Russian Secrets: Russland schützt seine Atomwaffen offenbar mit westlicher Technologie

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Laut internationalen Recherchen nutzt Russland für den Schutz seiner Atomwaffen in der Arktis westliche Technik. Beschafft wurde sie offenbar über ein Firmennetzwerk.

Aktualisiert am 23. Oktober 2025, 8:23 Uhr Quelle: DIE ZEIT,

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 Laut internationalen Recherchen nutzt Russland westliche Technik, um sein Atomwaffenarsenal in der Arktis zu schützen.
Das Atom-U-Boot Krasnojarsk im arktischen Hafen von Sewerodwinsk: Laut internationalen Recherchen nutzt Russland westliche Technik, um sein Atomwaffenarsenal in der Arktis zu schützen. © Kirill Iodas/​AFP/​Getty Images

Russland schützt seine Atomwaffen in der Arktis offenbar mithilfe eines Unterwasserspähsystems, für das Technologie aus EU-Staaten und den USA beschafft wurde. Dies berichtet das internationale Rechercheprojekt Russian Secrets, an dem auch die deutschen Medien NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung beteiligt sind.

Sich auf Finanzunterlagen, Gerichtsdokumenten und Informationen aus Sicherheitskreisen stützend, zeigt die Recherche das Ausmaß des Firmennetzwerks, über das russische Geschäftsleute die westliche Technik beschafft haben. Demnach importierten die russischen Firmen mehr als zehn Jahre lang, bis mindestens Herbst 2024, Waren aus zehn europäischen Ländern sowie aus den USA, Kanada und Japan.

Spähsystem mit dem Projektnamen Harmonie

Im Zentrum dieses russischen Beschaffungsnetzwerks steht den Recherchen zufolge die Firma Mostrello Commercial Limited aus Zypern. Sie soll einem Geschäftsmann aus Moskau gehören, der im Bereich der Unterwassertechnik tätig ist. Mehrere ihm zuzuordnende Firmen sollen in der Vergangenheit mehrfach für das russische Militär und für russische Nachrichtendienste gearbeitet haben. Der Recherche zufolge haben Mostrello und mehrere Schwesterunternehmen seit 2013 sensible Unterwassertechnik und Forschungsschiffe im Wert von mehr als 50 Millionen US-Dollar erworben.

Unterlagen zufolge wurden die beschafften Güter nach Russland gebracht und sollen dort teilweise für den Bau eines Spähsystems mit dem Projektnamen Harmonie benutzt worden sein. Dabei soll es sich um ein Unterwassersensoriksystem in der Barentssee handeln, das westliche U-Boote aufspüren kann und damit das strategisch bedeutsame russische Atomwaffenarsenal in der Arktis schützen soll. Das Rechercheteam geht davon aus, dass das System Harmonie offenbar bogenförmig im Gewässer vor Murmansk, Nowaja Semlja und Alexandraland installiert ist. 

Technologiebeschaffung auch in Deutschland

Den Recherchen zufolge soll das zypriotische Unternehmen zusammen mit seinen Schwesterfirmen unter anderem in Norwegen Geräte beim staatlich kontrollierten Rüstungskonzern Kongsberg gekauft haben. Im Jahr 2014 soll zudem bei der britischen Firma Forum Energy Technologies Ltd. ein Unterwasserroboter vom Typ Mohican bestellt worden sein, der in Tiefen von bis zu 3.000 Metern arbeiten kann. 

Auch in Deutschland soll das Unternehmen demnach Technologie eingekauft haben. Laut den Recherchen erhielten die Norddeutschen Seekabelwerke (NSW) in Nordenham zwischen 2013 und 2019 rund 15 Millionen US-Dollar für Geschäfte mit Mostrello. Dazu gehörte die Lieferung von Telekommunikationskabeln. Zudem hat die Innomar GmbH aus Rostock den Unterlagen zufolge im Jahr 2015 ein leistungsstarkes Sonargerät an Mostrello geliefert. Neben Geräten und Kabeln habe das russisch-zypriotische Firmennetzwerk aber auch mehrere Spezialschiffe erworben, darunter die Aquarius und die Aurelia einer Bremer Reederei.

"Russland hat clevere Wege gefunden, unsere Sanktionen zu umgehen"

Die EU hat die Exportregeln für den Handel mit Russland seit dem Jahr 2014 mehrfach ausgeweitet. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gelten besonders strikte Regeln. Jedoch soll das Mostrello-Netzwerk laut den Recherchen auch nach Februar 2022 aus Deutschland beliefert worden sein.

Russland habe "äußerst raffinierte und clevere Wege gefunden, unsere Sanktionen zu umgehen", sagte der EU-Sanktionsbeauftragte David O'Sullivan im Interview mit dem ARD-Magazin Panorama. "Wir müssen genauso klug und entschlossen daran arbeiten, das zu verhindern, wie die Russen klug und entschlossen darin sind, es aufzusetzen", sagte der EU-Beauftragte in Bezug auf die Umgehung der Exportbeschränkungen.

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