News: Gräueltaten im Sudan, New York, Zohran Mamdani, Demokraten, Donald Trump, Johann Wadephul

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Die Lage am Morgen Der Genozid, über den kaum jemand spricht

Heute geht es um die Mitschuld der Staatengemeinschaft an den Gräueltaten im Sudan. Wir blicken auf einen politischen Stimmungstest in den USA. Und wir befassen uns mit der Demontage des Außenministers durch die eigene Partei.

05.11.2025, 05.39 Uhr

Wer stoppt das Morden im Sudan?

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab sich die Staatengemeinschaft ein Versprechen: Nie wieder sollte es zu einem Völkermord kommen, wie ihn Nazideutschland begangen hatte. Es ist ein Versprechen, das seither immer wieder gebrochen wurde. Zwar ist der Holocaust singulär. Doch an verschiedenen Orten, in Ruanda, in Srebrenica, in Gaza, ist es zu Massakern gekommen, die Beobachter als Genozid einstufen. Und jedes Mal aufs Neue stellte sich die Welt die Frage, wie es passieren konnte.

 Berichte über willkürliche Hinrichtungen

Geflüchtete aus Faschir: Berichte über willkürliche Hinrichtungen

Foto: Mohammed Jammal / UNICEF / AP / dpa

So auch jetzt im Sudan (mehr dazu hier). Seit mehr als zwei Jahren führt die Miliz Rapid Support Forces (RSF) unter der Führung des Generals Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemeti, Krieg gegen die Armee. Mindestens 150.000 Menschen wurden in dem Konflikt getötet, mehr als 14 Millionen vertrieben. Ende Oktober eroberten die RSF die Stadt Faschir, im Westsudan, jetzt berichten Beobachter von willkürlichen Hinrichtungen und Verschleppungen (mehr dazu hier).

Die Uno spricht von der derzeit größten humanitären Krise der Welt. Und doch erfährt diese Krise international nur wenig Aufmerksamkeit. Als Hemetis Truppen vor zwei Jahrzehnten in der Region Darfur schon einmal einen Genozid verübten, sorgte das für einen Aufschrei. Unter anderem George Clooney reiste damals ins Krisengebiet. Nun bleibt das Morden beinahe unkommentiert. Annalena Baerbock war der Sudan in ihrer Eröffnungsrede auf der Uno-Generalversammlung in New York noch nicht einmal eine Erwähnung wert.

Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Sudan ist auch deshalb so fatal, weil sich dieser Krieg beenden ließe, wie Muriel Kalisch, SPIEGEL-Korrespondentin in Nairobi, analysiert. Beide Kriegsparteien werden aus dem Ausland unterstützt, von Saudi-Arabien, Ägypten, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sollten sich die Sponsoren dieses Kriegs zurückziehen, wäre wohl auch der Krieg rasch vorbei.

Demokraten jubeln nach Wahlsiegen in den USA

Es ist das erste echte Barometer für die politische Stimmung in den USA seit dem Amtsantritt von Donald Trump. Und auch wenn der US-Präsident ziemlich genau ein Jahr nach seinem Wahlsieg natürlich nicht selbst zur Abstimmung stand, sagen die Zahlen dieser Nacht dennoch einiges über das Land aus. Zum Redaktionsschluss dieser Lage waren noch nicht alle Stimmen restlos ausgezählt, dennoch dürfte klar sein: Im Weißen Haus ist man gar nicht begeistert.

Zohran Mamdani (am 26. Oktober)

Zohran Mamdani (am 26. Oktober)

Foto: Heather Khalifa / AP / dpa

Denn in Trumps Geburtsstadt New York City wird schon bald der linke Demokrat Zohran Mamdani ins Rathaus einziehen (hier  mehr über seinen Wahlkampf). Mehrere US-Medien erklärten ihn in den frühen Morgenstunden zum Sieger. Trump hatte sich noch am Vortag in den Wahlkampf eingemischt und der Metropole mit dem Entzug von Bundesgeldern gedroht (mehr hier), sollte sein erklärter Gegner Mamdani gewinnen. Genützt hat es wenig.

Doch nicht nur im Big Apple dürfen die Demokraten jubeln. In Virginia gewann die Demokratin Abigail Spanberger die Gouverneurswahl, wie US-Medien übereinstimmend meldeten. Spanberger ist die erste Frau, die künftig an der Spitze des Bundesstaates stehen wird. Zudem setzte sich ihre Parteikollegin Mikie Sherrill Prognosen des Analysedienstes Decision Desk HQ zufolge auch in New Jersey durch.

Dauerbaustelle Bürokratieabbau

Mit dem »Bürokratieabbau« verhält es sich ein wenig so wie mit der »Digitalisierung des Staates« oder der »Vereinfachung des Steuersystems«. Es ist eine jener Reformen, die sich fast jede Bundesregierung vornimmt, wenn sie neu ins Amt kommt – und dann nicht oder nur halbherzig umsetzt.

 Im Einzelfall lässt sich fast jede Regelung begründen

Minister Wildberger: Im Einzelfall lässt sich fast jede Regelung begründen

Foto: Florian Gaertner / IMAGO

Jetzt hat also auch die Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz ein Gesetz zum Bürokratieabbau angekündigt (mehr dazu hier). An diesem Mittwoch tagt dazu eigens das sogenannte Entlastungskabinett. Es soll ein Eckpunktepapier zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen beschließen, das Karsten Wildberger, Minister für Digitales und Staatsmodernisierung, dann innerhalb eines Vierteljahres in ein Gesetz verwandeln will. Laut Statistischem Bundesamt existierten Ende März dieses Jahres allein 12.390 verschiedene Informationspflichten für Unternehmen. In der Industrie beliefen sich die entsprechenden Kosten pro Arbeitsplatz auf gut 1400 Euro im Jahr, berichtet die »Süddeutsche Zeitung«.

Dabei lässt sich im Einzelfall fast jede Regelung begründen, wie mein Kollege Nikolaus Blome analysiert. Er plädiert deshalb für eine grundsätzlich andere Herangehensweise: »Es gibt keine Bürokratie, die man loswerden könnte. Es gibt nur Bürokratie, die man loswerden will.«

Die Selbstdemontage der CDU

Friedrich Merz ist seit rund einem halben Jahr im Amt. Er müsste in dieser Zeit gelernt haben, dass eine Debatte nicht dadurch endet, dass der Kanzler sie für beendet erklärt. So war es unter anderem bei der Stadtbild-Kontroverse, die trotz eines vermeintlichen Merz-Machtworts über Tage weiter schwelte. Und so ist auch im Streit über Abschiebungen nach Syrien (mehr dazu hier).

 Noch mehr Irritation

Außenminister Wadephul, Innenminister Alexander Dobrindt: Noch mehr Irritation

Foto: Andreas Gora / IMAGO

Außenminister Johann Wadephul hatte vergangene Woche bei einem Besuch in Syrien gesagt, er könne sich nicht vorstellen, dass Geflüchtete rasch in das von dem jahrelangen Bürgerkrieg verwüstete Land zurückkehren können. Der CDU-Politiker hatte, so kann man es zusammenfassen, inmitten der Zerstörung Empathie gezeigt. In der CDU, die die Welt seit einer Weile fast ausschließlich durch die Linse der Asylzahlen betrachtet, reichte das schon, um eine Meuterei auszulösen. Seit Tagen sind Wadephuls Parteifreunde darum bemüht, die Aussage des Ministers zu relativieren. Zuletzt hat Merz am Montag bekräftigt, Abschiebungen nach Syrien könnten schon jetzt beginnen.

Befriedet ist der Streit damit nicht. Er spitzt sich eher noch weiter zu, wie meine Kolleginnen und Kollegen aus dem SPIEGEL-Hauptstadtbüro berichten. In der Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag sollte sich Wadephul erklären – und löste augenscheinlich nur noch mehr Irritation aus, unter anderem, indem er die Zerstörung Syriens mit jener in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg verglich. Erste Abgeordnete sollen nun bereits seinen Rücktritt fordern.

Fraktionschef Jens Spahn warf Wadephul offenbar indirekt vor, das Erscheinungsbild der Koalition zu beschädigen. Jener Spahn, der es im Sommer nicht vermocht hatte, die Mehrheit für eine Richterinnenwahl zu organisieren. Die Demontage des Außenministers hat inzwischen ein solches Ausmaß angenommen, dass sich der Bundespräsident genötigt sah, ihm beizuspringen. Wenn jemand vor den Trümmern eines Kriegs stehe und sein Erschrecken äußere, sagte Frank-Walter Steinmeier dem Deutschlandfunk, dann könne man diesem Erschrecken auch mal eine Weile Raum lassen.

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Gewinnerin des Tages…

…ist Karoline Preisler. Die FDP-Politikerin und Aktivistin hat sich seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel vom 7. Oktober 2023 immer wieder israelfeindlichen Demonstrationen entgegengestellt, zwei bis drei Kundgebungen besuchte sie mitunter pro Woche. Sie hielt dabei ein Schild in der Hand mit Slogans wie »Believe Israeli Women« oder »Until the last Hostage«. An diesem Mittwoch verleiht ihr der Zentralrat der Juden in Berlin den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage.

 »Believe Israeli Women«

Aktivistin Preisler: »Believe Israeli Women«

Foto:

Omer Messinger / Getty Images

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Arne Bellstorf / DER SPIEGEL

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