Saragossa: Tipps für den perfekten Städtetrip

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Diese Stadt kann sich sehen lassen. Vor allem abends, wenn die Strahlen der untergehenden Sonne ihre Palastfassaden und Türme in goldenes Licht tauchen und das Wasser des Ebros zum Spiegeln bringt. 2000 Jahre Geschichte, die sich am Ufer des längsten Flusses Spaniens auf kleinem Raum zusammengefunden hat, Bauwerke der Römer, der Mauren und der christlichen Spanier, die hier zwei der imposantesten Kathedralen des Landes errichtet haben. Dazu unzählige Brücken, die den Strom überqueren und ausgedehnte Spaziergänge an beiden Uferseiten ermöglichen.

Das Beste daran: Man kann Saragossa genießen. Denn obwohl die mittlerweile viertgrößte Stadt Spaniens sicherlich keine Unbekannte ist, ist sie längst nicht so überlaufen wie andere spanische Metropolen und konnte ihren Mix aus entspanntem Lebensstil, Weltoffenheit und Traditionsbewusstsein bewahren.

Die Designerin: Geschichte, Kunst und Kultur

 Ihr Handwerk ist unter anderem vom maurischen Palast der Stadt inspiriert.

Julia Pla Pellicer vor Notizbüchern: Ihr Handwerk ist unter anderem vom maurischen Palast der Stadt inspiriert.

Foto: Alexandra Frank / DER SPIEGEL

Julia Pla Pellicer betreibt ein Werkstattatelier  im Herzen der Altstadt. Vorn reihen auf hölzernen Regalen handgefertigte Notizbücher, Holzleuchten und mehrschichtige Lesezeichen, die mit Licht und Schatten spielen. Weiter hinten ist die Werkstatt der 38-Jährigen untergebracht, in der sie ihre filigranen Holzarbeiten fertigt. Inspiration findet die Designerin vor der eigenen Haustür. Sie greift mit ihren Werken das Dekor bekannter Kulturdenkmäler in der Umgebung auf.

»Ich liebe Saragossa, weil die Stadt mit knapp 800.000 Einwohnern genau die richtige Größe hat: nicht so riesig und stressig wie andere Großstädte, aber auch nicht so klein, dass sie einen langweilt. Der Ebro, der größte Fluss Spaniens, durchquert die Stadt und teilt sie in zwei Hälften. Ich wohne nördlich des Flusses, im Viertel Arrabal, in der Nähe des Tío-Jorge-Parks.  Das ist für mich Luxus: perfekt für Sport, Spaziergänge, Konzerte und kulturelle Aktivitäten, die von der Nachbarschaftsvereinigung organisiert werden. Und schön für Familien, denn es gibt zwei Spielplätze.

Arbeiten gehe ich aber am gegenüberliegenden Ufer, in der Altstadt, in einer ruhigen Gasse, die die Einkaufsstraße Calle Alfonso mit der Plaza Santa Cruz verbindet. Der morgendliche Spaziergang dorthin ist einer meiner Lieblingsmomente des Tages. Zusammen mit meinem Hund Lola überquere ich die Puente de Piedra, die älteste Brücke Saragossas, und genieße den Blick über den Ebro. Von hier aus hat man eine wahre Postkartenansicht auf unsere beiden Kathedralen , die La Seo und die Basilika de Nuestra Señora del Pilar, die ein Deckengemälde von Francisco de Goya beherbergt. Der berühmte Maler wurde in der Nähe von Saragossa geboren. Daneben liegt die Lonja, ein wunderschöner Renaissancebau, wo sich einstmals Händler trafen und heute wechselnde Ausstellungen stattfinden. Wir überqueren die Plaza del Pilar mit dem Goya-Denkmal, und schon ist es nur noch ein Katzensprung zu meinem Werkstattatelier.

Dort entwerfe und fertige ich Notizbücher, Lesezeichen und Holzleuchten, die von besonderen Orten der Stadt inspiriert sind. Mein Favorit unter ihnen ist die Aljafería, ein beeindruckender maurischer Palast aus dem 11. Jahrhundert, der ein echtes architektonisches Juwel ist. Derzeit ist dort auch die Goya-Sammlung der Stadt zu sehen. Neben Motiven aus der maurischen Zeit greife ich in meinen Werken auch die typischen filigranen Muster der Mudéjar-Architektur auf, ein Stil, der christliche, jüdische und muslimische Baukunst vereint. Besonders mag ich die Mudéjar-Türme der La Seo, der ersten christlichen Kathedrale unserer Stadt, die aus einer ehemaligen Moschee hervorging, oder der Kirche La Magdalena aus dem 14. Jahrhundert. Diese Orte haben für mich eine ganz besondere Bedeutung.

Überhaupt ist Saragossa ein Ort voller Geschichte. Der römische Name der Stadt war Caesaraugusta, sie wurde von Caesar Augustus als Kolonie Roms gegründet. Deshalb ist es für mich auch ein Muss, die Route der römischen Museen  (›Ruta de Caesaraugusta‹) zu besuchen, die vier verschiedene Stätten jener Zeit umfasst, etwa das Römische Theater, das einst 6000 Zuschauern Platz bot.

Wer besondere Mitbringsel sucht, sollte dem Zentrum der Vereinigung der Kunsthandwerker von Aragonien einen Besuch abstatten, sie betreibt den Laden Cada  mit Produkten, die von den Handwerkern der Region hergestellt werden, dort finden auch Workshops und Ausstellungen statt. Oder man schaut im Black Monkey  am linken Ufer oder im JueveShop  in der Altstadt am rechten Ufer vorbei.

Gut essen und trinken kann man in ganz Saragossa. In meiner Mittagspause nehme ich gern einen Kaffee im Gran Café de Zaragoza in der Calle Alfonso, mit Blick auf die Basilika. Wenn man etwas Ruhigeres sucht, liegt auf der linken Uferseite das Matisse auf dem Paseo de la Ribera. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Puente de Piedra und die Kirchen der Altstadt. Oder man legt einen Stopp im Pistacho Café in der Calle San Juan de la Peña ein.

Nach dem Kaffee kann man zu einem Spaziergang am rechten Flussufer aufbrechen, auf einem etwa 15 Kilometer langen Wanderweg durchs Alfranca-Naturreservat , los geht es am Club Náutico.«

Die Gastronomin: Eine kulinarische Route durch die Stadt

 In ihrem Restaurant sind Essen und Räume ein Hingucker

Susana Casanova: In ihrem Restaurant sind Essen und Räume ein Hingucker

Foto: Alexandra Frank / DER SPIEGEL

Saragossa wurde kürzlich zur »Welthauptstadt der Grenache« ernannt. Und natürlich wird die Rotweinsorte auch im Restaurant »La Clandestina« ausgeschenkt, das von Susana Casanova und ihrem Mann Fernando Solanilla betrieben wird. Bevor sie das Bistro eröffneten, haben die beiden die Welt bereist und lassen Inspirationen aus Thailand, Japan und Mexiko in ihre Küche einfließen. Ihre kulinarischen Kreationen wurden schon mehrfach prämiert, unter anderem 2003 als »Bestes Tapa Spaniens «. Das Essen ist hier genauso ein Hingucker wie das Lokal selbst: Riesige, kirschrote Lippen zieren die Wand und machen es zu einem beliebten Instagram-Motiv.

»Ich bin ein echter Genussmensch – privat und beruflich – und deshalb in Saragossa richtig aufgehoben. Nachmittags, wenn ich eine Pause einlege und spazieren gehe, muss ich nur um den Block gehen, um an hervorragenden Geschäften, Restaurants und Cafés vorbeizukommen. Zum Beispiel an der Alacena de Aragón , einem Delikatessengeschäft, wo man einen guten Eindruck über die kulinarische Vielfalt der Region Aragoniens bekommt: Schafkäse und Schinken aus Teruel, Würste aus Graus, Wein aus Huesca, Senf aus Monzón. Hier kaufe ich gern neue Produkte und probiere sie aus, um zu entscheiden, ob ich sie auch in unserem Restaurant einsetze. Und für Stadtbesucher der perfekte Ort, um ein kulinarisches Mitbringsel zu erstehen.

Auf der gleichen Straße wie das Delikatessengeschäft liegt auch die Chocolaterie Capricho , wo Schokoholiker wie ich echt die Qual der Wahl haben. Der Chocolatier Luis und seine Frau Ana haben mehr als 130 verschiedene Leckereien im Angebot: Pralinen, gefüllt mit Garnacha-Weingelee und süßem Jamaica-Pfeffer; Trüffelschokoladen mit Wermut; Karamell-Cookies mit Salz aus dem Ebro-Delta. Mein persönlicher Favorit: ›Palmera de Chocolate‹, ein Gebäck aus Blätterteig, überzogen mit dunkler Schokolade.

Weiter geht es zum Restaurant eines befreundeten Gastronomen-Ehepaars, das Restaurante Goralai . Hier wechselt die Speisekarte regelmäßig, denn die Betreiber legen Wert auf saisonale, lokale Produkte, die mit viel Liebe zum Detail serviert werden. Dabei sitzen ihre Gäste im historischen Ambiente, der überdachte Innenhof des Renaissancebaus ist von Säulen aus dem 16. Jahrhundert gerahmt.

Die gleiche Kombi aus Geschichte und Feinschmecker-Mekka findet man auch ein Stückchen weiter noch mal, an der belebten Plaza de San Filipe mit seiner gleichnamigen Kirche und dem Gourmetgeschäft Montal  vis-à-vis.

Wer das Weindepot von Montal betritt, ganz hinten im Laden, weiß gar nicht, wohin er zuerst blicken soll: auf das stattliche Sortiment hervorragender Weine, die sich in dunkelgrünen Regalen rund um den zweistöckigen, überdachten Innenhof reihen. Oder auf die historische Balustrade weiter oben, wo das hauseigene Restaurant untergebracht ist. Komplimentiert wird der Dreiklang aus Restaurant, Weinhandlung und Delikatessen von einem kleinen Bistro im vorderen Teil des Ladens, perfekt für einen kurzen Snack zwischendurch.

Weiter geht es zum Mercado Central , wo sich Selbstverpfleger mit frischen Zutaten wie Gemüse, Fleisch, Käse oder Fisch eindecken können. Den Einkauf kann man mit einer kleinen Sightseeing-Tour verbinden. Das lichte Marktgebäude selbst wurde zwischen 1895 und 1903 von dem aragonischen Architekten Félix Navarro im Modernisme-Stil errichtet, einer Variante des Jugendstils. Gleich neben der Halle passiert man die Reste der römischen Stadtmauer und eine Skulptur von Kaiser Caesar Augustus.

Auf dem Rückweg zu meinem Restaurant gibt es noch einen weiteren Ort, an dem ich häufig einen Stopp einlege. Denn neben Schokolade habe ich noch eine zweite große Leidenschaft: Eis. Die leckersten Sorten gibt es im Eiscafé Helados Tortosa . Man darf sich vom modernen Interieur nicht täuschen lassen, hier werden schon seit 1935 kühle Köstlichkeiten über den Tresen gereicht, bei gutem Wetter reicht die Schlange der Wartenden einmal um die Ecke herum. Ich mag es gern klassisch und bestelle meist Schoko oder Joghurteis mit Amarenakirschen.

Wer selbst gern kocht, aber noch Inspiration sucht, kann einen Koch-Workshop in La Zarola  buchen. Hier zeigen verschiedene Köchinnen und Köche – manche sprechen sogar Deutsch –, wie man aus regionalen Zutaten ein leckeres Menü zubereitet. Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht!

Und last but not least ein Ausflugstipp, denn auch rings um Saragossa liegen tolle Orte für Genießer. Es gibt gleich mehrere bekannte Weinanbaugebiete, die nur einen Katzensprung entfernt liegen, etwa Calatayud, Cariñena oder Campo de Borja, wo vorwiegend die Rebsorte Garnacha angebaut wird.

Viele Landgüter bieten Weinproben und Verkostungen an. Und Schokoladenliebhabern kann ich nur einen Besuch des ehemaligen Zisterzienserklosters Monasterio de Piedra  aus dem 12. Jahrhundert ans Herz legen, wo die erste Schokolade Europas hergestellt wurde, nachdem der Eroberer Hernán Cortés Kakaobohnen aus der Neuen Welt hierher mitgebracht hatte. Heute ist die Anlage aber nicht nur für die Schokolade bekannt, die man im klostereigenen Laden kaufen kann, sondern vor allem für seinen weitläufigen Naturpark mit Wasserfällen, Grotten und Alleen. Ein schöner Ort für einen ausgedehnten Spaziergang.«

Der Bartender: Die besten Tipps zum Aus- und Rausgehen

 Ein Ort für Begegnungen

Borja Insa vor seiner Bar: Ein Ort für Begegnungen

Foto: Alexandra Frank / DER SPIEGEL

Wenn ein Cocktail in Saragossa, dann von Borja Insa, Inhaber der Moonlight Experimental Bar. Er hat einen Titel nach dem anderen eingeheimst, unter anderem wurde er 2024 zum Bartender des Jahres in Spanien gewählt. Die Stammkunden seiner zentral gelegenen Bar schätzen die Mischung aus Coolness und Wohnzimmeratmosphäre, wo man ruhig den Abend ausklingen oder den Start in die Nacht zelebrieren kann. Insa findet, dass persönliche Gespräche und das Miteinander eine gute Bar ausmachen. Er verrät, wohin er gern ausgeht und wie er an einem freien Tag seine Batterien wieder auflädt.

»Ich reise viel zu internationalen Messen, Branchentreffs und Wettbewerben, aber freue mich immer wieder, wenn ich in meine Heimatstadt zurückkehre, denn Saragossa hat einfach alles, um sich wohlzufühlen. Als Bartender bin ich natürlich ein Nachtmensch und selbst, wenn ich nicht arbeite, gehe ich gern aus. Viele meiner Kollegen kenne ich schon seit Kindertagen, ich würde sie nie als Konkurrenten ansehen.

Da ist zum Beispiel die El Federal Cocktail Bar  von meinem Freund Jorge, perfekt, um nach der Arbeit mexikanische Tapas und einen Tequila-Cocktail zu genießen. Zum Feiern gehe ich gern ins Taller Clandestino . Die Musik ist laut, denn das Publikum kommt her, um Spaß zu haben, und es gibt eine gute Auswahl an Drinks. Ich selbst mag es klassisch und bestelle meist einen Whisky Soda . Wer es gern elegant hat, ist in Gregory’s Cocktail Bar  gut aufgehoben. Bei einem Dry Martini kann man hier ›Sehen und Gesehen werden‹ spielen, denn das Viertel, in dem die Bar liegt, rund um die Plaza de Sitios, ist für schöne Geschäfte, gehobene Restaurants und coole Bars bekannt.

Aber auch in der Innenstadt, im Viertel El Casco, reihen sich Bars, Kneipen und kleine Clubs aneinander. Ich mag das Rock & Blues Café , wo es häufig Livemusik gibt oder auch das La Lata de Bombilla , eine kleine Kultbar mit Fokus auf Indie-Musik. Sie liegt gleich neben dem Goya-Museum, das zurzeit renoviert wird, und in direkter Nachbarschaft zu meiner Moonlight Experimental Bar .

So gern ich arbeite und ausgehe, manchmal benötige ich aber einfach Zeit allein, um meine Batterien aufzuladen. Das kann ich am besten in der Natur. Ich fahre zum Wandern in die Galachos de Juslibol , ein von Steilhängen umrahmtes Feuchtgebiet, das sich ein paar Kilometer flussaufwärts, nordwestlich von Saragossa, erstreckt. Ein Paradies für Vogel- und Naturliebhaber.

Ganz anders, aber ebenso hübsch, ist die größte Grünfläche unserer Stadt, der Parque Grande José Antonio Labordeta , eine gepflegte Parkanlage mit Brunnen, Pavillons, schattigen Alleen und einem botanischen Garten. Er liegt in der Nähe der Universität, und man kann ihn von der Innenstadt aus ganz bequem mit der Straßenbahn erreichen, um dort zu joggen, zu picknicken oder einfach zu flanieren. Ich verbinde einen Spaziergang dort auch manchmal mit einem Konzertbesuch, denn gleich neben der Grünanlage liegt das Auditorium von Saragossa .

Wenn ich nicht viel Zeit habe, aber mal durchatmen muss, gehe ich kurz zum Ebro runter, denn der Fluss wird von 20 Kilometern Parkanlagen gesäumt, zehn Kilometer auf jeder Uferseite. Läuft man gen Westen durch den Macanaz-Park passiert man den neu angelegten Granacha-Schaugarten mit seinen jungen Weinreben. Und ein Stück stadtauswärts liegt das ehemalige Expo-Gelände mit futuristischen Bauwerken wie dem Brücken-Pavillon  der Architektin Zara Hadid und dem großen Fluss-Aquarium , das vor allem bei Familien sehr beliebt ist.«

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