„Niemand hat eine Notlage ausgerufen“: Merz sieht keinen deutschen Alleingang bei Grenzkontrollen

vor 8 Stunden 1

Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die verstärkten Grenzkontrollen nicht als deutschen Alleingang. Deutschland werde weiter zurückweisen, das sei im Einklang mit europäischem Recht. „Und darüber sind auch unsere europäischen Nachbarn vollumfänglich informiert. Es gibt hier keinen deutschen Alleingang“, sagte der CDU-Politiker bei einem Antrittsbesuch in Brüssel.

„Wir kontrollieren jetzt an den Grenzen intensiver. Wir kontrollieren in etwa so wie während der Fußballeuropameisterschaft im letzten Jahr“, sagte Merz in Brüssel. Zudem betonte er: „Es hat niemand in der Bundesregierung, auch ich persönlich, nicht eine Notlage ausgerufen.“

Bericht: Merz hat „nationale Notlage“ ausrufen lassen

Am Donnerstag hatte die „Welt“ berichtet, Merz habe zur dauerhaften Kontrolle der deutschen Grenzen eine „nationale Notlage“ ausrufen lassen. Damit würde das Dublin-Abkommen außer Kraft gesetzt werden, heißt es.

„Welt“ wiederum schrieb, die Botschafter der Nachbarstaaten seien am Nachmittag über die Pläne unterrichtet worden. Wann die Notlage inkrafttreten soll, sei noch unklar. Artikel 72 räumt Mitgliedsstaaten ein, von einigen EU-Regelungen abzuweichen, wenn etwa die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit gefährdet ist. Fraglich ist, ob die Bundesregierung das in dem Fall darf.

Die rechtliche Lage bei Zurückweisungen an der Grenze ist derzeit nicht eindeutig. Einige Experten lesen geltendes EU-Recht so, dass Zurückweisungen grundsätzlich nicht erlaubt sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass Grenzkontrollen praktisch nicht exakt auf der Grenzlinie erfolgen, sondern oft etwas dahinter.

Klingbeil irritiert

Am Abend hatte bereits ein Regierungssprecher diesen Bericht dementiert. Auch, weil sich SPD-Parteichef und Vize-Kanzler Lars Klingbeil laut „Table Media“ bei Merz gemeldet hatte. Denn koalitionsintern sei das Ausrufen der nationalen Notlage nicht abgesprochen gewesen.

Die neue Bundesregierung will mit zusätzlichen Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern gegen unerwünschte Migration vorgehen. Aus Sicht von Kritikern ist ein solches Vorgehen vermutlich nicht mit EU-Recht vereinbar und zudem eine Gefahr für den eigentlich grenzkontrollfreien EU-Binnenmarkt. Doch gab es auch Zustimmung zum geplanten Kurswechsel in der deutschen Asylpolitik. Österreich etwa begrüßte die Bestrebungen Deutschlands im Kampf gegen die Schleppermafia und illegale Migration. Gleichzeitig pochte das Innenministerium in Wien auf die Einhaltung des geltenden EU-Rechts. (dpa, Reuters, Tsp)

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