News des Tages: Russland vor Rezession, Diplomatie in Genf, Los Angeles Lakers

vor 4 Stunden 1

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1. Kommunikation und Konfrontation

Schon oft war Genf Schauplatz internationaler Verhandlungen, die Konflikte lösen oder zumindest eindämmen sollten. Die Stadt ist ein Zentrum für Diplomatie, ein Ort, an dem vermittelt wurde und oft neue internationale Regeln entstanden sind.

Heute sitzt in Genf seit dem Nachmittag Außenminister Johann Wadephul (CDU) mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien zusammen, um mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi zu beraten, wie man den Krieg zwischen Israel und Iran stoppen kann. Wadephul, Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) wollen ausloten, ob Teheran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm und zum Verzicht auf den Bau von Atomwaffen bereit ist. An den Gesprächen nimmt auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teil.

Doch der heiklen Mission ging eine Konfrontation voraus. Vor dem Treffen schickte Araghchi seine Botschaft: »Wir haben deutlich gemacht, dass es keinen Platz für Diplomatie und Dialog gibt, solange die Aggression nicht aufhört.« Er verlangt also mindestens eine Feuerpause, so wie bereits die Außenminister Algeriens, Ägyptens, des Irak, Jordaniens, Kuwaits, Libyens, Mauretaniens, Pakistans, Saudi-Arabiens, des Sudan und der Türkei.

Israels Verteidigungsminister Israel Katz dagegen wies das israelische Militär heute an, »die Angriffe auf für das Regime wichtige Ziele in Teheran zu intensivieren«, um das iranische Regime zu »destabilisieren«. »Wir müssen alle Symbole des Regimes (…) und die Machtbasis des Regimes, wie die Revolutionswächter, angreifen«, sagte Katz in einer Erklärung.

Wie unter diesen Voraussetzungen eine Verhandlungslösung gefunden werden soll, bleibt schleierhaft. Gut möglich, dass das Treffen nicht für den Katz ist, aber für die Katz. (Lesen Sie hier  die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte zum Thema.)

2. Keine Zwiebeln, trotzdem Tränen

Wenn Russlands Machthaber Wladimir Putin öffentlich auftritt, verbreitet er stets die Legende des unbesiegbaren Russlands. Ein potentes Land mit modernstem Militär, traditionsreicher Kultur und starker Wirtschaft.

Doch das Land ist nicht mal mehr in der Lage, seine Bevölkerung mit ausreichend Kartoffeln und Zwiebeln zu versorgen. Nun warnte Russlands Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg (SPIEF) ungewöhnlich deutlich vor Problemen für die einheimische Wirtschaft: »Den Zahlen nach haben wir eine Abkühlung, den aktuellen Empfindungen der Unternehmer nach sind wir schon an der Grenze zum Übergang in eine Rezession«, sagte er.

»Es ist das öffentliche Eingeständnis eines Offiziellen, dass sich die wirtschaftliche Lage in Russland nach mehr als drei Jahren nach Putins Befehl für den Angriffskrieg verschlechtert«, schreibt meine Kollegin Christina Hebel, Korrespondentin in Moskau.

Haupttreiber ist die grassierende Inflation. Die Lebensmittelpreise sind drastisch gestiegen. Die Teuerungsrate liegt derzeit offiziell bei 9,6 Prozent. Die Zentralbank versucht, mit einem Leitzins von 20 Prozent gegenzusteuern, was jedoch Investitionen hemmt. Man könne Reschetnikows Äußerung »auch als Versuch werten, den Druck auf die Zentralbank und ihre Chefin zu erhöhen, den Leitzins zu senken«, so Christina.

Die russische Wirtschaft konnte sich nach dem Angriff auf die Ukraine zunächst durch Umstellung auf Kriegsproduktion behaupten, doch zivile Sektoren wie Bau, Autoindustrie und Landmaschinenbau leiden unter Sanktionen, Personalmangel und hohen Kosten. Die Nachfrage nach Neuwagen und Landmaschinen brach ein, viele Arbeiter wurden entlassen oder in Zwangsurlaub geschickt. Auch die Getreideernte ist rückläufig, obwohl der Kreml eine Steigerung anstrebt. Die Regierung hofft auf eine bessere Ernte und fallende Preise. Hoffnung als letztes Mittel. (Lesen Sie hier auch den Text meiner Kollegin Ann-Dorit Boy )

Dass das stark sanktionierte Russland in eine Rezession rutscht, hatten Experten vorausgesagt, sagt die SPIEGEL-Korrespondentin: »Der Preis, den Putin für den Krieg gegen die Ukraine wirtschaftlich zahlt, wird höher.«

3. Magic Investment

Wahrscheinlich ist Ihnen der Name Mark Walter nicht geläufig. Walter ist Vorstandschef von Guggenheim Partners, einem globalen Finanzdienstleistungsunternehmen mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 310 Milliarden US-Dollar. Doch dieser Job scheint ihn nicht auszulasten, hauptberuflich scheint Walter Sportinvestor zu sein.

 Das Team in Lila und Gold

Los Angeles Lakers: Das Team in Lila und Gold

Foto: Jayne Kamin-Oncea / USA TODAY Network / IMAGO

Seit 2012 ist Walter Mehrheitseigner des Baseballteams Los Angeles Dodgers, 2021 kaufte er Anteile am Basketballteam Los Angeles Lakers, 2022 übernahm er mit Partnern den FC Chelsea von Roman Abramowitsch. Heute wurde bekannt, dass Walter Mehrheitseigner der Los Angeles Lakers wird. Der Milliardär übernimmt weitere 48 Prozent für rund 4,8 Milliarden Dollar, basierend auf einer Rekordbewertung des Teams von zehn Milliarden Dollar.

Die Lakers sind eines der umsatzstärksten Teams der NBA, obwohl ihnen zuletzt die Erfolge fehlten. In den vergangenen 15 Jahren ging nur eine Meisterschaft an das Team. Auch ohne sportliche Fortune erzielten die Lakers hohe Erlöse, zuletzt 199 Millionen Dollar in der Saison 2024/2025. Der wirtschaftliche Erfolg der Lakers geht maßgeblich auf Jerry Buss zurück, der das Team 1979 kaufte und mit der Verpflichtung von Earvin »Magic« Johnson eine goldene Ära einleitete.

Die Lakers sind nicht nur sportlich, sondern auch kulturell eine Weltmarke. Walter, bereits auch Besitzer der Baseball-Mannschaft Los Angeles Dodgers, sieht die Lakers als Kronjuwel seines Portfolios. Die NBA schloss kürzlich einen neuen Medienrechte-Deal über 76 Milliarden Dollar ab, was die Attraktivität des Investments weiter steigert. Walters Engagement verspricht weiteres Wachstum, auch wenn Investitionen in den Kader durch NBA-Regularien begrenzt sind.

»Mark Walter muss für die Übernahme der Weltmarke Los Angeles Lakers zwar tief in die Tasche greifen«, sagt mein Kollege Marvin Rishi Krishan aus dem Sportressort, »der Deal wird sich aber lohnen.«

Was heute sonst noch wichtig ist

Meine Lieblingsglosse heute:

Freitags finden Sie hier immer die Kolumne »So gesehen« meines Kollegen Stefan Kuzmany als Teil der Lage am Abend. Heute schreibt Stefan darüber, wie Donald Trump bei Gipfeltreffen bei Laune gehalten werden soll:

Foto:

Jacquelyn Martin / AP / dpa

Nach der vorzeitigen Abreise des US-Präsidenten vom G7-Gipfel in Kanada laufen Vorbereitungen, die verhindern sollen, dass Donald Trump auch das für kommende Woche in Den Haag geplante Nato-Treffen frühzeitig verlassen könnte.

Bereits im Vorfeld hatte Nato-Generalsekretär Mark Rutte den Gipfel auf eine nur etwa zweistündige Arbeitssitzung eingekürzt, um Trump nicht zu langweilen. Ursprünglich war vorgesehen, in Den Haag drei Tage lang zu beraten und über das von der US-Regierung geforderte Fünfprozentziel bei den Verteidigungsausgaben zu verhandeln.

Nun wurden weitere Details bekannt: Beim gemeinsamen Essen mit dem niederländischen Königspaar am Vorabend wird Trump eine Krone überreicht, die er während des gesamten Aufenthalts in Den Haag tragen darf. Beim Gipfel dann sollen Kritiker höherer Verteidigungsetats im Konferenzraum einen separaten Tisch mit kleineren Stühlen zugewiesen bekommen. Auch werden ihnen weder Mikrofone noch Übersetzer zur Verfügung gestellt, damit Trump ihre Einlassungen nicht hört oder versteht. Befürworter sollen sich mit roten, den MAGA-Caps nachempfundenen Baseballkappen mit der Aufschrift »Make Nato great again!« kleiden und erkennbar machen. Ihnen wird empfohlen, Trump vorauseilend zu danken und ihm, je nach nationaler Wirtschaftsleistung, vergoldete oder besser massiv goldene Gastgeschenke zu überreichen. Höhepunkt des Gipfels soll ein abschließender Fototermin werden, bei dem Trump ein überdimensionaler symbolischer Scheck in Höhe einer Fantastilliarde Dollar überreicht wird.

Sollte der US-Präsident dennoch wieder signalisieren, dringend nach Washington aufbrechen zu müssen, um dort »große Dinge« zu erledigen, ist man in Den Haag auch darauf vorbereitet: In einem extra eingerichteten Nebenraum wartet eine goldene Toilette.

Was heute weniger wichtig ist

Scarlett Johansson

Scarlett Johansson

Foto:

Gerald Matzka / Getty Images

Dino-Kino: Im neuen Teil der »Jurassic«-Filme spielt Scarlett Johansson, 40, eine Frau, die sich mit Dinosauriern anlegt. Dem SPIEGEL sagte sie nun, auch als Regisseurin hätte sie Lust auf einen Actionfilm – trotz aller Herausforderungen. »Ich liebe große Genrefilme, Thriller und Action«, so Johansson im Gespräch mit dem SPIEGEL. »Und ich habe mit Regisseuren gearbeitet, die es geschafft haben, zwischen kleineren Filmen und Megaprojekten zu wechseln – womöglich könnte ich das auch.«

Mini-Hohlspiegel

Aus der »Pforzheimer Zeitung«

Aus der »Pforzheimer Zeitung«

Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons

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Chappatte

Lago di Como nahe Lecco

Lago di Como nahe Lecco

Foto: Jöran Steinsiek / IMAGO

Könnten Sie einen Roman lesen, der sich erschreckend nah an die Wirklichkeit anlehnt? Es geht um Bergrutsche. Nach der Katastrophe von Blatten fürchtet gerade ein weiterer Schweizer Ort ein solches Unglück. Die Bewohner von Brienz mussten ihre Häuser vor Monaten verlassen, nun dürfen sie das Gebiet gar nicht mehr betreten. Das ist die Realität.

Die Fiktion »Erdrutsch« von Burkhard Spinnen und Charles Wolkenstein dagegen spielt am Comer See und handelt von einem geheimnisvollen »Vogelmann«, der die Stimmen von Eichelhähern deuten kann – und entsprechend ihre Warnungen vor Naturkatastrophen. Denn Tiere haben dafür eine sehr viel feinere Sensorik als Menschen.

Das im Berliner Kanon-Verlag erschienene Buch erzählt von Regionen, die seit Jahrtausenden im Dauerfrost existierten und nun auftauen. »Hänge werden weich, verlieren den Halt und rutschen wie Teig vom Backblech.« Bei der Buchpremiere wurde der Autor Burkhardt Spinnen gefragt, wann seine Geschichte eigentlich spielt: »Immer morgen.«

Bevor Sie ins erste offizielle Sommerwochenende starten, hier noch ein Tipp für unser heutiges Wordle: Es passt zu sommerlichen Temperaturen. Mein Kollege Jan-Hendrik Luft, der für Games zuständig ist, konnte es im dritten Anlauf lösen. Und Sie? Spielen Sie jetzt hier .


Einen schönen Abend. Herzlich

Ihr Janko Tietz, Ressortleiter Nachrichten

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