Der runderneuerte SV Sandhausen ist mit einer Niederlage in die Regionalliga-Saison gestartet. Der Präsident betont das Positive, auch Trainer Olaf Janßen ist vom Projekt überzeugt, wenngleich er auch nicht an klaren Worten spart.

Unterstützung aus dem Fanblock: In Sandhausen wurde über den Sommer "ein Feuer entfacht". IMAGO/foto2press
Nach der 1:2-Auftakt-Niederlage des SV Sandhausen gegen den FSV Frankfurt machten die Betroffenen gute Miene zum bösen Spiel. "Ich bin bis auf das Ergebnis zufrieden", sagte Jürgen Machmeier. Der Präsident ist nicht für seine Nachsicht bekannt. Die schöne Aufbruchstimmung will man sich nicht wegen eines Rückschlags verderben lassen. "Olaf Janßen hat ein Feuer entfacht. Damit hat er alle angesteckt", lobt Machmeier.
Es fühlte sich wie ein Wunder an, dass der renommierte Trainer nach erfolgreichen Jahren bei Viktoria Köln zum Absteiger aus der 3. Liga wechselte. Die Begründung entbehrt nicht einer gewissen Ironie. "Ich habe den Fußball-Zirkus satt. Von den 38 Vereinen der 2. und 3. Liga haben letzte Saison 26 ihre Trainer gefeuert. Sandhausen gibt mir die Möglichkeit zu einem besonderen Projekt. Das ist mir lieber als auf Schalke vor 60.000 Zuschauern auf der Bank zu sitzen", erklärte der 58-jährige Fußball-Lehrer.
Freilich, Janßen betritt keinen Hort der Beständigkeit. Seit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga im Jahr 2012 gaben sich am Hardtwald zwölf Trainer und über 200 Neuzugänge die Klinke in die Hand. "Jürgen Machmeier zieht aus seinen Fehlern die Lehre. Ich habe volles Vertrauen zu ihm", verrät Janßen.
Bei der Pressekonferenz nach dem ansehnlichen Regionalliga-Eröffnungsspiel vor 3000 Zuschauern bedankte sich der Trainer als Erstes für "die große Unterstützung" von Führung und Fans. "Das ist nach den Enttäuschungen der letzten Jahre nicht selbstverständlich." Janßen, der klug und kommunikativ ist, weiß aber auch, wo der Schmusekurs enden muss. "Ich will immer gewinnen. Ich könnte explodieren, es kann keiner erwarten, dass ich mit einem Grinsen da sitze", sagte er lächelnd. Die Kritik entschärfte er mit Humor. "Die Jungs dachten, sie können fliegen und jetzt stehen wir wie die Osterhasen da."
Anders als in den beiden Drittliga-Jahren ist diesmal das Wort Aufstieg tabu, doch eine vielversprechende Vorbereitung weckte Erwartungen. "In den Testspielen waren wir bei 70, gegen Frankfurt nur noch bei 50 Prozent. Wer so viele Fehler macht, verliert verdient", bedauerte der Trainer und beklagte, dass die Leichtigkeit gefehlt habe.
Die Mehrzahl der 23 Neuzugänge, die die 35 (!) Abgänge ersetzen sollen, sind erst am Anfang ihrer Karriere. Der Verein unternahm eine Kehrtwende um 180 Grad. "In den letzten Jahren hatten wir zu viele Profis, für die Sandhausen die letzte Ausfahrt war", sagt Machmeier.
Doch auch die neue Personalpolitik birgt Risiken. Ein Beispiel dafür ist ein 21-jähriger Spielmacher mit dem schönen Namen Luca Ramon de Meester de Tilbourg, den Janßen aus Köln mitbrachte. Er hat das Zeug zu einem ganz Großen, doch weil Fußball kein körperloses Spiel ist, muss man abwarten. "Im Kader sind einige, die ihr Talent bisher verschleudert haben", konstatiert Janßen.
Ob der SV Sandhausen seiner Rolle als Aufstiegs-Favorit gerecht wird, hängt davon ab, ob es dem Trainer gelingt, das Potenzial zu wecken. Kapitän Pascal Testroet ist zuversichtlich. Er meint: "Olaf Janßen ist ein Menschenfänger."
Wolfgang Brück