In der kommenden Woche soll Nvidia-Mitbegründer und CEO Jensen Huang zahlreiche Vertreter europäischer Regierungen treffen. Am Pfingstmontag eröffnet er die Konferenz "Tech Week" in London mit einem Gespräch mit der britischen Invesitionsminsterin Poppy Gustafsson. Am Dienstag folgt Nvidias eigene Veranstaltung GPU Technology Conference (GTC), die als Teil der Konferenz "Viva Technology" in Paris stattfindet. Beide Veranstaltungen werben schon länger mit Huang als Stargast.
Von Paris aus soll Huang nach Berlin weiterreisen, wie das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfahren haben will. Dort soll der Nvidia-Chef sich zu Gesprächen mit Bundeskanzler Friedrich Merz und Vizekanzler verabredet haben. Dabei, so der Bericht, soll es vor allem um Nvidias Beteiligung an der EU-Initiative "InvestAI" gehen. Im Rahmen dieser hat die Europäische Union ein Förderprogramm von 20 Milliarden Euro aufgelegt, um vier bis fünf KI-Rechenzentren in Europa zu errichten. Auch die neue Bundesregierung hat stärkeres Engagement für KI in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.
Zusammen mit privaten Beteiligungen soll die gesamte Investitionssumme für die "AI-Gigafactories" 200 Milliarden Euro erreichen. Die Anlagen dürften vorwiegend mit Nvidia-GPUs ausgestattet werden, für die es technisch derzeit kaum Alternativen gibt. Wie ebenfalls das Handelsblatt zuvor berichtete, sollen in Deutschland SAP, Deutsche Telekom, Ionos, die Schwarz-Gruppe und Siemens an den Projekten beteiligt sein.
EU als möglicher Ausgleich für China
Fraglich ist, wie viele der Beschleuniger Nvidia für die neuen Rechenzentren zur Verfügung stellen kann und will. Seit Jahren liegt der Bedarf an GPU-Rechenleistung konstant über dem, was Nvidia an Chips bei TSMC produzieren lassen kann. Zahlreiche CEOs von US-Techunternehmen sollen schon in privaten Gesprächen Jensen Huang um mehr Zuteilungen der raren GPUs gebeten haben. Im Gegensatz dazu könnten die jetzigen Verhandlungen mit der EU wohl transparenter ablaufen, wofür die öffentlichen Auftritte von Huang sprechen.
Nvidia kann es dabei im Prinzip egal sein, ob es mehr GPUs an US-Unternehmen oder europäische Kooperationen wie InvestAI verkauft. In den USA ist das Unternehmen vorerst von den Strafzöllen der Trump-Regierung ausgenommen, wie auch andere Hersteller von Halbleitern. Es gelten jedoch weiterhin Exportbeschränkungen für China, durch diese befürchtet Nvidia rechnerisch Milliardenverluste. Der Boom des Geschäfts mit GPUs für KI-Rechenzentren ist jedoch so groß, dass sich das in den Bilanzen des Unternehmens nicht auswirkt: In den letzten beiden Jahren hat sich der Quartalsumsatz der Datacenter-Sparte von Nvidia im Vergleich der Geschäftsjahre auf nun über 39 Milliarden US-Dollar mehr als vervierfacht.
(nie)