Schlaganfall-Reha mit Hightech: Deutsches Neuroimplantat erstmals eingesetzt

vor 1 Tag 2

Mithilfe eines Hirnimplantats aus deutscher Entwicklung testet die amerikanische University of Washington School of Medicine ein Verfahren, das Schlaganfallpatienten mehr Bewegungsfähigkeit zurückgeben soll. Ende Juli haben Ärzte die vom Freiburger Unternehmen Cortec entwickelte Hirn-Computer-Schnittstelle (kurz BCI, Brain-computer interface) erstmals bei einem Menschen eingesetzt. Der Patient ist ein 52-jähriger Mann, der laut Universität nach mehreren Schlaganfällen einseitig starke Bewegungseinschränkungen in Arm und Bein hat.

Das Implantat-System mit der Bezeichnnung "Brain Interchange" soll die motorischen Funktionen der oberen Gliedmaßen von Schlaganfallpatienten unterstützen, indem es die Entstehung neuer Verknüpfungen im Gehirn fördert. Dazu soll das Implantat elektrische Impulse senden, während ein Patient gezielte Übungen ausführt. Die Forscher versprechen sich davon einen größeren Heilungseffekt der Rehabilitationsmaßnahmen.

Wie die Forscher erläutern, sind Teile der Hirnrinde für die bewusste Muskelbewegung zuständig. Sterben Areale infolge einer Sauerstoffunterversorgung durch einen Schlaganfall ab, kann das bis zum Verlust der Bewegungsfähigkeit bestimmter Körperteile führen. Haben jedoch ausreichend große Hirnbereiche den Schlaganfall überstanden und sind in Verbindung zu anderen Arealen geblieben, können sie die bestehenden Verbindungen stärken und neue bilden.

Rehabilitationsübungen regen das Gehirn an, das beschädigte Netzwerk zu reparieren, auch indem gesunde Regionen des Gehirns Aufgaben des Bewegungsapparates übernehmen. Hier soll das Implantat unterstützen: Während der Patient bestimmte Bewegungen ausführt, regt das Gerät mit elektrischen Impulsen die Neuronen an, gemeinsam elektrische Signale zu senden. Dieses gemeinsame Feuern der Neuronen soll die Verbindungen zwischen den überlebenden Regionen stärken.

Das Timing ist bei der Methode entscheidend, erklärt Neurochirurg Jeffrey Ojemann von der Universität Washington. "Wir möchten die Neuronen aktivieren, wenn das Gehirn gerade etwas tut, das man verbessern möchte."

Das Implantat besteht aus zwei dünnen Silikonfolien, in die Elektroden eingebettet sind. Ärzte platzieren die Folien auf der Oberfläche des Gehirns über dem vom Schlaganfall betroffenen Bereich. Das implantierte System soll kontinuierlich die Gehirnaktivität aufzeichnen, die Signale interpretieren und in Echtzeit gezielt elektrische Impulse abgeben, um die Lernfähigkeit des Gehirns zu fördern. Laut Cortec kommuniziert das Implantat während der Physiotherapie drahtlos mit einem Laborcomputer.

Die Universität plant, in der ersten Studie vier Patienten auf diese Weise zu behandeln. In einer Folge-Studie sollen es acht sein. Cortec prognostiziert, dass sich ihre Brain-Interchange-Technologie an verschiedene neurologische Erkrankungen anpassen lässt.

Eine allgemeine Bekanntheit haben Brain-Computer-Interfaces durch Elon Musks Medizintechnik-Unternehmen Neuralink erlangt. Das Unternehmen verfolgt mit der Technologie aber einen anderen Ansatz, als die Studie für Schlaganfallpatienten. Mit den Implantaten von Neuralink sollen Menschen etwa Computer per Gedanken steuern können.

(dgi)

Gesamten Artikel lesen