News: Friedrich Merz, Donald Trump, Linkspartei, Palästina, Bundestag Bombenentschärfung, Köln

vor 1 Tag 1

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Im Hochrisikogebiet

Es ist schon viel gesagt worden über the German visit of all visits heute in Washington, und Bundeskanzler Friedrich Merz hat für sein Treffen mit US-Präsident Donald Trump sicher genügend gut gemeinte Ratschläge mit auf den Weg bekommen. Die kann er auch gut gebrauchen, denn eine Visite im Oval Office ist mittlerweile die Achterbahnfahrt unter den Staatsbesuchen, ein Hochrisikogebiet – Grüße gehen raus an die Präsidenten der Ukraine und Südafrikas.

Bundeskanzler Friedrich Merz, US-Präsident Donald Trump

Bundeskanzler Friedrich Merz, US-Präsident Donald Trump

Foto: Ralf Hirschberger; Jim Watson / AFP

Es geht um die großen Themen: US-Zölle, Handelsstreit, Ukraine-Unterstützung, Sanktionen gegen Russland. Potenziell konfliktträchtig, die Meinungen gehen auseinander (wie Trump die EU mit seinen neuen Abgaben auf Stahl und Aluminium überrascht hat, lesen Sie hier ). Nicht ausgeschlossen, dass es zu Verstimmungen bei dem Mann kommt, der aus dem Oval Office eine Vorhölle aus Gold gemacht hat. Bei dem Bling-Bling im präsidialen Arbeitszimmer dürfte sogar der härteste Gangsta-Rapper große Augen kriegen (sogar die Fernbedienung des Fernsehers ist laut CNN aus Gold).

Da ist Vorbereitung alles – auch diese Morgenlage hat natürlich einen Ratschlag parat: Vielleicht sollte der Bundeskanzler noch mal in seine eigenen Bücher schauen. Oder – noch besser – sie Trump als Geschenk mitbringen. Darunter Titel, die ganz nach Trumps Geschmack sein dürften, etwa: »Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der Wohlstandsillusion«. Oder, als Input für das Zoll-Thema: »Mehr Kapitalismus wagen«.

»Nach allem, was aus dem Kanzleramt zu hören ist, hat Merz nicht vor, sich vor Trump in den Staub zu werfen«, schreibt meine Kollegin Marina Kormbaki aus unserem Hauptstadtbüro. Sie begleitet Merz nach Washington. Also falls Trump oder einer seiner Adjutanten, Vizepräsident JD Vance oder Außenminister Marco Rubio, nicht widerstehen können, die angeblich bedrohte Meinungsfreiheit in Deutschland zu kritisieren, kann der Bundeskanzler immer noch einfach seinen sauerländischen Charme erkennen lassen, ganz ohne German Angst.

»Bekenntnis«: Palestine

Dass Abgeordnete wegen vermeintlichem oder tatsächlich unflätigem Verhalten aus dem Plenarsaal des Bundestages geworfen werden, kommt immer wieder vor. Legendär der Rausschmiss von Joschka Fischer, nachdem er 1984 Bundestagspräsident Richard Stücklen ein »Arschloch« nannte. Immerhin hatte er ein »Mit Verlaub« vorangestellt. SPD-Grande Herbert Wehner flog 1950 raus, weil er einen Alt-Nazi verprügelte, der gegen jüdische Widerstandskämpfer hetzte. AfD-Frau Beatrix von Storch wurde 2020 des Saals verwiesen, weil sie sich renitent weigerte, eine Coronamaske zu tragen.

Abgeordnete Cansın Köktürk vor dem Rauswurf

Abgeordnete Cansın Köktürk vor dem Rauswurf

Foto: Clemens Bilan / EPA

Seit gestern steht nun auch der Name Cansın Köktürk auf dieser Liste. Parlamentspräsidentin Julia Klöckner forderte sie auf, den Saal zu verlassen. Sie war zu der Debatte, bei der unter anderem Außenminister Johann Wadephul befragt wurde, mit einem T-Shirt mit der Aufschrift »Palestine« erschienen. Ein Regelverstoß, »weder Aufkleber noch sonstige Bekenntnisse auf T-Shirts« seien erlaubt, so Klöckner (warum die Bundestagspräsidentin zuletzt die eigene Regierung gerügt hat, lesen Sie hier ). Kurz darauf unterbrach eine Besucherin Wadephuls Rede mit »Free Palestine, stop the genocide«-Rufen von der Tribüne, auch sie flog raus. Der Außenminister beschuldigte indirekt Köktürk: Die Linke solle überdenken, »was Sie auch hervorrufen, wenn Sie Kolleginnen haben, die so ein Shirt hier im Plenarsaal tragen.«

Dinge zu überdenken schadet nie, guter Tipp. Könnte auch der Außenminister beherzigen. Etwa bei der Frage, was man hervorruft, wenn man das Wort »Palästina« skandalisiert.

Schafft Trump einen Deal mit Iran?

Es ist der Ausstieg aus dem Ausstieg: US-Präsident Donald Trump kündigte in seiner ersten Amtszeit 2018 das Atomabkommen mit Iran auf. Es sei »desaströs« und könne Iran nicht am Bau einer Atombombe hindern. Jetzt will Trump einen neuen Deal. Dafür verhandeln die USA und Iran seit April wieder. Fünf Gesprächsrunden unter Vermittlung des Oman hat es bereits gegeben. Wann die sechste Runde folgt, ist unklar.

Irans Oberster Führer Ali Khamenei bei einer Ansprache in Teheran

Irans Oberster Führer Ali Khamenei bei einer Ansprache in Teheran

Foto: AFP

Meine Kolleginnen und Kollegen haben in einer lesenswerten Analyse den Stand der Verhandlungen mit interessanten Details zusammengetragen. So verliefen die Gespräche etwa so, dass die Delegationen nicht an einem Tisch sitzen, sich nicht einmal im selben Raum aufhalten würden. »Auf eine persönliche Begrüßung der Verhandlungsführer folge die räumliche Trennung«, erfuhr das Team aus Vermittlerkreisen. Fragen und Antworten würden durch die omanischen Diplomaten an die jeweils andere Seite weitergegeben.

Das Fazit meiner Kolleginnen: Scheitern die Verhandlungen, könnte der Region die nächste Krise bevorstehen. Israel droht seit Längerem mit einem Militärschlag, um die iranischen Nuklearanlagen ein für alle Mal auszuschalten – lieber gestern als heute. Noch gibt es dafür kein grünes Licht aus dem Weißen Haus.

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  • Vorsicht vor der fossilen Falle! Die neue Regierung fördert E-Autos – doch statt Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit stehen Luxus-Dienstwagen im Fokus. Für Normalverdiener mit Verbrennerauto bedeutet diese Strategie nichts Gutes .

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Gewinnerinnen und Gewinner des Tages…

…sind 20.000 Kölnerinnen und Kölner, die ihre Häuser und Wohnungen im Zentrum ihrer Stadt wegen der Entschärfung dreier Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg verlassen mussten.

Team der Kampfmittelbeseitigung in Köln mit entschärfter Bombe

Team der Kampfmittelbeseitigung in Köln mit entschärfter Bombe

Foto: Kadir Ilboga / Anadolu Agency / IMAGO

Es war eine der größten und aufwendigsten Evakuierungsmaßnahmen seit Ende des Krieges. Auch ein Krankenhaus und zwei Seniorenheime waren betroffen. Straßen wurden gesperrt, Schulen und Kitas blieben geschlossen, drei Rheinbrücken wurden gesperrt, Bahn-, Schiff- und Flugverkehr waren eingeschränkt. Nach allem, was zu lesen ist, verlief die Aktion einigermaßen geräuschlos, glücklicherweise auch die Entschärfung der Bomben. Die Kölnerinnen und Kölner nahmen es gelassen – der Et-küttt-wie-et-küt-ismus, das Kölsche Grundgesetz, dürfte hilfreich gewesen sein. Die letzte Entschärfung war es sicher nicht, die Millionenstadt gehört zu den am stärksten bombardierten Städten des Krieges.

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Trump-Regierung verhängt Einreiseverbote gegen zwölf Länder: Es wirkt wie eine Neuauflage des berüchtigten »Muslim Ban« von 2017: Menschen aus einem Dutzend vor allem armer Länder dürfen nicht mehr in die USA reisen. Donald Trump hat eine merkwürdige Begründung.

  • Zeugin berichtet von Angriff durch Sean »Diddy« Combs auf Hochhausbalkon: Er packte sie auf einem Balkon im 17. Stockwerk eines Hauses und hob sie aufs Geländer: So schilderte eine Zeugin vor Gericht einen mutmaßlichen Angriff von Sean Combs. Sie sprach auch über einen weiteren mutmaßlichen Vorfall.

  • Ryanair-Maschine muss auf Flughafen Memmingen notlanden – sieben Verletzte: Das Unwetter über Süddeutschland hat eine Passagiermaschine von Ryanair schwer durchgeschüttelt. Nach Turbulenzen musste das Flugzeug in Memmingen notlanden. Sieben Menschen an Bord wurden verletzt.

Heute bei SPIEGEL Extra: Autsch! Wieso wir Schmerzen unterschiedlich stark empfinden

Foto:

Anke Doerschlen / plainpicture

Manche Menschen ertragen schwere Blessuren stoisch, andere leiden laut bei der kleinsten Schramme. Wie sehr die Wahrnehmung von Schmerz auseinandergeht – und was helfen kann, ihn besser auszuhalten. 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Özlem Topçu, Leiterin des SPIEGEL-Auslandsressorts

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