

Zehn Kilo mehr und trotzdem sauer: Skifahrer Grammel nach Durchgang zwei

Foto: Gian Ehrenzeller / EPA

Ergebnis: Gewonnen hat den Riesenslalom, wie sollte es anders sein, Marco Odermatt. Der Schweizer Dominator mit dem Perfekter-Schwiegersohn-Lächeln zog einmal mehr eiskalt durch und zeigte keine Schwäche. Auf Platz zwei kam der Österreicher Marco Schwarz, Dritter wurde der Norweger Atle Lie McGrath. Grammel war auf Platz elf bester Deutscher, Fabian Gratz wurde 17., Jonas Stockinger belegte Rang 19. Alexander Schmid kam bei seinem Comeback auf Platz 27.

 artistisch und siegreich

Superstar Odermatt: artistisch und siegreich

Foto: Gian Ehrenzeller / EPA

Schneechaos: In den vergangenen Jahren geriet der Weltcupauftakt im Oktober in Sölden, zu Recht, immer weiter in Verruf. Die Gletscher verkümmern, oft lag neben der Piste gar kein Schnee, es sah aus, als fuhren die Athleten durch eine Mondlandschaft. Wenn sie denn fuhren, fielen doch immer wieder Rennen aus – Regen, Sonne, Wind, irgendwas war fast immer. Und in diesem Jahr? Arbeitete Frau Holle auf Hochtouren. Schon vor dem Rennen der Frauen am Samstag schneite es leicht, am Sonntag setzte dann heftiger Schneefall ein, dazu blies der Wind. Das Rennen wurde deshalb verkürzt und vom Reservestart oberhalb des Steilhangs begonnen. Es sah nach Winter aus, einfach war es für die Athleten aber nicht.

Der erste Durchgang: Denn auch die verkürzte Fahrt verlangte den Fahrern in Höhen von rund 3.000 Metern über dem Meeresspiegel einiges ab, nach nicht mal einer Minute Fahrtzeit kamen einer nach dem anderen vollkommen ausgepumpt im Ziel an. Schnellster des ersten Durchgangs? Natürlich der Schweizer Seriensieger Odermatt, dicht gefolgt vom Österreicher Schwarz, der so gerne auch mal den Gesamtweltcup gewinnen möchte, aber so oft verletzt ist. Auch vier Deutsche schafften es ins Finale, neben Grammel Stockinger als 19., der danach meinte: »Ich habe maximal zehn Meter weit gesehen.« Auch Gratz und Schmid schafften den Sprung unter die besten 30. Straßer, unterwegs auf Ski eines neuen Ausrüsters, verpasste das Finale.

Endlich fit bleiben: Vor allem für Schmid war das Erreichen des zweiten Durchgangs eine kleine Erlösung. Der Allgäuer wurde 2023 Weltmeister im Parallel-Riesenslalom, dann riss er sich wenige Wochen später das Kreuzband, kämpfte sich zurück, dann riss im Dezember 2024 dasselbe Kreuzband erneut. Es sind Verletzungen, die einem Skiprofi die Karriere kosten könnten. Doch Schmid schuftete sich erneut zurück, in Sölden gab er sein Comeback. Er fährt nun noch nicht wie der alte Schmid, aber immerhin ist er wieder konkurrenzfähig. Und bis zu den Olympischen Spielen im Februar sind ja noch ein paar Wochen, um wieder in Topform zu kommen.

Kurz vor Abbruch: Eigentlich hätte es um 13 Uhr mit Durchgang Nummer zwei weitergehen sollen, aber aus dem leichten Oktoberschnee wurden dicke Januarflocken. Und so legte die Jury den Start nach hinten, tagte mehrfach, überlegte, ob ein Rennen überhaupt noch möglich ist. Ein Abbruch wäre bitter gewesen, kein Fahrer hätte dann Weltcuppunkte erhalten. Also rutschten zahlreiche Helfer die von einer dicken Schneeschicht bedeckte Piste frei, unten schaufelte das Bundesheer, und irgendwann kam die Nachricht: Es geht weiter. Bitter: Viele Zuschauer waren in der Zwischenzeit schon ins Tal gefahren.

 Nebel und Schneefall machten es den Fahrern schwer

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Nebel und Schneefall machten es den Fahrern schwer

Foto: Anna Szilagyi / EPA

Der zweite Durchgang: Das Finale zogen die Veranstalter dann im Eiltempo durch, ein Sturm kündigte sich an. Kaum war ein Fahrer im Ziel, fuhr der Nächste oben los, die üblichen Pausen entfielen. Am Ergebnis änderte sich aber ohnehin nicht viel, Odermatt fuhr seine Führung nach Hause, Schwarz behielt Platz zwei. Nur McGrath gelang ein Satz, er fuhr von Rang sieben auf drei. Ebenfalls stark war Gratz, der zehn Plätze gut machte und am Ende 17. wurde. Dennoch: Von der Weltspitze sind die deutschen Spitzenfahrer noch ein gutes Stück entfernt.

 Starke Aufholjagd

Deutscher Fahrer Gratz: Starke Aufholjagd

Foto: Gian Ehrenzeller / EPA

Auch mal Danke sagen: Nach dem Rennen lobten die Fahrer die Organisatoren für ihre Entscheidung zu warten und dann das Rennen durchzuziehen. Gefährlich sei es nicht gewesen, da waren sich alle einig, die Piste sei griffig gewesen, die Sicht ausreichend. Durch eine sehr eckige Kurssetzung bauten die Athleten auch nur wenig Tempo auf. »Es war ein Kampf«, gab Odermatt zu. Aber ein beherrschbarer.

So geht’s weiter: Jetzt ist erst einmal Pause, so ist das eben, wenn man die Skisaison im Oktober beginnt. Man muss so ehrlich sein: Dieser frühe Saisonstart ist primär eine Maßnahme, um den Tourismus anzukurbeln, die TV-Zuschauer sollen daran erinnert werden, dass sie womöglich neue Ski brauchen oder einen Skiurlaub in Tirol buchen wollen. Die Profis sind dann Mitte November im finnischen Levi wieder im Einsatz, dort stehen Slaloms für Männer und Frauen an. Ehe es zurückgeht ins Ötztal, im Söldener Nachbarort Gurgl steigen ebenfalls Slalomrennen.

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