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Florian Pütz
Nachrichtenressort
Christian Lindner fehlt bei Scholz' Zapfenstreich
Zum Zapfenstreich sind hochrangige Gäste erschienen, etwa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, SPD-Chef Lars Klingbeil, und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer. Verteidigungsminister Boris Pistorius hält eine Rede. Friedrich Merz, der wohl kommende Kanzler, sitzt ebenfalls im Publikum.
Wer fehlt: Der ehemalige Finanzminister Christian Lindner von der FDP, jener Partei, die die Ampelkoalition platzen ließ. Lindern gibt familiäre Gründe für sein Fehlen an. »Der Zapfenstreich gehört zum Zeremoniell des Machtwechsels in unserer Demokratie. Die Teilnahme ist eine Ehre. Meine Abwesenheit hat keinen politischen Hintergrund. Heute Abend gehen väterliche Pflichten vor«, schreibt Lindner auf X.
Beim Bruch der Ampelkoalition hatte Scholz Lindner auch persönlich scharf angegriffen. Ihr Verhältnis gilt seitdem als zerrüttet.
Marina Kormbaki
Hauptstadtbüro
Scholz und die Bundeswehr: Eine Geschichte von unerwarteter Zuneigung
Im zugigen Innenhof des Bundesverteidigungsministeriums hat der Große Zapfenstreich zu Ehren des scheidenden Bundeskanzlers begonnen, Fackelträger beleuchten den Paradeplatz. Das Zeremoniell wirkt reichlich aus der Zeit gefallen. Aber wenn der Anblick aus ein paar Dutzend Metern Entfernung nicht täuscht, erfreut sich Scholz am Anblick der still stehenden Soldatinnen und Soldaten.
Scholz und die Bundeswehr: Das ist eine Geschichte von unerwarteter Zuneigung. Nach Russlands Überfall auf die Ukraine vor rund drei Jahren brachte Scholz ein 100 Milliarden Euro umfassendes Schuldenprogramm auf den Weg, mit dem die Truppe jetzt neue Panzer, Hubschrauber und Fregatten kauft. Der SPD-Politiker erklärte dies mit der »Zeitenwende«. Im Laufe seiner Amtszeit fand Scholz sogar einigen Gefallen daran, neben schwerem militärischem Gerät zu posieren.
Wie sich jetzt zeigt, war Scholz‘ Sondervermögen für die Bundeswehr erst der Anfang. Die künftige schwarz-rote Bundesregierung nimmt die Ausgaben für Verteidigung aus der Schuldenbremse heraus. Somit steht den Streitkräften künftig nahezu unbegrenzt viel Geld zur Verfügung.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Der Große Zapfenstreich für Olaf Scholz
Im Verteidigungsministerium in Berlin beginnt der Große Zapfenstreich für den scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz. Die rund einstündige Zeremonie ist die höchste Form militärischer Ehrerweisung deutscher Soldatinnen und Soldaten. Der Große Zapfenstreich soll den Zusammenhalt der Truppe festigen und die Verbundenheit von Bundeswehr und Bevölkerung stärken.
Die Zeremonie hat eine weit in die Militärgeschichte zurückreichende Tradition. Ihre Ursprünge liegen in der Zeit der Landsknechte des 16. Jahrhunderts. Damals gab ein Truppenführer in Gasthöfen und Tavernen mit einem Streich auf die Zapfen der Getränkefässer den Beginn der Nachtruhe bekannt – daher der Name »Zapfenstreich«. Danach durften die Wirte nicht mehr an die Soldaten ausschenken. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Signal durch Trompeten-, Flöten- und Trommelspiel musikalisch angereichert.
Eine Besonderheit bei personenbezogenen Großen Zapfenstreichen sind die drei Musikstücke, die sich die Geehrten aussuchen können und die das Musikkorps spielt. Scholz hat sich »In my Life« von den Beatles, ein Auszug aus dem »2. Brandenburgischen Konzert« von Johann Sebastian Bach und »Respect« von Aretha Franklin gewünscht.
Mehr über Scholz' Liedwünsche lesen Sie hier.
Christian Teevs
Hauptstadtbüro
Merz-Auftritt in der SPD-Fraktion – »Ging schon«
Merz kam bei den SPD-Abgeordneten nicht schlecht an. Einer schreibt mir zum Auftritt des CDU-Chefs:
»War ganz gut … humorvoll und sehr ausgleichend.«
Ein anderer sieht es etwas distanzierter:
»War nur kurz. Hat sich bemüht, auch auf kritische Fragen zu antworten. Ging schon.«
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Merz besucht die SPD-Fraktion
Nach der Fraktionssitzung der Union hat Friedrich Merz noch einen weiteren Termin auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes: beim Koalitionspartner SPD. Auch hier treffen sich die neu gewählten Bundestagsabgeordneten, die am Dienstagmorgen bei der Wahl zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland abstimmen werden. Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil haben bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags betont, wie sehr das gegenseitige Vertrauen in der Zeit der Koalitionsverhandlungen gewachsen sei. Jetzt wirbt Merz hier selbst noch einmal um das Vertrauen der SPD-Fraktion.
Nur zwölf Stimmen Mehrheit haben die Regierungspartner gemeinsam im Bundestag. Die Unionsabgeordneten würden geschlossen an der Bundestagssitzung teilnehmen und ihn wählen, hat Merz angekündigt, nachdem nur 197 von 208 Abgeordneten an der Wahl des neuen Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn teilgenommen hatten. Bei den Genossen tragen sich manche noch mit Bedenken – nicht zuletzt, weil Merz in der vergangenen Legislatur für seinen Fünfpunkteplan zur Migration auf eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD gesetzt hatte. Das Wahlergebnis am Dienstag im Bundestag wird zeigen, ob die Genossen für einen guten Start der Koalition inzwischen darüber hinwegsehen wollen.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Merz will Auswertung des AfD-Gutachtens durch das Innenministerium abwarten, bevor er Schlussfolgerungen zieht
Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich abwartend zur Behandlung der AfD geäußert, nachdem der Verfassungsschutz die Partei in einem Gutachten als »gesichert rechtsextremistisch« bezeichnet hat. »Das wird die Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein, diesen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz sorgfältig auszuwerten«, sagte Merz nach der Fraktionssitzung der Union im Bundestag.
Er wolle vor der Auswertung »keine Empfehlungen geben für weitere Schlussfolgerungen seitens der Regierung«. Dafür sei es zu früh, zumal er den Bericht nicht kenne. »Es ist auch richtig, dass ich ihn nicht kenne, weil es ein interner Behördenvorgang zwischen BMI und Bundesamt für Verfassungsschutz ist.« Er wolle die Auswertung abwarten, dann sei es »vor allem Aufgabe der Exekutive, nämlich der Bundesregierung, die ersten Schlussfolgerungen daraus zu ziehen«.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Union wählt Spahn zum Fraktionsvorsitzenden
Die Fraktion von CDU/CSU im Bundestag hat Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Das bestätigten Fraktionskreise dem SPIEGEL. Der 44-jährige bisherige Fraktionsvize erhielt demnach 91,3 Prozent der Stimmen. Offenbar wurden 197 Stimmen abgegeben. 178 Abgeordnete stimmten mit Ja, 17 mit Nein, 2 Abgeordnete enthielten sich (die für die Prozentzahl herausgerechnet werden). Insgesamt haben CDU und CSU 208 Abgeordnete im Parlament.
Damit wird Spahn Nachfolger von Friedrich Merz, der am Dienstag im Bundestag zum Bundeskanzler gewählt werden soll. Spahn gehört seit mehr als 20 Jahren dem Bundestag an. Er engagierte sich vorrangig in der Wirtschaftspolitik. Als Gesundheitsminister in der Coronakrise und zuvor als Parlamentarischer Finanzstaatssekretär sammelte er Regierungserfahrung. In die Kritik geriet der machtbewusste Münsterländer in der Coronapandemie etwa wegen der Anschaffung von angeblich überteuerten Schutzmasken.
Francesco Collini
Auslandsressort
Koalitionsvertrag kommt an den Kiosk
Der Koalitionsvertrag ist bald am Kiosk als Magazin erhältlich. Auf 172 Seiten haben Oliver Wurm und Sabine Cole die Vereinbarung mit Fotos und Illustrationen gestaltet. Ab Samstag soll das Magazin an etwa zwei Dutzend Bahnhöfen im Zeitschriftenhandel verfügbar sein.
Das Magazin ist umfangreicher als der eigentliche Koalitionsvertrag, der 144 Seiten umfasst und den Titel »Verantwortung für Deutschland« trägt. Wurm hat bereits viele außergewöhnliche Zeitschriftenprojekte realisiert, darunter die Bibel und das Grundgesetz in Magazinform. Studierende der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim haben an dem Projekt mitgearbeitet.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
AG Mittelstand fordert schnelles Handeln der neuen Regierung
Anlässlich der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags mahnt der deutsche Mittelstand zu schnellen Impulsen sowie spürbaren Entlastungen für die Wirtschaft. »Deutschland hat keine Zeit zu verschenken, wenn es darum geht, endlich Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung zu schaffen«, erklärt die AG Mittelstand, zu der Verbände gehören wie die Außenhändler (BGA), die Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), die Sparkassen (DSGV), das Gastgewerbe (Dehoga), der Einzelhandel (HDE) und das Handwerk (ZDH).
Die Lobby fordert etwa eine Strompreissenkung für alle Unternehmen und Betriebe auf das europäische Mindestmaß, niedrigere Netzentgelte, Steuerentlastungen und umfangreiche Abschreibungsregeln. Zudem müsse die vorgesehene Abschaffung des Lieferkettengesetzes zügig kommen. Auch sollen Union und SPD die Bürokratie entschlacken und die Bonpflicht aufheben.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
So brutal wie Schröder
Lars Klingbeil richtet die SPD auf sich aus. Der Parteichef besetzt alle entscheidenden Posten mit Vertrauten. Das kann sich noch rächen. Lesen Sie hier den SPIEGEL-Leitartikel von Christian Teevs.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Miersch soll SPD-Fraktionschef werden
Lars Klingbeil wird Vizekanzler, SPD-Generalsekretär Matthias Miersch übernimmt dessen Posten als Fraktionschef. Das teilte die SPD mit. Parlamentarischer Geschäftsführer soll demnach Dirk Wiese werden. Miersch ist einer der bekanntesten SPD-Linken. Jahrelang war er einer der Sprecher der Parlamentarischen Linken, also des linken Flügels der SPD-Bundestagsfraktion. Im Oktober 2024 wurde er nach dem überraschenden Rücktritt von Kevin Kühnert Generalsekretär.
Damit war der 56 Jahre alte Niedersachse zuletzt mit dafür verantwortlich, wie die SPD ihre desaströse Niederlage bei der Bundestagswahl aufarbeitet. Miersch ist Rechtsanwalt, hat aber politisch bisher vor allem in den Bereichen Umwelt und Klimaschutz gearbeitet.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Scholz will nicht Lobbyist werden
Ist Olaf Scholz erst einmal im Ruhestand, will er sich nicht mehr in die Politik einmischen. »Ich werde nicht reich werden. Ich werde keinen Lobbyismus machen. Ich werde nicht ständig morgens im Radio sagen, was die Regierung falsch macht«, sagte Scholz bei einer Podiumsdiskussion mit Schülerinnen und Schülern einer Schule im brandenburgischen Eichwalde.
Stattdessen wolle er einen Beitrag dazu leisten, dass es mit dem Land »gut weitergeht«. Dazu habe er die Mittel und die Möglichkeiten, und das wolle er – wenn er lange lebe – die nächsten 30 Jahre tun.
Scholz soll am Montagabend bei einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr als Bundeskanzler verabschiedet werden. Mit der Militärzeremonie im Fackelschein werden traditionell alle Kanzler, Bundespräsidenten, Verteidigungsminister und hochrangige Militärs bei ihrem Ausscheiden geehrt.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Esken: Scholz hat den Weg hierher geebnet
SPD-Chefin Saskia Esken hat die Leistungen des scheidenden Bundeskanzlers Olaf Scholz gewürdigt. »Mir ist es ein Anliegen, bei all dem Blick nach vorn die Person nicht außer Acht zu lassen, die uns den Weg bis hierher geebnet hat: Olaf Scholz«, sagte Esken vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags in Berlin.
Scholz habe Deutschland »sicher und souverän durch schwierige Krisen« geführt. »Ihm gebührt mein großer Dank und jeder Respekt für seine Leistungen, die er für unser Land erbracht hat«, sagte die SPD-Chefin.
»Rechtspopulistische, illiberale und antidemokratische Narrative« würden die Demokratie und den Zusammenhalt im Land gefährden, mahnte Esken zudem. Es sei die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten, »diesem rechten Spuk« inner- und außerhalb des Parlaments ein Ende zu setzen.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Söder sieht SchRoKo als Verantwortungsgemeinschaft
CSU-Chef Markus Söder hat die künftige schwarz-rote Koalition als »Verantwortungsgemeinschaft« bezeichnet. Auf dem Papier sei der von den Politikern erwartete Politikwechsel bereits verabredet, sagt der bayerische Ministerpräsident vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags. »Es kann und wird ein starkes Team werden«, sagt er mit Blick auf das künftige Bündnis von Union und SPD. Man dürfe sicher nicht von Tag eins erwarten, dass alles bereits umgesetzt werde, aber es werde in den kommenden Jahren ein neues »Deutschland-Tempo« entwickelt werden. Dann brauche man auch keine Angst vor extremistischen Kräften zu haben.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Union und SPD unterzeichnen Koalitionsvertrag
Die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben in Berlin ihren Koalitionsvertrag mit dem Titel »Verantwortung für Deutschland« unterzeichnet. Zehn Wochen nach der Bundestagswahl ist damit die fünfte schwarz-rote Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland besiegelt.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Klingbeil will zügig mit der Arbeit beginnen
SPD-Chef Lars Klingbeil hat einen schnellen Start der neuen schwarz-roten Koalition angekündigt. Die Bundesregierung werde zügig mit der Arbeit beginnen, Deutschland auf einen Wachstumskurs bringen, in die Zukunft investieren, für mehr Sicherheit sorgen und das Leben der Bürgerinnen und Bürger einfacher machen, versprach der designierte Vizekanzler und Finanzminister vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags.
Die Welt sortiere sich gerade neu – und es liege an der neuen Regierung, ob Deutschland diese neue Weltordnung mitgestalte oder nicht. »Unsere Antwort ist klar: Wir reagieren mit Verantwortung, mit Klarheit, mit Leistung und mit einem Koalitionsvertrag, der unser Land nach vorne bringen wird«, sagte Klingbeil. »Deutschland hat alles, was es braucht. Jetzt braucht es eine Regierung, die daraus etwas macht.« Dafür sei in der Koalition aber »echtes Teamplay« nötig, außerdem Mut zur Entscheidung und Vertrauen in die Bürger, mahnte der SPD-Chef an.
Alexander Schmitt
Crossmedia
Merz spricht von historischer Verpflichtung zu Erfolg
CDU-Chef Friedrich Merz kündigt vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags an, dass sich Union und SPD »ab dem ersten Tag plan- und kraftvoll an die Arbeit machen«. In den Koalitionsverhandlungen hätten die drei Parteien immer enger und vertrauter zusammengearbeitet. »Die Koalitionsvereinbarung, die wir heute unterzeichnen, zeugt genau von diesem Willen, ernsthaft, konzentriert, problembewusst an die Arbeit zu gehen«, sagt der designierte Kanzler. Dies wolle man mit Reformen und Investitionen erreichen. »Wir wissen, dass es unsere geradezu historische Verpflichtung ist, diese Koalition zum Erfolg zu führen. Wir sind dazu gemeinsam entschlossen.«
Sehen Sie hier das Statement von Friedrich Merz in voller Länge:
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Übergangsgeld für ehemalige Bundesminister: bis zu 240.000 Euro
Wenn Bundesminister aus dem Amt scheiden, steht ihnen ein sogenanntes Übergangsgeld zu. Dieses erhalten sie gemäß Artikel 14 Bundesministergesetz von dem Zeitpunkt an, an dem ihre Amtsbezüge aufhören. Dabei bekommen sie für jeden Monat im Amt einen Monat lang Übergangsgeld – insgesamt mindestens für sechs Monate und höchstens für zwei Jahre.
In den ersten drei Monaten wird ein Übergangsgeld in voller Höhe des Amtsgehalts und des sogenannten Ortszuschlags gezahlt, anschließend nur noch in halber Höhe. Ab dem zweiten Monat werden zudem Einkünfte aus privater Berufstätigkeit angerechnet, das Übergangsgeld verringert sich also oder entfällt, wenn ein Minister eine neue Beschäftigung aufnimmt. Gezahlt wird das Geld monatlich im Voraus.
Von den 16 Ministerinnen und Ministern des scheidenden Kabinetts profitieren 15 von der Regelung des Übergangsgelds: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist der Einzige, der seinen Posten im schwarz-roten Kabinett behalten wird. Die meisten Ressortchefs waren lang genug im Amt, um Anspruch auf die vollen zwei Jahre Übergangsgeld zu haben.
Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler liegt der Betrag derzeit bei 17.990 Euro. Nach drei Monaten halbiert sich dieser Betrag also auf knapp 9000 Euro. Bei den vollen zwei Jahren des Bezugs von Übergangsgeld kommen demnach rund 240.000 Euro zusammen. Der Steuerzahlerbund forderte jüngst, die Bezugsdauer zu verkürzen.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Wer übertrumpft Merz? – Spielen Sie das SPIEGEL-Kabinettsquartett
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Scholz’ Musikwünsche zum Zapfenstreich
Für seine Verabschiedung am Abend um 21.30 Uhr hat sich der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drei Musikstücke gewünscht, die das Musikkorps der Bundeswehr spielen wird. Es sind »In My Life« von den Beatles, ein Auszug aus dem »2. Brandenburgischen Konzert« von Johann Sebastian Bach und »Respect« von Aretha Franklin.
Bei Scholz’ Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) wurde der DDR-Hit »Du hast den Farbfilm vergessen« von Nina Hagen und außerdem »Für mich soll’s rote Rosen regnen« von Hildegard Knef gespielt.
Zum Großen Zapfenstreich wird als Ehrengast Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet, zudem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer. Ferner sollen weitere hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft kommen.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Gesamtkabinett: Größer, männlicher, älter
Das neue Kabinett wird insgesamt etwas größer, männlicher und älter sein, als es die Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP war, als sie 2021 antrat. Das Durchschnittsalter steigt von 50,4 auf 53,1 Jahre. Das liegt vorwiegend an den elf Ministerinnen und Ministern der Union in der Regierung, allen voran Kanzler Merz, 69. Sie sind im Schnitt 55,5 Jahre alt, die Sozialdemokratinnen und -demokraten dagegen nur 49,4 Jahre.
Wegen der Neugründung des Digitalministeriums gibt es künftig 18 statt bisher 17 Kabinettsmitglieder. Zum zweiten Mal in Folge wächst die Regierung damit. Es sind zehn Männer und acht Frauen. In der bisherigen Regierung Scholz waren es neun Männer und acht Frauen. Nach der Ablösung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) durch Boris Pistorius verschob sich das Verhältnis später auf zehn zu sieben.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Kabinett wird katholischer
Zuletzt gab es Streit zwischen Politik und Kirchen, Bundestagspräsidentin Klöckner hatte die Haltung der Kirchen kritisiert. Ins neue Kabinett ziehen nun mehr Katholiken ein. Der Überblick:
Katholisch:
- Bundeskanzler: Friedrich Merz, 69, CDU, ist Mitglied der ältesten katholischen Studentenverbindung Bavaria Bonn.
- Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei, 51, CDU, Kuckucksuhr und Kruzifix erinnern in seinem Büro an die Heimat.
- Bundesinnenminister: Alexander Dobrindt, 54, CSU, kritisiert die Kirchen häufiger für »politischen Aktivismus«.
- Bundesforschungsministerin: Dorothee Bär, 47, CSU, kämpfte als Kind vergeblich darum, Messdienerin zu werden.
- Bundeslandwirtschaftsminister: Alois Rainer, 60, CSU, ist Katholik und Mitglied der überparteilichen Europa-Union Deutschland.
- Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, 60, Katholik Weimer veröffentlichte 2021 das Buch »Sehnsucht nach Gott – Warum die Rückkehr der Religion gut für unsere Gesellschaft ist«.
- Bundesentwicklungsministerin: Reem Alabali-Radovan, 35, SPD, gehört der chaldäisch-katholischen Kirche an.
- Bundesverkehrsminister: Patrick Schnieder, 56, CDU
- Bundesgesundheitsministerin: Nina Warken, 45, CDU
- Bundesbauministerin: Verena Hubertz, 37, SPD
Evangelisch:
- Außenminister: Johann Wadephul, 62, CDU, kommt aus Schleswig-Holstein und gehört der evangelischen Kirche an.
- Bundeswirtschaftsministerin: Katherina Reiche, 51, CDU, sorgte in der katholischen Kirche 2002 für einen Eklat: Im Schattenkabinett von Edmund Stoiber (CSU) sollte die damals nicht verheiratete Mutter Familienministerin werden. Ihre Reaktion: »Auch die Kirchen müssen wissen: Die Bibel kann man nicht eins zu eins in ein politisches Programm übertragen.«
- Bundesfinanzminister: Lars Klingbeil, 47, SPD
- Bundesfamilienministerin: Karin Prien, 59, CDU, ist die erste jüdische Ministerin, auch wenn sie sich als nicht religiös bezeichnet. »Meine Entscheidung, politisch aktiv zu werden, hat natürlich auch viel mit meiner Familiengeschichte zu tun«, sagte sie 2019.
- Bundesdigitalminister: Karsten Wildberger, 56, CDU, hat sich als Manager kürzlich für reguläre Sonntagsöffnungen ausgesprochen.
- Bundesverteidigungsminister: Boris Pistorius, 65, SPD, Pistorius beteiligte sich vor zwei Jahren am kleinen Ökumenischen Kirchentag in Osnabrück.
- Bundesarbeitsministerin: Bärbel Bas, 57, SPD, macht wie Pistorius keine Angaben zu ihrer Konfession.
- Bundesjustizministerin: Stefanie Hubig, 56, SPD, war bislang Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz und hat sich für katholische Schulen eingesetzt sowie für islamischen Religionsunterricht. Zu ihrer eigenen Religionszugehörigkeit gibt es bisher keine Angaben.
- Bundesumweltminister: Carsten Schneider, 49, SPD, macht ebenfalls keine Angaben zu seiner Konfession. Der Thüringer sympathisierte mit der Initiative »Säkulare in der SPD«.
- Ostbeauftragte: Elisabeth Kaiser,38, SPD, hat auch keine Angaben zu ihrer Konfession gemacht.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Auch SPD-Fraktionsvorsitz wohl geklärt – Parteispitze noch offen
Es wird erwartet, dass die SPD noch im Laufe des Tages auch ihren Personalvorschlag für den Fraktionsvorsitz verkündet, den Klingbeil wegen des Wechsels ins Kabinett abgibt. Es gilt als wahrscheinlich, dass der bisherige Generalsekretär Miersch den Posten übernehmen soll. Darauf sollen sich die Parteiflügel verständigt haben. Er hat sich damit gegen Arbeitsminister Hubertus Heil durchgesetzt, der am Sonntag verkündete, nicht zu kandidieren.
Auch die Neuaufstellung der Parteispitze muss bald geklärt werden. Sie soll auf einem Parteitag im Juni neu gewählt werden. Es wird erwartet, dass Klingbeil als Parteichef weitermachen will – um seine Co-Parteivorsitzende Saskia Esken gab es zuletzt Diskussionen.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Klingbeil holt Haushaltsexperten für Finanzministerium
Der künftige Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) holt sich aus der Bundestagsfraktion die Experten für Haushalts- und Steuerpolitik als Parlamentarische Staatssekretäre in sein Ministerium. Der bisherige Chefhaushälter Dennis Rohde und der steuerpolitische Sprecher Michael Schrodi der SPD-Fraktion seien für diese Posten vorgesehen, teilte die SPD mit.
Die Parlamentarischen Staatssekretäre spielen als Bindeglied zu den Ausschüssen des Bundestages und zur eigenen Fraktion eine wichtige Rolle.
Pressesprecher des Finanzministeriums soll nach Angaben aus der SPD der bisherige Sprecher der aus dem Amt scheidenden Innenministerin Nancy Faeser werden, Maximilian Kall. Die Amtsübergabe von Finanzminister Jörg Kukies an seinen Nachfolger Klingbeil ist für Dienstagnachmittag vorgesehen.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Es gibt auch Lob für einzelne SPD-Ministervorschläge: »Sicherheit und Solidarität gemeinsam, groß & gesamtheitlich denken – das ist in diesen rauen Zeiten so wichtig wie nie«, schreibt etwa die Grünenabgeordnete Agnieszka Brugger auf X. »Herzlichen Glückwunsch Reem Alabali-Radovan & Boris Pistorius zur Nominierung & auf gute und kritisch-konstruktive Zusammenarbeit!« Alabali-Radovan soll Entwicklungsministerin werden, Pistorius soll Verteidigungsminister bleiben.
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Weitere Grüne äußern sich zur Nichtberücksichtigung von Hubertus Heil bei den Spitzenämtern der Genossen. »Ich habe Hubertus Heil in den Koalitionsverhandlungen zum Thema Arbeit und in der Zusammenarbeit mit ihm als Minister als harten, aber fairen Verhandler geschätzt, der viel für seine Themen bewegt«, schreibt die Grünenfraktionsvorsitzende Katharina Dröge auf X. »Mein besonderer Dank gilt dem gemeinsamen Einsatz für das Lieferkettengesetz!«
Die sächsische Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta schreibt ebenfalls auf X: »Hubert Heil abzusägen, der sein Haus mit Abstand am besten geführt hat. Bravo Lars Klingbeil, bravo. Ich hoffe, die SPD fängt mal an, darüber nachzudenken, ob ihre sehr hierarchischen Strukturen und die irre Machtfülle der Spitze vielleicht Teil ihres Problems ist.«
Malte Göbel
Nachrichtenressort
Arbeitsminister Hubertus Heil wird dem neuen Kabinett nicht angehören. Das bedauern auch politische Konkurrentinnen. So schrieb Katrin Göring-Eckardt (Grüne) auf BlueSky bereits gestern, als er ankündigte, nicht als SPD-Fraktionsvorsitzender zu kandidieren: »Ich kenne Hubertus Heil als anständigen, verbindlichen und sehr humorvollen Politiker. Er hat wirklich viel für die SPD erreicht. Und politisch insgesamt. Sehr schade.«
Kann Klingbeil Finanzen?
Lars Klingbeil wird Finanzminister. In der Politik kennt er sich aus. Aber ein Ministeramt hatte er bislang nicht inne. Auch mit Finanzen hat Klingbeil bisher wenig zu tun. Lesen Sie hier die Analyse zu seinem Aufstieg: Kaum einer kam so unvorbereitet ins Amt.
Die SPD-Ministerinnen und -Minister im Überblick
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Lauterbach, Heil, Faeser – Diese SPD-Minister verlieren ihren Job
Boris Pistorius ist der einzige Minister der Ampelregierung, der seinen Posten halten konnte. Er bleibt Verteidigungsminister. In allen anderen Ämtern setzt die SPD auf einen Neuanfang. Wer seinen Job verliert und wer nachfolgt:
- Nancy Faeser: Das Innenministerium geht an die Union. Künftig wird Alexander Dobrindt von der CSU das Ressort leiten. Er war unter Angela Merkel bereits Verkehrsminister.
- Hubertus Heil: Das Arbeitsministerium bleibt bei der SPD, es ist für sie eines der wichtigsten. Heil scheidet aus, auf ihn folgt die ehemalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
- Klara Geywitz: Auch das Bauministerium konnte die SPD halten. Nach Klara Geywitz wird es erneut von einer Frau geleitet, SPD-Vizefraktionschefin Verena Hubertz.
- Karl Lauterbach: Gesundheitsminister zu sein, sei sein »Traumjob« gewesen, so Lauterbach gegenüber dem Nachrichtenportal »Politico«. Jetzt geht das Ressort an die CDU. Bundestagsabgeordnete Nina Warken folgt auf Lauterbach.
- Svenja Schulze: Das Entwicklungsressort bleibt bei der SPD. Auf Svenja Schulze folgt Reem Alabali-Radovan, die bisherige Integrations- und Antirassismus-Beauftragte.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Scholz will bei kommender Kanzlerwahl für Merz stimmen
Er scheidet aus dem Amt, wählt aber als SPD-Abgeordneter mit, wer ihm nachfolgt: Der abtretende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will bei der Kanzlerwahl im Bundestag für CDU-Chef Friedrich Merz stimmen. Er werde am kommenden Dienstag für Merz votieren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Er plane, danach den neu gewählten Kanzler Merz im Kanzleramt willkommen zu heißen und ihm dann den Amtssitz zu übergeben.
Merz will als künftiger Bundeskanzler mit der SPD als Juniorpartner regieren. Nach seiner Wahl im Bundestag sollen er und die designierten Ministerinnen und Minister vereidigt werden.
Details zu weiteren Plänen von Kanzler Scholz nach dem Ende der Amtszeit konnte Regierungssprecher Hebestreit noch nicht nennen. »Der Bundeskanzler ist als direkt gewählter Abgeordneter weiterhin Mitglied des Deutschen Bundestages, und er ist natürlich auch als Bundeskanzler a.D. weiterhin tätig«, sagte der Regierungssprecher. »Er wird da sicherlich für sich einen Weg suchen und finden, wie er dieses Amt ausfüllt.«
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Regier's noch einmal, Olaf
Die neue Regierung steht kurz vor der Vereidigung, die alte dankt ab: Das Bundeskabinett des geschäftsführenden Kanzlers Olaf Scholz hat sich in Berlin zu seiner voraussichtlich letzten Sitzung getroffen. Es war nach dreieinhalb Jahren das 131. Treffen – nach dem Ampel-Aus saßen zuletzt nur noch SPD- und Grünenminister am Kabinettstisch. Am kommenden Dienstag ist im Bundestag die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler geplant. Einen Tag vorher soll Scholz mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden.
Kabinettssitzungen finden in der Regel immer mittwochs im Bundeskanzleramt statt. Kanzler, Ministerinnen und Minister bringen dort gemeinsame Gesetzesvorlagen oder Verordnungen auf den Weg, über die im Anschluss in Bundestag und Bundesrat debattiert und abgestimmt wird. Diesmal war die Tagesordnung übersichtlich: Die rot-grüne Minderheitsregierung beschloss noch die bereits angekündigte Rentenerhöhung zum 1. Juli um 3,74 Prozent.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
SPD-Fraktionsvizin mahnt Mindestlohn von 15 Euro an
Die Koalition kann kommen – die nächste Debatte um den Mindestlohn auch. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Union zwar zur Erhöhung bekannt, aber keine konkreten Ziele definiert. Schon vor dem Mitgliedervotum war bei den Sozialdemokraten ein Streit darüber entbrannt. Nun drängt Dagmar Schmidt, SPD-Fraktionsvizin und Sprecherin der Parlamentarischen Linken auf eine soziale Politik.
»In schwierigen Zeiten machen wir uns auf den Weg, das Leben leichter zu machen«, so Schmidt gegenüber dem SPIEGEL. Die neue Regierung soll den Sozialstaat reformieren, den Zugang zum Beispiel zum Kinderzuschlag und Wohngeld erleichtern. »Mit unseren Investitionspaketen, einem anständigen Mindestlohn von 15 Euro und einer Stärkung der Tariflöhne sichern wir Arbeit, von der man auch gut leben können muss«, sagte Schmidt. »Nach all dem Wahlkampfgetöse ist es nun Zeit, sich an die Arbeit für die Menschen in unserem Land zu machen.«
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Dass SPD-Chef Lars Klingbeil Finanzminister werden will, ist bereits durchgesickert. Aber was ist mit seiner Co-Chefin Saskia Esken? Die ranghohe Genossin wird in der SPD immer wieder geschnitten, damals in der Ampel, zuletzt in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD.
Wäre sie eine gute Ministerin? Oder ein Hindernis? Auch beim SPIEGEL gehen die Meinungen über Esken auseinander. Lesen Sie hier ein Pro und Kontra von Melanie Amann und Florian Gathmann zur »Buhfrau« der SPD.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Miersch zeigt sich zufrieden mit Ablauf von SPD-Mitgliedervotum
»Ich bin stolz auf die Partei«: SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat sich lobend über den Ablauf des SPD-Mitgliedervotums geäußert. Das rein digitale Votum sei »ohne Störung verlaufen«, so Miersch im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Er sieht in dem Abstimmungsergebnis eine »große Rückendeckung für den Eintritt in die Bundesregierung«. Das Eigenlob ist wenig überraschend – das Votum indes schon. Vorab war eine geringere Beteiligung und schwächere Zustimmung erwartet worden. Am Ende hatten sich 56 Prozent der SPD-Mitglieder beteiligt, 84,6 Prozent hatten dem Koalitionsvertrag zugestimmt.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Midyatli lobt SPD-Votum als verantwortungsbewusst
Viele Genossinnen und Genossen hatten über die Aussicht auf eine Regierung mit der Union mit den Zähnen geknirscht – am Ende stimmte doch eine Mehrheit Schwarz-Rot zu. Die Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein und stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli lobte die Entscheidung gegenüber dem SPIEGEL nun als verantwortungsbewusst.
»Mit diesem eindeutigen Votum beweist sich: Die SPD steht zu ihrer Verantwortung für Deutschland und für unsere Demokratie«, sagte Midyatli. Für die SPD müsse jetzt der Fokus auf die Aufarbeitung der Bundestagswahl gelegt werden. »Nach dieser für uns historischen Niederlage muss die programmatische, personelle und organisatorische Erneuerung mit großer Kraft und Ernsthaftigkeit angegangen werden«, so Midyatli. Eine sichtbare Sozialdemokratie in der Regierungsarbeit gehöre dazu.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Klingbeil will Finanzminister und Vizekanzler werden
Offiziell ist die Ressortverteilung innerhalb der SPD noch nicht bekannt, eine Personalie steht jedoch schon fest: SPD-Chef Lars Klingbeil soll das Finanzministerium leiten und wird zudem Vizekanzler. Für die Posten habe er die einstimmige Unterstützung des SPD-Präsidiums erhalten. Das erfuhr der SPIEGEL aus Parteikreisen. Zuerst hatte der »Tagesspiegel« berichtet.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Künftiger Kanzleramtschef Frei hofft auf »gegenseitige Erfolge« für Union und SPD
Weniger Streit, mehr Wohlwollen – darauf hofft zumindest der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) nach dem SPD-Mitgliedervotum. »Union und SPD müssen sich gegenseitig Erfolge gönnen«, sagte Frei den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Mittwoch. »Wir müssen darauf achten, dass es kein Nullsummenspiel wird, in dem jemand nur so viel gewinnen kann, wie ein anderer verliert.«
Die neue Regierung solle »gut und geschmeidig« arbeiten, sagte Frei. Ihm sei es wichtig, Probleme so zu lösen, dass niemand dabei sein Gesicht verliere. In jedem Fall soll es besser laufen als in der Ampel.
Auch bei der SPD überwiegt nach dem positiven Mitgliederentscheid die Hoffnung. Die Landesvorsitzenden der SPD Berlin, Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel, nennen die neue schwarz-rote Regierung angesichts der Wahlniederlage der SPD und der globalen Lage, aber auch des Erstarkens der AfD »eine vernunftgetriebene Entscheidung«. Die SPD müsse nun erforderliche Reformen in Angriff nehmen und genauer hinhören, wieso die Sozialdemokratie bei dieser Bundestagswahl in der Mitte der Gesellschaft dramatische Wahlverluste erlitten habe. Jetzt nicht viel streiten, »einfach machen«, mahnte der SPD-Abgeordnete Andreas Schwarz.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
SPD-Basis stimmt mit deutlicher Mehrheit Koalition mit Union zu
Die schwarz-rote Regierung steht: Nach CDU und CSU hat nun auch die SPD dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Das entsprechende Mitgliedervotum fiel mehrheitlich positiv aus, erfuhr der SPIEGEL aus Parteikreisen. Demnach hatten sich 56 Prozent der Mitglieder beteiligt, die Zustimmung zur Koalition lag bei 84,6 Prozent.
Die SPD hatte ihre Basis gebeten, den 144 Seiten starken Koalitionsvertrag abzusegnen. 15 Tage hatten die Genossinnen und Genossen Zeit, mindestens 20 Prozent der Parteimitglieder mussten sich beteiligen. Bei der Union war die Absegnung einfacher: Am Montag hatten der CSU-Vorstand und ein kleiner Parteitag der CDU dem Koalitionsvertrag mit dem Titel »Verantwortung für Deutschland« bereits zugestimmt.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Wie es mit der Regierungsbildung weitergeht
CDU und CSU haben den Koalitionsvertrag abgenickt – bei den Sozialdemokraten steht für den heutigen Mittwoch die Entscheidung an. 15 Tage lang konnten die 358.000 SPD-Mitglieder ihre Stimme abgeben, am Dienstag war Schluss. Das Ergebnis des Votums wird im Laufe des heutigen Vormittags bekannt gegeben.
Sollte eine Mehrheit zugestimmt haben, kann der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden. Das ist für den kommenden Montag geplant. Einen Tag später ist die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum Bundeskanzler geplant. Danach können er sowie die designierten Ministerinnen und Minister vereidigt werden.
Künftiger Kanzleramtschef kündigt härteren Migrationskurs ab 6. Mai an
»Jeder, der illegal nach Deutschland einzureisen versucht, muss vom 6. Mai an damit rechnen, dass an der deutschen Grenze Schluss ist«: Das erklärte der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die neue Regierung werde zudem »vom ersten Tag an die Personenkontrollen an den deutschen Grenzen ausweiten und intensivieren«.
Niemand könne im Land seines Wunsches Asyl beantragen, sagte Frei weiter. Der Asylantrag müsse nach europäischem Recht dort gestellt werden, wo jemand die Europäische Union erstmals betritt. Das sei so gut wie nie Deutschland.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits am Montag bei einem kleinen CDU-Parteitag erklärt, die Staatsgrenzen würden ab Tag eins einer neuen Regierung noch besser kontrolliert und Zurückweisungen in größerem Umfang durchgeführt werden. In der EU werde man einen sehr viel restriktiveren Kurs unterstützen. Merz soll am 6. Mai zum Bundeskanzler gewählt werden.
- Mehr über Merz’ Pläne in der Migrationspolitik können Sie in diesem Interview nachlesen: »Es ist unrealistisch, die Grenze überall kontrollieren zu können«
Mit Selbstkritik hat es Wagenknecht nicht so
Sahra Wagenknecht will im »Maischberger«-Studio kein Problem mit ihrem Führungsstil erkennen. Wohl aber die ernste Lage beim BSW: »Ich möchte, dass dieses Projekt überlebt.« Und Philipp Amthor? Der redet freundlich an einer Klimaaktivistin vorbei. Mehr zum Auftritt der beiden können Sie in dieser Talk-Rezension nachlesen.
Designierter Agrarminister hält sinkende Fleischpreise für möglich
Alois Rainer (CSU) hat eine Wende in der Landwirtschafts- und Fleischpolitik angekündigt. Der designierte Bundeslandwirtschaftsminister hält auch sinkende Fleischpreise für möglich. »Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass keine Steuererhöhungen durchgeführt werden. Daran werde ich mich als zukünftiger Minister halten«, sagte Rainer der »Bild«-Zeitung. Höhere Steuern auf Fleisch werde es mit ihm nicht geben. Mehr dazu können Sie in dieser ausführlichen Meldung lesen.
Jan Petter
Nachrichtenressort
Politikchef der »Süddeutschen« soll neuer Regierungssprecher werden
Union und SPD haben sich auf eine gemeinsame Koalition verständigt, zahlreiche vorgesehene Ministerinnen und Minister sind bereits benannt. Nun wird eine weitere Spitzenpersonalie bekannt. Wie die »Süddeutsche Zeitung« in eigener Sache mitteilt, soll ihr langjähriger Ressortleiter und Politikchef Stefan Kornelius neuer Regierungssprecher werden. Kornelius gilt als renommierter und bekannter Hauptstadtjournalist. Nach Verlagsangaben berichtet er seit 1991 für die Münchner Zeitung.
Sollte er den vorgesehenen Posten erhalten, würde er Chef des Bundespresseamtes und damit der wohl wichtigste Kommunikator der voraussichtlich nächsten Regierung unter Friedrich Merz. Bislang unter Olaf Scholz hatte der frühere Journalist Steffen Hebestreit den Posten inne.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Saskia Esken ist jetzt Lars Klingbeils Problem
Vom eigenen Landesverband fallen gelassen, von Parteifreunden geschmäht: Saskia Esken gerät in der SPD massiv unter Druck. Wenn sie ihren Rückzug nicht freiwillig erklärt, macht es das sehr schwer für die Topgenossen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Dieser Bahn-Manager soll Merz-Flüsterer werden
Levin Holle hat bei der Bahn ein Millionengehalt bezogen. Nun soll er für deutlich weniger Geld dem künftigen Bundeskanzler als wichtigster Wirtschaftsberater dienen. Immerhin: Mit Krisen kennt er sich bestens aus. Hier lesen Sie mehr.
Leopold Pelizaeus
Newsdesk
Wadephul: »Werden Ukraine unterstützen«
Der designierte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat die deutsche Solidarität mit der Ukraine bekräftigt. »Ich denke, es muss für alle auf der Bühne, insbesondere für Wladimir Putin, klar sein, dass wir an der Seite der Ukraine stehen werden«, sagte Wadephul der Deutschen Welle. »Wir werden die Ukraine unterstützen und der Ukraine die Möglichkeit bieten, mit Russland auf Augenhöhe zu sein«, stellte er klar.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte Wadephul als Außenminister nominiert. Der CDU-Politiker ging auch auf die zunehmende Distanzierung der US-Regierung von Präsident Donald Trump von der Ukraine ein. »Wir wollen der Trump-Regierung deutlich machen, dass es in ihrem ureigenen Interesse ist, eine starke Ukraine in der Europäischen Gemeinschaft zu haben«, sagte er der Deutschen Welle.
Wadephul bekräftigte auch die deutsche Unterstützung für die Nato: »Wir sehen unsere sicherheitspolitische Zukunft nur im Rahmen der Nato. Das bedeutet natürlich, dass Europa mehr zur Verteidigung beitragen muss als bisher«, kündigte er an. Deutschland werde auch auf diesem Gebiet in die Führungsposition gehen.
Ulrich Matthes kritisiert Wolfram Weimer als »Ideologen«
Die CDU hat den Medienunternehmer Wolfram Weimer, 60, als Staatsminister für Kultur und Medien nominiert. Und das kommt im Kulturbetrieb nicht bei allen gut an.
- »Er hat ein Sendungsbewusstsein, um nicht zu sagen: Er ist ein Ideologe«, sagte der Schauspieler Ulrich Matthes der Sendung »3sat-Kulturzeit«. Das »disqualifiziert ihn für das Amt des Kulturstaatsministers«. Weimer sei stramm konservativ und vertrete wirtschaftsliberale Theorien, sagte Matthes weiter. Dies führe womöglich dazu, dass er für Einschnitte im Subventionssystem der Hochkultur eintreten werde.
- Der Geschäftsführer des deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte dem Sender, Weimer sei in der Kulturszene weitgehend unbekannt. Es gebe große Sorgen. »Herr Weimer wird darum werben müssen, dass er klassische liberale Kulturpolitik machen wird.« Diese werde sicher einen konservativen Einschlag haben, aber dürfe nicht in der Manier von US-Präsident Donald Trump zu einer Art kultureller Neuausrichtung führen, sagte Zimmermann. »Und dafür werden wir auch kämpfen.«
- Manos Tsangaris, Präsident der Akademie der Künste Berlin, äußerte sich zurückhaltend. Er gehe davon aus, dass Weimer ein kultur- und kunstaffiner Mensch sei, »der sich sehr rasch bewusst sein wird, dass wir gerade in der nächsten Zeit, in den nächsten Jahren, starke demokratieorientierte Institutionen benötigen«.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
SPD Baden-Württemberg nominiert Saskia Esken nicht mehr für Parteivorstand
Parteichefin Saskia Esken musste sich zuletzt viel Kritik aus ihrem Landesverband anhören. Nun hat die SPD Baden-Württemberg sie nicht erneut für den Bundesvorstand nominiert. Für Esken gäbe es trotzdem Wege, als Chefin weiterzumachen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Er organisierte Demos für den Autobahnbau. Nun wird er Verkehrsminister
Verkehrsminister hantieren mit großen Summen – und machen sich häufig unbeliebt: Nun soll Patrick Schnieder den konfliktträchtigen Job übernehmen. Mehr über den Mann, der zu den Überraschungen auf der CDU-Kabinettsliste zählt, lesen Sie hier.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Designierter Außenminister Wadephul lobt Baerbocks Ukrainepolitik
Der designierte Außenminister Johann Wadephul hat sich anerkennend über die Ukrainepolitik von Amtsinhaberin Annalena Baerbock geäußert. »Sie hat erstaunlicherweise die Ukrainepolitik in sehr klarer und harter Position vertreten. Für eine grüne Politikerin hätte man das vor einigen Jahren so nicht erwartet«, sagte der CDU-Politiker dem Fernsehsender Phoenix. Auch mit der Verankerung der Klimapolitik habe Baerbock einen großen neuen Punkt ins Auswärtige Amt gebracht, der bleiben sollte.
Wadephul versicherte, Kanzleramt und Auswärtiges Amt würden eine Außenpolitik aus einem Guss machen. Mit Blick auf die Ukraine sagte er: »Wir werden es natürlich definitiv nicht zulassen … dass der Ukraine ein Friedensschluss oder die Bedingungen der Beendigung von Kampfhandlungen diktiert werden.«
Noch-Außenministerin Baerbock betonte stets ihren Ansatz einer feministischen Außenpolitik. Nachfolger Wadephul will einen anderen Fokus wählen. »Jeder muss doch seine eigenen Akzente setzen können«, sagte der CDU-Politiker RTL und n-tv. In der jetzigen Zeit sei die volle Konzentration »auf die ganz großen Konfliktherde erforderlich«. Dennoch wolle er sich für die Förderung von Frauen in seinem künftigen Ministerium einsetzen. »Ich bin auch absolut überzeugt, dass die Art und Weise, wie Frauen an manche Themen herangehen, eine zu geringe Wertschätzung erfahren hat in der Vergangenheit. Ich bin auch der Auffassung, dass im Auswärtigen Amt Frauen mehr und schneller verantwortungsvolle Positionen wahrnehmen müssen«, sagte der CDU-Politiker.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Das ist Merz' Energiemanagerin Katherina Reiche
Katherina Reiche war Politikerin, dann Managerin und kehrt nun als Bundeswirtschaftsministerin zurück. Sie fordert Korrekturen bei der Energiewende. Lobbyisten freut die Personalie, Kritiker sehen Interessenkonflikte und stellen Forderungen. Wie die Frau tickt, die für die CDU die Wirtschaftswende schaffen soll, lesen Sie hier.
Gesehen wurden sie schon zusammen, gemunkelt wurde auch, jetzt ist es offiziell: Bald-Ministerin Reiche und Ex-Minister Guttenberg haben ihre Beziehung öffentlich gemacht. Mehr dazu lesen Sie hier.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Analyse zu Merz’ Parteitagsrede: Die drei Botschaften des künftigen Kanzlers
Er ist noch nicht einmal Kanzler und steht schon massiv unter Druck: Kommt Friedrich Merz beim CDU-Parteitag wieder in die Offensive? Wo er auf Angriff setzt – und wo er schwer erfüllbare Erwartungen weckt, lesen Sie hier.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Merz: »Politikwechsel« statt gesellschaftspolitisches Projekt
Friedrich Merz hat knapp 50 Minuten gesprochen im Estrel-Hotel in Berlin. Gegen Ende seiner Ausführungen beschrieb er noch einmal, wie die Koalition mit der SPD aus seiner Sicht arbeiten soll: Die »Gestaltung der Zukunft aus nüchterner Betrachtung der Gegenwart«, das sei die Aufgabe. Es gebe keine Euphorie für den Koalitionsvertrag, hatte er zuvor schon gesagt und auch auf die Unterschiede zwischen Union und SPD verwiesen. Die Koalition werde – in Abgrenzung zur Ampelregierung – kein gesellschaftspolitisches Projekt, kündigte er an. Was aber komme, sei ein »Politikwechsel«. Schon ein gewisser Widerspruch, denn Sachpolitik speist sich ja zumeist aus politischen Grundüberzeugungen, die auch Merz in seiner Rede wiederholt anspricht.
Merz weiß, und Linnemann hat es zuvor offen angesprochen, dass viele in der Partei erst noch überzeugt werden müssen, dass die Union in der Regierung umsetzen kann, was sie im Wahlkampf angekündigt hat. An der Basis finden viele, dass Merz den Sozialdemokraten zu weit entgegengekommen ist, nicht zuletzt beim Sondervermögen für Infrastruktur und der Ausnahme von der Schuldenbremse für die Verteidigungsausgaben. Er verteidigt das vor allem mit den außenpolitischen Herausforderungen, Stichwort Ukraine, Stichwort Zollstreit, und deutet die Kurswechsel als Zeichen der Führungsstärke, als Ausdruck des nüchternen Umgangs mit der Realität.
Merz stellt vor allem den angestrebten Kurswechsel bei der Migration heraus und dankt den Sozialdemokraten, dass sie da mitgehen – bekräftigt aber nochmals, es werde an den Grenzen Zurückweisungen geben in erheblichem Umfang. Er ist hier noch mal Parteichef, bevor er in der kommenden Woche aller Voraussicht nach in die Rolle des Bundeskanzlers wechselt. Und er bereitet seine Partei darauf vor, dass eben Kompromisse gemacht werden müssen in einer erfolgreichen Regierung. Was im Koalitionsvertrag nur angerissen wird, die Reform des Renten- und Gesundheitssystems sowie der Pflegeversicherung, nennt er als wohl größte gesellschaftspolitische Herausforderung – eine, bei der Konflikte mit der SPD vorprogrammiert sind. Die Rede ist ein Versuch des Erwartungsmanagements. Zwar gibt es von den Delegierten die Standing Ovations, die in der Choreografie eingeplant sind. Aber Merz weiß, dass seine Regierung durch ihr Handeln überzeugen muss. Das gilt für die Bevölkerung, aber auch in großem Maße für die Partei, die so große Hoffnungen und Erwartungen in ihn gesetzt hat.
Florian Pütz
Nachrichtenressort
Merz verteidigt Kehrtwende bei Schuldenbremse
Friedrich Merz predigte vor der Wahl, wie wichtig die Schuldenbremse sei, nur um diese dann nach der Wahl zu lockern. Nun hat der CDU-Chef die Kehrtwende noch mal verteidigt. Er verstehe die Enttäuschung vieler Wählerinnen und Wähler nur allzu gut, sagte Merz beim Kleinen Parteitag der CDU. Die Lage in Europa, die Risiken der transatlantischen Partnerschaft und die Gefahr einer politischen Handlungsunfähigkeit hätten aber keine andere Wahl gelassen.
Merz bezeichnete es als eine »Führungsentscheidung« auch von ihm selbst, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Er bekräftigte, er habe dafür »einen hohen Kredit« in Anspruch genommen, und einen Kredit müsse man zurückzahlen. Alle seien sich bewusst, dass man daran arbeiten müsse, dass sich dieser Schritt wenigstens aus der Rückschau als richtig erweise.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Merz verspricht harte Kurskorrekturen in der Migrationspolitik
In seiner Rede auf dem Kleinen Parteitag der CDU kündigt CDU-Chef Friedrich Merz eine künftig schärfere Asylpolitik an. Die Grenzen sollen stärker geschützt werden, Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien werde es geben, der Familiennachzug werde eingestellt. Auch das Staatsbürgerschaftsrecht für beschleunigte Einbürgerungen werde es nicht mehr geben. »Es wird einen Politikwechsel ab Tag eins geben«, versprach Merz.
Dennoch will er die Bundesrepublik weiter als offenes Land verstanden wissen. »Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland«, sagte Merz – und werde es auch bleiben. Deutschland benötige Zuwanderung, Deutschland brauche Arbeitskräfte. Wer sich hier engagiere, sei willkommen. »Gerade deshalb muss klar sein, dass wir die irreguläre Migration besser in den Griff bekommen«, so Merz. Diese Art Migration gefährde den Zusammenhalt, die Kommunen seien über der Belastungsgrenze.
Maria Fiedler
Hauptstadtbüro
Drei Grundsätze zur Ukraine
Friedrich Merz spricht in seiner Rede ausführlich über die deutsche Unterstützung für die Ukraine. Der künftige Kanzler formuliert drei Grundsätze.
- »Wir verteidigen mit unserer Hilfe für die Ukraine auch unsere Freiheit und unsere europäischen Werte.«
- Deutschland sei nicht Kriegspartei und wolle es auch nicht werden. Aber: Die Bundesrepublik stehe ohne Wenn und Aber an der Seite des angegriffenen Landes.
- »Damit verträgt sich kein Diktatfrieden oder eine Unterwerfung unter die militärisch geschaffenen Fakten. Schon gar nicht gegen den erklärten Willen der Ukraine selbst.« Dafür wolle er auch bei den USA weiter werben.
Über die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, für die sich Merz zuletzt wieder ausgesprochen hatte, sagte der CDU-Chef nichts.
Anna Ehlebracht
Nachrichtenressort
Grüne äußern scharfe Kritik an Unions-Personalien
Die Grünen als künftige Oppositionsfraktion im Bundestag kritisieren die Kabinettsliste der Union. Mit der designierten Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) sei zu befürchten, dass »eine Restauration des fossilen Energieverbrauchs aus dem Ministerium angeleitet wird«, sagt Co-Parteichef Felix Banaszak vor Journalisten.
Mit einem Kultur-Staatsminister Wolfram Weimer hole CDU-Chef Friedrich Merz zudem »die konservative Wende ins Kanzleramt«. Es stelle sich die Frage: »Wird das ein Beauftragter für Kultur oder ein Beauftragter für den Kulturkampf?« Banaszak fügt hinzu: »Ein bisschen wirkt es so, als würde Friedrich Merz seine eigene Vergangenheit am Kabinettstisch platzieren wollen, und die Zukunft, die dort eigentlich ihren Platz bräuchte, findet nicht statt.«
Maria Fiedler
Hauptstadtbüro
Carsten Linnemann bekommt langen Applaus. Der CDU-Generalsekretär hat Verantwortung übernommen für das Wahlergebnis der Union, das aus Sicht der CDU nicht zufriedenstellend gewesen sei. »28,5 Prozent sind zu wenig. Das war nicht der Anspruch, den wir haben«, sagte er. Der Anspruch müsse weiter 30 Prozent plus X sein. Linnemann sprach auch über seinen Verzicht auf ein Ministeramt. »Ja, ich hätte mir auch ein Ministeramt zugetraut«, sagte er. »Jeder weiß, dass die Themen Arbeit und Soziales mir sehr am Herzen liegen.« Doch das Ministerium sei an die SPD gegangen. »Einfach nur, um Minister zu sein, ein Ministerium zu übernehmen, das bin nicht ich«, sagte Linnemann.
Mehr zu Linnemanns Verzicht auf das Kanzleramt und zu seiner Entscheidung, Generalsekretär zu bleiben, lesen Sie hier:
Sophie Garbe
Hauptstadtbüro
Mitgliedervotum der SPD erreicht Quorum
Bis Dienstagnacht können SPD-Mitglieder noch über den Koalitionsvertrag abstimmen – schon jetzt haben aber genügend Genossinnen und Genossen ihre Stimme abgegeben. 20 Prozent der Mitglieder müssen an dem Votum teilnehmen, damit es gültig ist. Diese Zahl ist inzwischen erreicht, wie SPD-Generalsekretär Matthias Miersch heute bestätigte.
Zu dem erwarteten Ausgang der Abstimmung erklärte Miersch, dass er davon ausgehe, dass es – »auch wenn keine Euphorie feststellbar ist« – am Ende »dennoch eine Zustimmung gibt«.
Linda Tutmann
Hauptstadtbüro
Ines Schwerdtner, Parteivorsitzende der Linken, ist von Merz’ Kabinettsliste erwartungsgemäß nicht begeistert. In einem Pressestatement im Karl-Liebknecht-Haus nennt sie das Kabinett »ein Sammelbecken an Wald- und Wiesen-Ministern und abgehalfterten Lobbyisten«. Die meisten seien unbekannte Gesichter. Merz präsentiere hier eine personelle Notlösung aus der zweiten Reihe.
Einziger Lichtblick sei, dass Linnemann nicht Wirtschaftsminister geworden ist: »Den wollen sie zurückhalten für schlimmere Aufgaben.« Die Besetzung des Wirtschaftsministeriums mit Katherina Reiche, derzeitige Chefin der E.on-Tochter Westenergie, zeige, »wie skrupellos Politiker sind, wenn es ums große Geld geht und wie problematisch der Drehtüreffekt zwischen Politik und Wirtschaft sein kann«. Merz selbst kenne sich ja mit diesem Drehtüreffekt aus, sagte Schwerdtner mit Blick auf dessen Blackrock-Vergangenheit. Mit Wirtschaftskompetenz habe das aber nichts zu tun.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Friedrich Merz hat seine Begrüßungsworte gesprochen, der mutmaßlich nächste Bundeskanzler gibt sich nüchtern und ernst. Zwei Monate nach der Bundestagswahl habe die CDU zu entscheiden über den Eintritt in eine Koalition, sagt er. »Die nächste Bundesregierung wird wieder von uns geführt«, sagt er, verbindet das aber auch gleich mit einer Mahnung. Es gebe keine Zeit zu verlieren, schon während der Sondierungen und der Koalitionsverhandlungen hätten die »globalen, europäischen und nationalen Entwicklungen« gezeigt, welchem Handlungsdruck auch die künftige Bundesregierung ausgesetzt sein werde.
Eine Person, die der neuen Ministerriege angehören wird, prophezeite schon schwere Belastungsproben für das Bündnis mit den Sozialdemokraten. Die Rahmenbedingungen sind mindestens schwierig: Das Wirtschaftswachstum springt nicht an, der von US-Präsident Trump angezettelte Zollstreit schadet zusätzlich, seine Ukraine-Diplomatie wirkt erratisch. Wohl selten startete eine Bundesregierung seit der Wiedervereinigung unter schwierigeren Vorzeichen ins Amt.
Alexander Schmitt
Crossmedia
Merz spricht von hohem Druck bei Koalitionsverhandlungen
Der designierte Kanzler Friedrich Merz eröffnet den Bundesausschuss der CDU. Die 160 Delegierten der Partei sollen die Zustimmung zum Koalitionsvertrag mit der SPD geben. Merz spricht zu Beginn der Veranstaltung von den Schwierigkeiten, vor denen Union und SPD bei den Koalitionsverhandlungen standen.
Söder freut sich über CSU-Einfluss in künftiger Regierung
CSU-Parteichef Markus Söder hat angekündigt, dass er selbst eine aktive Rolle bei der Regierungsarbeit in Berlin übernehmen werde. »Ich passe auf, dass es läuft«, sagte Söder auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der CSU-Personalien in München. Söder bezog diese Aussage auf Erfolge, die man für Bayern erzielen wolle. Er unterstrich aber auch: »Ich unterstütze unsere Bundesminister.« Die Landesvertretung in Berlin wolle er zu einem »bayerischen Stützpunkt ausbauen«.
Söder stellte in Aussicht, selbst in Berlin anwesend zu sein, wenn es nötig sei. Er verfüge über die »Physis, maximal anspielbar zu sein«. Ein wichtiger Zugriff für Söder wird über den Staatssekretärs-Posten laufen, den sich die CSU im Bundesaußenministerium herausgehandelt hat. »Wir sitzen endlich im Außenministerium«, so Söder.
Als Ministerpräsident gehört Söder nicht der Bundesregierung an – formale Zuständigkeiten werden ihn aber kaum von Wortmeldungen abhalten.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
SPD will Kabinettsriege erst am 5. Mai vorstellen
Die Posten von CDU und CSU sind klar, beim linken Koalitionspartner noch nicht. Die SPD will ihre Vorschläge für Kabinettsposten in der geplanten schwarz-roten Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen erst am 5. Mai bekannt geben. Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtete über das Datum. Die Posten stehen damit erst eine Woche nach Bekanntgabe der Unions-Namen.
Am morgigen Dienstag endet ein Mitgliedervotum der SPD zur Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Am Mittwoch wollen die Sozialdemokraten das Ergebnis bekannt geben. Dann hätten die Genossinnen und Genossen noch mal fünf Tage, um sich final über das Kabinett einig zu werden. Co-Parteichef Lars Klingbeil hatte bisher offengelassen, ob er Finanzminister und damit Mitglied der Bundesregierung wird.
Anna Ehlebracht
Newsressort
Alexander Hoffmann soll CSU-Landesgruppenchef werden
Der Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann wird Nachfolger von Alexander Dobrindt als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Das sagt Parteichef Markus Söder nach einer Sitzung des Parteivorstands in München. Der 50-Jährige aus Unterfranken sitzt seit 2013 im Bundestag und war im März zum Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag gewählt worden. Dobrindt soll das Bundesinnenministerium übernehmen.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Den zweiten Akt des Tages nach der Verkündung der Ministerinnen und Minister sowie der Parlamentarischen Staatssekretäre und Staatsminister im Konrad-Adenauer-Haus begeht die CDU im Estrel-Hotel in Berlin. Von 13 Uhr an tagt der Bundesausschuss der Partei, um über den Koalitionsvertrag mit der SPD zu beraten. Eine Zustimmung des Kleinen Parteitags gilt als sicher. Allerdings will Friedrich Merz in seiner für 13.50 Uhr avisierten Rede dem Eindruck entgegentreten, er sei den Sozialdemokraten zu weit entgegengekommen. Diese Debatte dürfte ihn allerdings noch länger begleiten. Mit den Besetzungen der Ministerposten und des Fraktionsvorsitzes scheint er da schon ein Zeichen setzen zu wollen, brüskierte aber schon einmal den Arbeitnehmerflügel der CDU.
»Eine Bundesregierung ohne Beteiligung der CDA kannte ich bisher nur aus Zeiten, in denen die CDU in der Opposition war«, sagte CDA-Chef Dennis Radtke der »Süddeutschen Zeitung«. Dies sei befremdlich und falsch. »Die Defizite beim sozialen Profil begleiten uns seit vielen Jahren und sorgen mit dafür, dass die öffentliche Wahrnehmung der CDU an vielen Stellen kaltherzig und unsozial ist«, monierte er. Merz hat sich bei der Personalauswahl erkennbar nicht von Proporz-Gedanken leiten lassen. Der große Landesverband Niedersachsen ging leer aus bei der Ministerkür, das kleine Schleswig-Holstein ist dagegen gleich zweimal vertreten. Zudem holt Merz zwei Quereinsteiger aus der Wirtschaft ins Kabinett. Das dürfte zumindest parteiintern noch Diskussionsstoff liefern.
Anna Ehlebracht
Newsressort
Digitalminister Wildberger: Viel Detailwissen – aber kann er auch in der Politik überzeugen?
Die Personalie Wildberger hat durchaus überrascht. Meine Kollegin Kristina Gnirke aus dem Wirtschaftsressort ordnet ein:
Mit Karsten Wildberger betritt jemand die politische Bühne, dem beim Fachwissen schwerlich etwas vorzumachen sein wird. Den lange schwächelnden Technikhändler MediaMarktSaturn hat er als Firmenchef wieder in die Spur gebracht, das Unternehmen auf Effizienz getrimmt, schlau die richtigen Weichen gestellt.
Weggefährten und Geschäftspartner erleben Wildberger als »intellektuell, wahnsinnig schlau«, wie einer sagt, konzeptionell und analytisch stark. Er gilt als jemand, der sich tief in die Materie hineindenkt, nicht nur oberflächlich verstehen will, welche Strategie nötig ist.
Doch gelingt es ihm auch, seine Ideen öffentlich mundgerecht zu servieren? Das wird für Wildberger als Digitalminister künftig die große Frage sein. Er wirkt akribisch, aber eher blass. Kein Menschenfänger, der andere sofort für sich einnimmt. Wildberger besticht durch sein Wissen, seine Analyse. Doch was, wenn die Leute es gar nicht so genau wissen wollen, wenn sie wie derzeit eher die Marktschreier bevorzugen? Es wäre gut, wenn es Wildberger gelingt, mit seinem Detailwissen überzeugen zu können, wenn konzeptionelle Stärke gegen Krawall bestehen könnte.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Neue Wirtschaftsministerin Reiche erntet bisher Lob
Robert Habeck geht, Katherina Reiche kommt: Die designierte Wirtschaftsministerin kommt bei Branchenverbänden bisher gut an. »Katherina Reiche ist eine ausgewiesene Expertin im Bereich Energiepolitik«, erklärte etwa Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. »Frau Reiche kennt die Herausforderungen auf Seiten der Politik ebenso wie auf Seiten der Wirtschaft und der Verbände und weiß um die Bedeutung des Dialogs.«
Und auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat Lob übrig: »Der BEE begrüßt, dass mit Katherina Reiche eine erfahrene Kandidatin für das Amt der Wirtschafts- und Energieministerin gefunden wurde«, erklärt Verbandschefin Simone Peter. »Sowohl in ihren politischen und Regierungspositionen, als auch in ihren Führungspositionen in Wirtschaft und Verbänden sowie bis heute als Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung hat sie sich umfangreiche Kompetenzen erarbeitet.«
Anna Ehlebracht
Newsressort
Diese designierten Ministerinnen und Minister überraschen
Lesen Sie hier mehr: Die Personalien der Union für die neue Bundesregierung im Schnellcheck.
Maria Fiedler
Hauptstadtbüro
Die Personalie Spahn
Dass Jens Spahn Chef der Unionsfraktion werden soll, das galt schon in den vergangenen Tagen als nahezu sicher. Spannend ist die Personalie dennoch. Der bisherige Unionsfraktionsvize konkurrierte einst mit Merz um den CDU-Vorsitz. Seitdem hat Spahn immer wieder kontroverse Debatten angestoßen – zuletzt mit dem Vorschlag, die AfD wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln.
Die Personalie Spahn ist heikel für Merz. Zwar gilt Spahn, der unter Angela Merkel Gesundheitsminister war, als brillanter Netzwerker und als politisches Talent. Seine Gegner in den eigenen Reihen werfen ihm aber ein polarisierendes, teilweise populistisches Auftreten vor. Zudem arbeitet Spahn gerne auf eigene Rechnung. Der Fraktionsvorsitz könnte für ihn das Sprungbrett für ein noch höheres Ziel sein: das Kanzleramt.
Mehr zur Personalie lesen Sie hier:
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Jens Spahn soll neuer Unionsfraktionsvorsitzender werden
CDU-Chef Friedrich Merz will seinen Posten als Unionsfraktionschef abgeben – an Jens Spahn. Nach SPIEGEL-Informationen verkündete Merz im CDU-Bundesvorstand, dass er Spahn zusammen mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen will. Auch die Nachrichtenagentur AFP meldete die Personalie.
Den Fraktionsvorsitz hat derzeit noch Merz inne, der aber am 6. Mai zum Kanzler gewählt werden soll.
Maria Fiedler
Hauptstadtbüro
Neue Gesichter im Kabinett Merz
Eines muss man Merz lassen: Mehrere Personalien in seinem Team sind wirklich überraschend. Als gesetzt galten sein Vertrauter Thorsten Frei als Kanzleramtschef und Fraktionsvize Johann Wadephul als Außenminister. Unionspolitiker rechneten außerdem seit Längerem damit, dass Karin Prien, Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, einen Posten in Merz' Kabinett bekommt.
Ein Ausrufezeichen setzt Merz dagegen mit Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin. Über sie war in den vergangenen Tagen bereits spekuliert worden. Reiche ist aktuell Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG, war früher Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrs- und im Umweltministerium. Sie soll den Osten im Kabinett repräsentieren – auch wenn die gebürtige Brandenburgerin schon länger nicht mehr dort lebt.
Überraschend sind auch Patrick Schnieder als Verkehrsminister, Nina Warken als Gesundheitsministerin und Karsten Wildberger als Digitalisierungsminister. Die drei hatte lange niemand auf dem Zettel. Schnieder ist Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion und Verkehrsexperte. Die Juristin Warken, ebenfalls Parlamentarische Geschäftsführerin, hat sich dagegen bislang nicht als Gesundheitsexpertin profiliert. Und Wildberger, als neuer Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, ist ein Quereinsteiger. Er ist unter anderem Vorstandsvorsitzender der MediaMarktSaturn-Gruppe. Merz hebt damit einige neue Gesichter in sein Kabinett, die sich jetzt bewähren müssen.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
CSU-Posten: Dobrindt soll Innenminister werden, Dorothee Bär Forschung übernehmen
Der CSU-Vorstand tagt noch, aber erste Namen über die Besetzungen des Kabinetts kursieren bereits. Nach SPIEGEL-Informationen soll Alexander Dobrindt künftiger Innenminister werden. Weiterhin soll Dorothee Bär Forschungsministerin werden, das Landwirtschaftsministerium könnte an Alois Rainer gehen. Auch andere Medien hatten bereits über die Besetzung berichtet.
Als Staatssekretäre wurden Florian Hahn fürs Auswärtige Amt, Daniela Ludwig fürs Innenministerium, Silke Launert fürs Forschungsministerium, Martina Engelhardt-Kopf fürs Landwirtschaftsministerium und Ulrich Lange fürs Verkehrsministerium genannt.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Diese Posten sind noch offen
Die CDU hat ihr Personaltableau bekannt gegeben, CSU und SPD noch nicht. Die Christsozialen wollen die designierten Ministerinnen und MInister im Laufe des Montags bekannt geben, die SPD will ihre Kandidatinnen und Kandidaten für das neue Kabinett erst nach dem Ende des laufenden Mitgliederentscheids am Dienstag präsentieren.
Die CSU wird das Innenministerium, das neu gebildete Ministerium für Forschung und Raumfahrt sowie das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft besetzen. Als neuer Innenminister wird der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gehandelt.
Die SPD erhält das Finanzministerium, das Verteidigungsministerium, das Ministerium für Arbeit und Soziales, das Ministerium für Entwicklung, das Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, das Justizressort sowie das Ministerium für Bauen und Wohnen.
Marc Röhlig
Redakteur im Hauptstadtbüro
Das sind die designierten Staatsministerinnen und Staatssekretäre
Neben den sieben Bundesministerinnen und Bundesministern hat die CDU auch weitere Staatsämter zu besetzen. Diese Personalien wurden bekannt gegeben:
- Dr. Christiane Schenderlein: Staatsministerin für Sport und Ehrenamt
- Dr. Wolfram Weimer: Staatsminister für Kultur und Medien
- Dr. Michael Meister: Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit
- Serap Güler: Staatsministerin im Bundesministerium des Auswärtigen
- Gunther Krichbaum: Staatsminister im Bundesministerium des Auswärtigen
Und folgende Parlamentarische Staatssekretäre sind für die Ministerien vorgesehen.
Bundeswirtschaftsministerium:Gitta Connemann wird Parlamentarische Staatssekretärin und Mittelstandsbeauftragte.
Stefan Rouenhoff wird Parlamentarischer Staatssekretär.
Philipp Amthor und Thomas Jarzombek werden Parlamentarische Staatssekretäre.
Bundesgesundheitsministerium:Georg Kippels und Tino Sorge werden Parlamentarische Staatssekretäre.
Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend:Mareike Wulf wird Parlamentarische Staatssekretärin und
Michael Brand wird Parlamentarischer Staatssekretär.
Christian Hirte wird Parlamentarischer Staatssekretär.
Bundesministerium des Innern (CSU-geführt):Christoph de Vries wird Parlamentarischer Staatssekretär.
Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (CSU-geführt):Silvia Breher wird Parlamentarische Staatssekretärin.
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (CSU-geführt):Matthias Hauer wird Parlamentarischer Staatssekretär.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Vier Männer, drei Frauen: Diese Ministerinnen und Minister holt Merz in sein Team
CDU-Chef Friedrich Merz hat offiziell bekannt gegeben, wer für seine Partei ins Kabinett kommen soll. Folgende Namen wurden auf der Präsidiumssitzung im Adenauer-Haus vorgestellt:
- Thorsten Frei: Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts
- Karin Prien: Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Katherina Reiche: Bundesministerin für Wirtschaft und Energie
- Patrick Schnieder: Bundesminister für Verkehr
- Dr. Johann David Wadephul: Bundesminister des Auswärtigen
- Nina Warken: Bundesministerin für Gesundheit
- Dr. Karsten Wildberger: Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Die Namen sind zunächst designiert. Bevor das neue Kabinett steht, müssen CDU, CSU und SPD den Koalitionsvertrag absegnen – und Merz selbst muss kommende Woche im Bundestag zum neuen Kanzler gewählt werden. Die Wahl ist für den 6. Mai angesetzt. Erst dann können alle übrigen Personalien offiziell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Amt vereidigt werden.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Frei rechnet mit breiter CDU-Zustimmung für Schwarz-Rot
Sind die Christdemokraten an Bord? Für Unionsparlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei ist das kaum eine Frage wert. Er ist überzeugt, dass der kleine Parteitag der CDU eine »breite Zustimmung« bringe, sagte der CDU-Politiker am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«.
»Als wir die Ergebnisse des Koalitionsvertrages vorgestellt haben, gab es sehr viel Zustimmung, weil wir die Grundlagen dafür gelegt haben, einen Politikwechsel in Deutschland zu schaffen«, sagte Frei. Auf die Frage, ob die CDU trotz Kritik aus den eigenen Reihen dem Papier zustimmen werde, fügte er hinzu: »Ja, das glaube ich.«
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Merz lobt seine »sehr, sehr gute« Regierungsmannschaft
Seit einigen Wochen steht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – das Kabinett ist aber noch unbekannt. Bis auf diverse Spekulationen. Am heutigen Montag will CDU-Chef Friedrich Merz in Berlin die künftigen Ministerinnen und Minister präsentieren, die seine Partei in die Bundesregierung entsendet. Parallel dazu stellt CSU-Chef Markus Söder seine Kandidaten in München vor.
Die CDU stellt laut Koalitionsvertrag sieben der insgesamt 17 Ministerinnen und Minister, ebenso wie die SPD. Auf die CSU entfallen drei Ressorts.
Merz lobte vorab den CDU-Teil der Riege als »eine wirklich sehr, sehr gute Regierungsmannschaft«. Der Unionsfraktionschef nannte in der Innenpolitik die Migration und in der Außenpolitik die großen Unsicherheiten auf der Welt. Zudem müsse Deutschland Chancen nutzen, um aus der Wachstumskrise herauszufinden. Sein Personal sei dafür gut aufgestellt.
Das ist der Fahrplan für die CDU:
- Um 9 Uhr trifft sich das Präsidium im Adenauer-Haus
- Um 10 Uhr tagt der Bundesvorstand
- Um 13 Uhr soll auf einem Kleinen Parteitag der CDU der Koalitionsvertrag abgesegnet werden
- Dort spricht um 14 Uhr dann CDU-Chef Merz
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