Reuters Digital News Report: Rekord – mehr als zwei Drittel der Web-User meiden Nachrichten

vor 20 Stunden 2

Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen bewusst Nachrichten aus dem Weg gegangen wie in diesem Jahr. Das geht aus dem „Reuters Institute Digital News Report 2025“ hervor. In der Umfrage gaben 71 Prozent der erwachsenen Nutzer des Internets an, dass sie mindestens gelegentlich aktiv Nachrichten vermeiden. 2024 waren es noch 69 Prozent. Das wichtigste Motiv der Nachrichtenvermeidung stellen die negativen Auswirkungen der News auf die eigene Stimmung (48 Prozent) dar. 39 Prozent der Menschen, die Nachrichten vermeiden, geben an, dass zu viel über Kriege und Konflikte berichtet werde und sie die Menge der Nachrichten erschöpfe.

„Wenn Menschen sagen, sie vermeiden aktiv die Nachrichten, heißt das eben nicht, dass sie überhaupt keine Nachrichten mehr nutzen“, sagte Julia Behre, Mitverfasserin des Reports. „Im Gegenteil, es geht dabei eher um das selektive Vermeiden von bestimmten Nachrichtenthemen oder Nachrichtenquellen oder Nachrichten zu bestimmten Uhrzeiten.“

Zu viel über Kriege und Konflikte

Während Ältere ab 55 Jahren häufiger angeben, dass zu viel über Kriege und Konflikte berichtet werde (49 Prozent), sagen 18- bis 24-Jährige häufiger, sie seien von der Menge an Nachrichten erschöpft (43 Prozent), die Nachrichten schienen für ihr Leben nicht relevant und sie hätten das Gefühl, mit den Informationen nichts anfangen zu können (19 Prozent). Das allgemeine Interesse an Nachrichten blieb 2025 stabil. Wie im Vorjahr sagen 55 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland, sie seien überaus oder sehr interessiert an Nachrichten. Auch deren Reichweite bleibt auf hohem Niveau: 91 Prozent konsumieren mehr als einmal pro Woche Nachrichten (2024: 89 Prozent).

„Dieser Vermeidungsaspekt, wie wir ihn messen, sagt nichts zu genereller Nichtnutzung“, sagte der Koautor der Studie, Sascha Hölig. „Er drückt eher aus, dass Menschen auf ihr mentales Wohlbefinden achten. Das heißt, sie informieren sich schon über die Weltlage und die Lage in Deutschland und auch über die lokale Lage, aber eben nicht 20-mal am Tag, sondern lieber alle zwei Tage. Die meisten Menschen machen das aus reinem Selbstschutz.“ Um sich ein „bisschen wohler“ zu fühlen, wollten sie nicht ständig mit noch mehr Krieg, Bomben und neuen Angriffen und wieder Toten konfrontiert werden.

Der Report fragte auch die Einstellungen zu Künstlicher Intelligenz (KI) ab. Der Einsatz von KI im Journalismus wird überwiegend mit Skepsis betrachtet. 54 Prozent der Befragten fühlen sich bei Nachrichten, die hauptsächlich durch KI produziert wurden, eher oder sehr unwohl. Größer ist die Akzeptanz, wenn Nachrichten mithilfe von KI, aber hauptsächlich von Journalisten produziert werden (34 Prozent).

Seit 2012 untersucht das Reuters Institute in mittlerweile 48 Ländern die Nachrichtennutzung. Pro Land wurden 2025 rund 2000 Personen befragt. Die Feldarbeit in Deutschland führte das Institut Yougov durch. Es zog Stichproben, die für Internetnutzer ab 18 Jahren repräsentativ sind. Das Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) in Hamburg ist Kooperationspartner für die deutsche Teilstudie.

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