Die Lage am Abend Majestätsbeseitigung
Die drei Fragezeichen heute:
Prozess in Frankreich – warum wurde der Schauspieler Gérard Depardieu verurteilt?
Innenministerium ordnet Verbot an – wer steckt hinter dem »Königreich Deutschland«?
Indizien gegen Christina Block – welche Erkenntnisse hat die Staatsanwaltschaft im Fall der Kindesentführung?
13.05.2025, 17.58 Uhr

Schauspieler Depardieu: »Der Mann, der schreit und wütet«
Foto:Dimitar Dilkoff / AFP
Wo soll das Problem sein, Frauen ein paar vulgäre Sprüche hinterherzurufen? Was ist falsch an ein wenig Grobschlächtigkeit? Oder an ein bisschen mehr? So oder so ähnlich scheint der französische Schauspieler Gérard Depardieu schon seit Jahrzehnten zu ticken. Jetzt wurden die Fragen von Richtern beantwortet – spät, aber immerhin: Wer in all dem kein Problem sieht, muss damit rechnen, zu einer Haftstrafe verurteilt zu werden.
Frankreich galt lange als Ausnahme bei #MeToo, besonders im Kino. Doch mit dem heutigen Urteil gegen Depardieu ist das vorbei. Der Schauspieler wurde wegen sexueller Übergriffe auf eine Regieassistentin und eine Bühnenbildnerin während der Dreharbeiten zu »Die grünen Fensterläden« im Jahr 2021 zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt (hier mehr).
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Depardieu die Frauen vorsätzlich begrapscht und obszön angesprochen hatte. Er bestritt die Vorwürfe, räumte aber ein, die Ausstatterin an den Hüften berührt und ordinäre Sprache benutzt zu haben. Das Urteil gilt als Signal für einen Wandel im französischen Kulturbetrieb, der lange von männlicher Macht geprägt war.
Depardieu muss sich zudem in das Register für Sexualstraftäter eintragen lassen. Gegen das Urteil kann er Berufung einlegen. Es ist das erste Urteil gegen Depardieu, dem zahlreiche weitere Frauen Übergriffe vorwerfen. Mein Kollege Wolfgang Höbel glaubt, die französische Gesellschaft ist sensibler für die Anliegen der #MeToo-Bewegung geworden.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Der Weltstar als gewöhnlicher Straftäter
2. Razzia bei »Reichsbürgern«

»Reichsbürger« Peter Fitzek bei seiner Festnahme
Foto:Henrik Neumann / SPIEGEL TV
Ich bin immer wieder erstaunt darüber, in welcher Parallelwelt einige unserer Mitbürger leben. Wobei »Mitbürger« es in diesem Fall gar nicht trifft. Denn die Mitglieder des »Königreichs Deutschland« (KRD) glauben ja, gar nicht in der Bundesrepublik zu leben, sie lehnen den Staat ab. Wären sie nicht so gefährlich, könnte man sie als verpeilte Spinner abtun, denen eben nicht zu helfen ist. Doch der Kön..., ähm der Kopf der Truppe, Peter Fitzek, ist Dauergast vor Gerichten, unter anderem, weil der in einem Landratsamt eine Security-Mitarbeiterin attackiert und zwei Bundeswehrsoldaten als »Faschistenschweine« beschimpft hat.
Heute hat das Bundesinnenministerium das KRD verboten, da Zweck und Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung und Strafgesetze verstießen. Hunderte Polizisten durchsuchten Objekte in sieben Bundesländern, das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt. Fitzek und drei weitere führende Mitglieder wurden wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie illegaler Bank- und Versicherungsgeschäfte festgenommen. Fitzek fiel immer wieder durch Nähe zu Rechtsextremisten, antisemitische Verschwörungserzählungen und zahlreiche Straftaten auf.
Das KRD war die größte »Reichsbürger«-Gruppierung mit bis zu 6.000 Anhängern. Die Organisation inszenierte einen eigenen Staat mit eigener Währung, Bank, Ausweisen, eigenen Immobilien und Seminaren zum »Systemausstieg« für mehrere Hundert Euro. Im Song »König von Deutschland« dichtete Rio Reiser einst: »Ich hätte zweihundert Schlösser. Und wär' nie mehr pleite. Ich wär′ Rio I., Sissi die II.« Auch Fitzek ließ sich König Peter I. nennen. Mit den Schlössern haperte es aber etwas. Sein Königspalast: ein Gutshof im sächsischen Halsbrücke.
Lesen Sie hier mehr: Selbst ernanntes »Königreich Deutschland« wird verboten
3. Christina Block wird der Prozess gemacht

Angeklagte Block: Hinweise, dass sie deutlich mehr über die Entführung ihrer Kinder gewusst haben dürfte
Foto:ABBfoto / picture alliance
Christina Block, Tochter des Steakhaus-Gründers Eugen Block, wird beschuldigt, die Entführung ihrer beiden jüngsten Kinder aus Dänemark nach Deutschland organisiert zu haben. Während sie am 31. Dezember 2023 im Grand Elysée Hamburg Silvester feierte, schlugen mehrere maskierte Täter in Dänemark vor einem Restaurant auf den Vater ein und verschleppten die Kinder nach Deutschland.
Christina Block bestritt jede Beteiligung, ebenso ihr Vater Eugen. Meine Kollegen Christopher Pilz und Ansgar Siemens konnten die 148-Seiten lange Anklageschrift einsehen. In ihr gibt es jedoch etliche Hinweise, dass Christina Block deutlich mehr über die Entführung ihrer Kinder gewusst haben dürfte, als sie öffentlich zugibt. Laut Anklage hatte sie bereits zuvor mehrfach versucht, mithilfe von Sicherheitsfirmen die Kinder zurückzuholen, nachdem sie im Zuge eines Sorgerechtsstreits beim Vater geblieben waren. Die Staatsanwaltschaft sieht Christina Block als Drahtzieherin und erhob Anklage wegen Entziehung Minderjähriger, Misshandlung Schutzbefohlener, Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung.
Die Kinder wurden nach vier Tagen auf gerichtliche Anordnung zum Vater zurückgebracht. Der Prozess gegen Christina Block und weitere Beschuldigte soll im Sommer beginnen; die Ermittlungen gegen ihren Vater Eugen wurden eingestellt. »Eine Trennungsfamilie, wie es sie zehntausendfach in Deutschland gibt«, schreiben Christopher und Ansgar. »In der oft Missgunst und Eifersucht zwischen den Eltern herrscht, in der um die Kinder gekämpft wird. Doch so unerbittlich und brutal wie hier passiert es selten.«
Hier die ganze Geschichte: So soll Christina Block die Entführung ihrer Kinder geplant haben
Was heute sonst noch wichtig ist
Warum die US-Regierung weißen Südafrikanern Asyl gewährt: Die USA lassen fast keine Flüchtlinge mehr ins Land. Doch für eine Gruppe macht der Präsident eine Ausnahme: weiße Südafrikaner. Er sieht sie von einem »Genozid« bedroht .
Uno-Luftfahrtbehörde erklärt Russland für Abschuss von Flug MH17 verantwortlich: Alle 298 Insassen starben, als am 17. Juli 2014 eine Rakete ein Flugzeug von Malaysia Airlines traf. Russland weist bis heute jede Schuld zurück, gerät jetzt aber durch eine Uno-Entscheidung unter Druck.
Rentenversicherung ist für rasche Einbeziehung von Selbstständigen: Es gibt großen Widerstand gegen die Pläne von Bärbel Bas, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung zu holen. Bei Selbstständigen könnte es dagegen aus Sicht der Rentenchefin schon bald so weit sein.
Meine Lieblingsgeschichte:

Leemage / picture alliance
Italien zählt erstmals mehr Museumsbesucher als Einwohner. Lange davor bereiste Goethe das Land. Von Florenz bis Pompeji war seine Bucket List der von Gen-Z-Touristen überraschend ähnlich. Seine Eindrücke auch? Meine Kollegin Evelin Ruhnow hat sich auf die Suche nach Parallelen gemacht.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Diese italienischen Sehenswürdigkeiten bescherten Goethe #goodvibes
Was heute weniger wichtig ist
TV egal: Den Titel seiner neuen Sendung hat der Entertainer Stefan Raab, 58, wohl allzu wörtlich genommen: »Du gewinnst hier nicht die Million« heißt sie, und bei ihm kann man das auf die Zuschauerzahl beziehen. Die Sendung hatte nach Angaben eines Mediendienstes zuletzt lediglich 820.000 Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht. Der Sender RTL, der große Hoffnungen mit der Verpflichtung Raabs verband, zog nun den Stecker. Aus der anstehenden Sommerpause wird das Format nicht zurückkehren. Programmgeschäftsführerin Inga Leschek knallhart: »Mit den Quoten der Weekly im linearen TV sind wir nach dem erfolgreichen Start aktuell nicht zufrieden.«
Mini-Hohlspiegel

Aus dem »Oberhessen Kurier«

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Klaus Stuttmann

Musiker Kühn
Foto:Olivier Degen
Könnten Sie sich Karten für ein außergewöhnliches Konzertereignis besorgen, das am Freitag in Berlin stattfindet. Zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und als Zeichen der Erinnerung an die europäische Idee kehrt das Werk »Europeana« auf die Bühne zurück. Es wurde 1995 uraufgeführt, mit dem Pianisten Joachim Kühn, der NDR Radiophilharmonie Hannover unter der Leitung des Komponisten Michael Gibbs sowie herausragenden Solisten wie J.F. Jenny-Clark, Daniel Humair, Albert Mangelsdorff, Klaus Doldinger, Django Bates, Richard Galliano oder Christof Lauer.
Eigentlich hatte Kühn sich von den Konzertbühnen verabschiedet (Lesen Sie hier mehr. ). Für dieses Herzensprojekt kehrt er noch einmal auf das Podium der Berliner Philharmonie zurück. Die Idee hinter »Europeana« und ihre künstlerische wie politische Botschaft sind ihm offenbar ein zentrales Anliegen. Begleitet wird er von der NDR-Bigband unter der Leitung von Geir Lysne, dem Vision String Quartet und dem französischen Saxofonisten Émile Parisien. Hören Sie hier schon mal rein in das Originalalbum von 1995.
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Janko Tietz, Ressortleiter Nachrichten