„Nur letztes Mittel“: Pistorius verteidigt seine Pläne für neuen Wehrdienst

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Vor dem am heutigen Freitag beginnenden SPD-Bundesparteitag in Berlin bekräftigt Verteidigungsminister Boris Pistorius entschlossen seinen Gesetzentwurf für einen neuen Wehrdienst. Zugleich machte er deutlich, dass er auf Freiwilligkeit und einen attraktiven Dienst setze, um motivierte und talentierte junge Menschen zu binden, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.

„Ich teile daher explizit nicht Forderungen aus der Union, die möglichst schnell auf die Wehrpflicht umstellen will“, sagte Pistorius. Dafür fehlten derzeit Kasernen und Übungsplätze, auch wenn nun mehr Infrastruktur gebaut werde als in den Jahren zuvor. Die Zahl der Freiwilligen werde zunächst auch ausreichen.

Pistorius benötigt Zustimmung des Bundestags

„Ich stelle mich aber auch gegen die Stimmen, die meinen, wir müssten jegliche Verpflichtung ausschließen“, sagte Pistorius. Wann eine verpflichtende Einberufung eingeführt werden müsse, lasse sich derzeit nicht seriös errechnen.

„Entscheidend ist: Der Mechanismus ist im Gesetz verankert“, sagte der Minister. „Dabei war mir von Anfang an wichtig, dass wir die Pflicht nicht leichtfertig einführen – und schon gar nicht im Alleingang. Der Gesetzentwurf sieht für einen solchen Schritt daher eine Zustimmung des Kabinetts und des Deutschen Bundestags vor.“

Er freue sich, dass diese Pläne „auf Zustimmung in der Fraktion und in der Partei treffen“. Pistorius sagte: „Klar ist auch, wir werden den Mechanismus nur als letztes Mittel nutzen. Um es klar zu sagen: Wenn wir mit einem freiwilligen Dienst für unsere Sicherheit sorgen können, dann wird es auch dabei bleiben.“

Die Union dringt auf eine baldige Entscheidung über einen verpflichtenden Wehrdienst, während SPD-Fraktionschef Matthias Miersch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ gesagt hatte: „Über eine Wehrpflicht kann man dann gegebenenfalls in der kommenden Legislaturperiode verhandeln, in dieser nicht.“

Die Wehrpflicht ist in Deutschland seit 2011 ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Sie kann mit einfacher Mehrheit der Regierungskoalition von Union und SPD wieder eingeführt werden. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD auf einen Wehrdienst verständigt, „der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“. Die Union dringt aber darauf, schnell zu entscheiden, ob die Aufstockung auf Grundlage der Freiwilligkeit möglich ist.

Präsentiert Pistorius Wehrdienst-Pläne vor Sommerpause?

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält es für wahrscheinlich, dass die Wiedereinführung einer Wehrpflicht in Deutschland nötig wird, um die geplante Vergrößerung Bundeswehr zu ermöglichen. „Wir werden wahrscheinlich (...) mit der gegenwärtigen Freiwilligkeit alleine nicht hinkommen, sondern zusätzliche Elemente einer Wehrpflicht brauchen“, sagte er am Montag beim Tag der Industrie in Berlin.

Das Verteidigungsministerium will Pläne für einen neuen Wehrdienst nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch vor der Sommerpause vorstellen. Angestrebt wird ein Verteidigungsumfang von 460.000 Männern und Frauen aus aktiver Truppe und Reserve.

Sollte die Zahl der Freiwilligen in den kommenden Jahren nicht ausreichen, behält sich das Ministerium vor, verpflichtend einzuberufen. Im Gesetzentwurf ist die Umstellung von Wehrdienst auf Wehrpflicht bereits angelegt.

Der Verteidigungsminister schätzt den Bedarf für die neuen Nato-Planungsziele insgesamt auf 50.000 bis 60.000 zusätzliche Soldaten. Derzeit dienen etwas mehr als 180.000 Frauen und Männer in der Bundeswehr. (dpa, lem)

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