Die Ernte von Haselnüssen ist in Italien so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Nach Einschätzung der großen Landwirtschaftsverbände wurden nur noch etwa 70.000 Tonnen eingebracht – halb so viel wie im Durchschnitt voriger Jahre.
Das dürfte auch Auswirkungen auf die Frühstückstische in Deutschland haben: Haselnüsse (auf Italienisch: nocciole) sind eine der wichtigsten Zutaten für Brotaufstriche wie Nutella. Ursula Schockemöhle von der Agrarmarktinformations-Gesellschaft (AMI) sagt: »Für die Industrie wird die Produktion von Haselnuss-Erzeugnissen auf alle Fälle teurer. Das wird sich voraussichtlich auch in den Verbraucherpreisen niederschlagen.«
Für Nutella – eine der bekanntesten Marken aus Italien überhaupt – ist die schlechte Ernte ein Problem. Pro Jahr stellt Ferrero von dem Nuss-Nugat-Aufstrich etwa 500.000 Tonnen her. Die Deutschen gehören zu den treuesten Kunden weltweit.
Allerdings versorgt sich der Konzern längst auch außerhalb der Heimat mit Nüssen, vor allem in der Türkei, dem weltweit wichtigsten Produzenten. Nur ist auch dort die Ernte dieses Jahr schlechter ausgefallen, insbesondere wegen Frostschäden.
Ferrero selbst schweigt, ob das alles Auswirkungen auf den Ladenpreis von Nutella haben wird. »Wir geben keine Auskunft zur Preisgestaltung«, heißt es auf Anfrage. In der Regel werden in der Lebensmittelbranche höhere Rohstoffpreise jedoch an die Kunden weitergegeben, wenn auch mit etwas Verzögerung.
AMI-Expertin Schockemöhle erwartet bei Nutella kleinere Aufschläge als bei unverarbeiteten Haselnusskernen. Das liegt auch daran, dass der Branchenführer verhältnismäßig wenig Nüsse verwendet: In Nutella sind es laut Etikett 13 Prozent. Andere Hersteller verweisen darauf, dass bei ihnen der Aufstrich aus deutlich mehr Haselnüssen besteht. Bei der ostdeutschen Traditionsmarke Nudossi beträgt der Anteil demnach 36 Prozent. Bei der italienischen Edelmarke Baratti & Milano sind es sogar 51 Prozent.
Generell sind Haselnuss-Produkte nach einer Auswertung der Vergleichs-App Smhaggle in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden: Für 450 Gramm Nutella müssen inzwischen 3,79 Euro gezahlt werden – 27 Prozent mehr als 2022. Erst im Mai stieg der Preis wieder um 30 Cent. Die Konkurrenz von Nusspli verteuerte sich sogar um 37 Prozent. Auch für Nuss-Schokolade muss man jetzt schon tiefer in die Tasche greifen: Die Tafel Ritter Sport Voll-Nuss kostet aktuell 2,29 Euro – eine Steigerung um 65 Prozent.
Als Gründe für die schlechte Ernte in Italien gelten vor allem der Klimawandel mit einem milden Winter, starkem Regen im Frühling und Dürre im Sommer sowie ein Schädling: die Haselnusswanze. Der Branchenverband Confagricoltura warnt: »Die nationale Haselnussproduktion ist in freiem Fall.«
Auch Italiens Bauernverband CIA spricht von einem »weiteren schwarzen Jahr« – dem dritten in Folge. Vergangenes Jahr waren es 85.000 Tonnen Haselnüsse, 2023 noch 102.000 Tonnen. Schätzungen zufolge hängen in Italien mehr als 30.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Produktion ab.
Nicht nur die Ernte fällt geringer aus, auch die Qualität ist oft schlechter. Im Piemont – der wichtigsten Anbauregion im Norden, wo auch der Nutella-Mutterkonzern Ferrero seinen Sitz hat – fallen Haselnüsse jetzt häufiger von den Sträuchern, noch bevor sie reif sind. In anderen Regionen wie dem Latium rund um Rom sowie in Kampanien und auf Sizilien ist es nicht besser. Umweltschützer kritisieren schon länger, dass in Italien ganze Landstriche durch Haselnuss-Monokulturen veröden.
Möglich wäre nach Expertenmeinung, dass sich die Hersteller künftig ihre Nüsse in anderen Ländern besorgen. »Für den Einzelhandel in Deutschland sind die für türkische und italienische Haselnüsse aufgerufenen Preise zu hoch«, sagt AMI-Expertin Schockemöhle. Möglich seien Importe aus den USA, wo die Ernte gut ausgefallen sei. Zudem sei denkbar, dass bald auch China als Lieferland in Erscheinung tritt: Walnüsse aus der Volksrepublik gibt es im deutschen Discounthandel bereits.

vor 4 Stunden
1










English (US) ·