Das ging dann doch recht flott: Diese Woche hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ihren Vorhabensbericht in der Causa Benko abgegeben. In insgesamt zwölf Strängen ermittelt die Behörde gegen den Gründer des Signa-Konzerns, René Benko, der seit fünf Monaten in Untersuchungshaft sitzt, die am Donnerstag erneut verlängert wurde. Es geht um Betrug, Begünstigung, Untreue. Benko bestreitet die Vorwürfe, für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Das ist keine leere Floskel, denn in einem Rechtsstaat entscheiden Gerichte und nicht Gerüchte über Schuld und Unschuld. Durchaus umstritten waren jüngst Urteile gegen zwei frühere Superstars der heimischen Politik, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Natürlich kann man der Meinung sein, dass der Freispruch für Kurz und die Halbierung der Haftstrafe für Grasser ein Beispiel dafür sind, dass man „die Großen laufen lässt“, wie man in Österreich häufig behauptet. Aber man kann auch zur Ansicht gelangen, dass im Falle von Grasser die Strafe wegen der unerträglich langen Verfahrensdauer – fast 16 Jahre seit der ersten Anzeige – zu Recht reduziert wurde. Dass die Justiz lernfähig ist, zeigen die Ermittlungen in der Causa Benko, die nun rasch vorangetrieben werden. Allerdings wurde man in Österreich gegen den gern gesehenen Gast auf diversen Treffen der Wirtschafts- und Politprominenz erst tätig, als in Italien Hausdurchsuchungen vorgenommen wurden. Immerhin: Jetzt geht etwas voran.
Auch der Freispruch von Sebastian Kurz ist nachvollziehbar. Das Oberlandesgericht hat die Aussagen von Kurz vor dem Ibiza-U-Ausschuss genau analysiert und kam zum Ergebnis, dass man eine bewusste Falschaussage nicht herauslesen konnte. Das Gericht ließ aber keinen Zweifel daran, dass Kurz sehr wohl bestimmt hat, wer Aufsichtsratschef der Staatsholding werden sollte. Das war ein differenziertes Urteil und keine „Hexenjagd“, wie Kurz behauptet.
Seine fortgesetzten Angriffe gegen die Justiz, gegen ein „Netzwerk linker Staatsanwälte“, und sein Lamento, er habe dort Platz nehmen müssen, „wo sonst Mörder und Schwerverbrecher sitzen“, zeugen vom fragwürdigen Verständnis eines ehemaligen Bundeskanzlers, was ein Rechtsstaat ist. Allein das sollte ihn für politische Ämter disqualifizieren.
Seine Attacken haben aber vielmehr damit zu tun, dass die Ermittlungen in der Causa Inseratenkorruption noch nicht abgeschlossen sind. Dem Ex-Kanzler werden Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Es geht, laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, darum, dass Anzeigen in den Boulevardmedien Heute, Krone und Österreich geschaltet wurden mit dem Ziel, „wohlwollende Berichterstattung und die Abwehr von kritischen Berichten zu erkaufen“. Auf mehr als 5000 Seiten, so schildern es Kenner, sind die Ermittlungsakten inzwischen angewachsen. Sollte es zu einer Anklage kommen, dann würde dem in Österreich vorherrschenden System der Verhaberung, der allzu großen Nähe zwischen Politik und Medien, der Prozess gemacht werden. Darauf gründet auch der weitverbreitete Ruf Österreichs als Bananenrepublik. Als Staatsbürger kann man, anders als Kurz insinuiert, dem Rechtsstaat vertrauen und im Lichte der jüngsten Urteile feststellen: Lasst doch die Justiz arbeiten!
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