Olympische Spiele: Spitzensportagentur soll Deutschlands Medaillenproblem lösen

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Die deutsche Medaillenausbeute bei Olympischen Spielen? Ist seit Jahren rückläufig. Waren es 2012 in London noch 44 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, holten die Deutschen in Paris vergangenes Jahr nur noch 33. Im gleichen Zeitraum stieg der Förderetat der Bundesregierung jedoch von 240 Millionen auf 333 Millionen Euro an.

Seit Jahren werden sowohl aus der Sportwelt als auch von Politikern bürokratische Mittelvergabe und ineffiziente Strukturen als Ursache für die Entwicklung ausgemacht. Der Bund arbeitet schon lange an einem neuen Gesetz zur Sportförderung. Die Ampelkoalition hätte im vergangenen Jahr fast eines beschlossen, doch das Ende der Koalition aus SPD, Grünen und FDP verhinderte das.

Im Kern stand die Einrichtung einer Spitzensportagentur, die über die Mittelvergabe entscheiden sollte. Streit gab es um die Ausgestaltung und Gremienbesetzung: Der DOSB kritisierte zwischenzeitlich den Mangel an bürokratischem Abbau – zudem gab es Unstimmigkeiten über das Personal. Kurz gesagt: Wer sollte das Sagen haben in der Agentur – DOSB oder die Bundespolitik?

Bund hat das Sagen in der Sportagentur

Nun nimmt die Bundesregierung einen neuen Anlauf in Sachen Spitzensportagentur. In einem Referentenentwurf, der dem SPIEGEL vorliegt, wird die Frage nach dem Einfluss klar beantwortet: Die Agentur soll – wie bereits früher geplant – drei Gremien bekommen, einen Stiftungsrat, einen Sportfachbeirat und einen Vorstand.

Als wichtigstes Ziel gibt das Gesetz jetzt messbare Leistung aus. Bereits im ersten Paragrafen des Referentenentwurfs wird das deutlich. Dort heißt es: »Die erfolgreiche Vertretung Deutschlands bemisst sich insbesondere nach Medaillengewinnen und Finalplatzierungen bei Olympischen und Paralympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften sowie World Games und Deaflympics.«

DOSB nur in Beratungsgremium dominierend

Ganz sind gesellschaftsbezogene Ziele jedoch nicht verschwunden. Vor allem die Sichtbarkeit des Sports der Menschen mit geistigen Behinderungen solle gefördert werden. Die Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, Christiane Schenderlein, sagt aber: »Wir brauchen ein deutliches Bekenntnis zur Leistung im Spitzensport.«

Die Besetzung des Stiftungsrats sieht laut Gesetz wie folgt aus: drei Mitglieder des Bundestags, ein Mitglied des DOSB, ein Mitglied der Sportministerkonferenz der Länder.

Da der Stiftungsrat auch den Vorstand bestellt, der im Rahmen der Stiftungsrat-Beschlüsse eigenverantwortlich für Förderkonzepte und Gelderverteilung zuständig sein soll, ist klar, dass die Bundespolitik großen Einfluss haben wird.

Der DOSB hatte zuletzt immer auf die Autonomie des Sports gepocht, doch der Bundesrechnungshof hatte verlangt, dass die Verteilung der Steuergelder genauer kontrolliert wird. Sollte das Gesetz in der jetzigen Form kommen, würde der DOSB eine Menge Einfluss verlieren. »Dem DOSB ist der neue Referentenentwurf heute um 14:15 Uhr zugegangen. Wir werden erst eine Kommentierung vornehmen, wenn wir ausreichend Zeit hatten, ihn sorgfältig zu prüfen und inhaltlich zu bewerten«, hieß es in einer ersten Stellungnahme.

Der DOSB stellt laut dem Gesetzentwurf lediglich im dritten Gremium, dem Sportfachbeirat, der allerdings eine rein beratende Tätigkeit hat, mit sechs Personen die größte Mitgliedergruppe. Im Sportfachbeirat soll ein breites Spektrum des Sports vertreten sein: über die Athleten Deutschland, dem Institut für Sportwissenschaft, der Trainerakademie Köln bis hin zur Sportjugend sitzen hier viele unterschiedliche Interessenvertreter.

5,5 Millionen Euro für Personal bis 2031

»Uns ist allen sehr bewusst, dass unsere Änderungen im Gesetzentwurf zu intensiven Diskussionen – auch im organisierten Sport – führen werden. Mir ist die Klarheit in der Rollenverteilung der Gremien aber sehr wichtig«, sagt Staatsministerin Schenderlein: »Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die besten Entscheidungen zum Wohle des Spitzensports zu treffen.«

Das Gesetz legt auch fest, wer von den Bundesfördermitteln profitieren darf: Das sind unter anderem Spitzensportverbände, Individualsportlerinnen und -sportler, sportwissenschaftliche Projekte, Olympiastützpunkte sowie der Sportstättenbau. Auch internationale Sportgroßveranstaltungen sind förderungsfähig. Schenderlein betonte noch einmal, dass die Veranstaltung Olympischer und Paralympischer Spiele in Deutschland das große Ziel der Bundesregierung sei.

Der Einfluss der Agentur wird deutlich, wenn man einen Blick in die geplanten Zuständigkeiten wirft. Denn dort geht es ziemlich schnell in detaillierte Aufgaben wie die Ermittlung von Erfolgspotenzialen sowie Abschlüsse und Kontrolle von Zielvereinbarungen mit Verbänden, Festlegung der maximalen Anzahl der Bundeskader sowie die Steuerung des Stützpunktsystems. Die Agentur soll also nicht nur das Geld verteilen, sondern ist auch für zahlreiche strukturelle Aspekte zuständig.

Die Agentur soll 2027 starten und sukzessive ausgebaut werden. Bis 2031 sollen 53 Planstellen geschaffen werden, die Bundesregierung rechnet dann mit Personalausgaben in Höhe von 5.458.000 Euro, die Sachkosten sollen rund zwei Millionen Euro betragen.

Als Erstes muss das Gesetz jetzt aber durch die parlamentarischen Gremien wandern.

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