Deutschlands Steuern auf Tabakprodukte sind im europäischen Vergleich niedrig. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert nun eine Angleichung.
»Deutschland tut mit einem effizienten und teuren Gesundheitssystem alles dafür, Menschenleben zu retten«, heißt es in einem neuen Bericht über den Kampf gegen die Tabak- und Nikotin-Epidemie. »Da ist es erstaunlich, dass durch eine recht laxe Tabakkontrolle so viele Leben aufs Spiel gesetzt werden«, sagt Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung.
Weltweit gibt es 1,3 Milliarden Tabaknutzer und acht Millionen Menschen sterben nach Schätzungen jedes Jahr durch den Konsum.
Nach WHO-Empfehlungen soll die Steuer mindestens 75 Prozent des Preises von Tabakprodukten ausmachen. Das sei die effektivste Maßnahme, um den Konsum einzuschränken. Für Deutschland nennt sie ein Steuerniveau von durchschnittlich 61,4 Prozent. Rund 40 Länder weltweit lägen über 75 Prozent. In der WHO-Europa-Region mit 53 Ländern liegt Deutschland mit seinen Steuern im unteren Viertel, wie unter anderem auch Norwegen und die Schweiz.
Auch was den gesellschaftlichen Umgang mit Tabak und Nikotin betrifft, gehört Deutschland nicht zu den WHO-Musterschülern. Abgesehen von den Steuern reichen der WHO auch die Unterstützungsprogramme nicht, um Menschen zu helfen, von der Sucht loszukommen. Auch die Werbeverbote seien nicht rigoros genug. Vollends unzureichend findet die WHO die Rauchverbote in öffentlichen Räumen. 1,3 Millionen Menschen sterben weltweit durch Passivrauchen, deshalb sei es so wichtig, mehr gänzlich rauchfreie Räume zu schaffen.
Sorgen bereiten der WHO Tabakerhitzer oder elektronische Zigaretten. Die E-Zigaretten enthalten zwar keinen Tabak, aber damit werden in den meisten Fällen nikotinhaltige Flüssigkeiten verdampft, was auch süchtig macht. Es gebe noch keine Daten dazu, wie viele Menschen solche Produkte nutzen. Angesichts der darin enthaltenen schädlichen Substanzen empfiehlt die WHO ein umfassendes Verbot. Das existiere bislang in 42 Ländern mit zusammen 2,7 Milliarden Einwohnern.
Sie wirft der Industrie vor, mit Produkten, die teils Geschmacksrichtungen wie Gummibärchen oder Zuckerwatte haben, junge Menschen zu ködern, um sie süchtig zu machen und als langjährige Kunden zu gewinnen.