Wichtige Updates
Klingbeil: SPD hat Charakter als Arbeiterpartei verloren
Wehrbeauftragte Högl: „Form von Pflicht“ bei geplantem Wehrdienst könnte nötig sein
Linnemann: Abstimmung mit der AfD zu Migration war ein Fehler
Dobrindt: „Wir werden nach Afghanistan und Syrien abschieben“
Militärausgaben: Grüne nennen Wadephuls Vorstoß „naiv“ – Rubio spricht von bündnisweitem Fünf-Prozent-Ziel
Klingbeil ermahnt Kabinettskollegen zu Einsparungen
Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil will statt gezielter Kürzungen von allen Ministerien Einsparungen einfordern. Der Haushaltsentwurf für 2025 solle am 25. Juni im Kabinett beschlossen werden, sagte der SPD-Co-Chef dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Als Finanzminister werde ich darauf drängen, dass jedes Ministerium Einsparungen vorbringt. Sich zurückzulehnen, weil wir das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur haben und die Verteidigungsausgaben jetzt von der Schuldenbremse ausgenommen sind, geht nicht.“
Die vorherige Ampel-Regierung ist maßgeblich am Streit über den Haushalt und die Schuldenbremse zerbrochen. Die neue Koalition aus Union und SPD hat bereits das Grundgesetz geändert, um deutlich mehr investieren zu können. Gleichzeitig wurden aber auch Reformen und eine Konsolidierung des Haushalts vereinbart.
Der alte Bundestag hatte wegen der vorgezogenen Neuwahl keinen Haushalt für dieses Jahr mehr beschlossen. Die Bundesregierung arbeitet daher mit einer vorläufigen Haushaltsführung. Deshalb drängt die Zeit beim Haushalt 2025. Der Beschluss ist für September geplant. Auch der Etat für 2026 steht bald an, er soll bis Jahresende beschlossen sein.
Klingbeil: SPD hat Charakter als Arbeiterpartei verloren
Die SPD hat nach den Worten ihres Vorsitzenden Lars Klingbeil ihre Rolle als Partei der Arbeitnehmerschaft verloren. „Uns ist der Charakter als Partei der Arbeit abhandengekommen. Als Partei, die für Menschen da ist, die Leistung zeigen im Job, in der Familie oder auch im Ehrenamt“, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Menschen müssten wieder sehen, dass die SPD sich um ihre Belange kümmere. „Mir ist auf jeder Wahlkampfveranstaltung entgegengeschlagen, dass wir uns angeblich nur um das Bürgergeld kümmern. Diesem Eindruck müssen wir doch entgegentreten“, sagte Klingbeil. In der schwarz-roten Koalition werde die SPD alles dafür tun, „dass Arbeitsplätze sicher sind und die Wirtschaft ans Laufen kommt“.
Das Wahlergebnis von 16,4 Prozent nannte Klingbeil „katastrophal“. Die SPD bleibe aber eine Volkspartei. Das sei vor allem eine Haltungsfrage und keine Prozentfrage. „Wir wollen unsere Gesellschaft zusammenbringen, Brücken bauen, das Land als Ganzes sehen.“ Bei der Bundestagswahl hatte die Partei ihr schlechtestes Ergebnis bei einer nationalen Wahl seit 138 Jahren eingefahren. Klingbeil hatte unmittelbar nach der Wahlschlappe zunächst nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen. In der neuen Regierung mit der Union ist er nun Vizekanzler und Finanzminister. Auf dem SPD-Parteitag im Juni kandidiert er erneut als SPD-Chef. Co-Chefin will die jetzige Arbeitsministerin Bärbel Bas werden und damit Saskia Esken ablösen.
Für Klingbeil könnten die Regierungsämter auch das Sprungbrett für eine Kanzlerkandidatur 2029 sein. Auf die Frage danach sagte der 47-Jährige: „Es ist überhaupt nicht der Zeitpunkt, sich jetzt über die nächste Bundestagswahl Gedanken zu machen. Mein Anspruch ist, dass ich meinen Job gut mache. Meine Messlatte ist, dass die Bürgerinnen und Bürger sagen, das ist richtig, dass er der Finanzminister ist.“
Wehrbeauftragte Högl: „Form von Pflicht“ bei geplantem Wehrdienst könnte nötig sein
Der geplante Wehrdienst in Deutschland wird nach Worten der scheidenden Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl (SPD), nicht ohne „eine Form von Pflicht auskommen werden“. Es sei gut, dass die Bundesregierung nicht die alte und seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder einsetzen wolle, sagte Högl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das hätte unsere Bundeswehr überfordert. Einen ganzen Jahrgang junger Männer einzuziehen, könnte sie gegenwärtig nicht leisten. Es fehlt an Ausrüstung, Unterkünften und Ausbildern. Wenn der Aufwuchs mit Freiwilligkeit gelingt, das wäre gut.“ Wenn es nicht reiche, brauche es eine Pflicht.
Gegenwärtig könne nicht mit mehr als 5 000 Soldatinnen und Soldaten begonnen werden, erklärte Högl. „Aber 5 000 können nur ein erster Schritt sein. Die Zahl muss weiter aufgestockt werden.“ Die „offizielle Zielmarke“ seien 203 000 aktive Soldatinnen und Soldaten bis 2031, plus Reserve. „Seit Jahren haben wir rund 180 000 Soldatinnen und Soldaten, und der Aufwuchs gelingt bisher nicht. Personal zu gewinnen und Personal zu binden, ist derzeit die größte Aufgabe für die Bundeswehr.“
Högl sieht großen Handlungsbedarf hinsichtlich von Frauen in der Bundeswehr – und beklagt auch sexuelle Übergriffe in der Truppe. „Es fehlt noch immer an passenden Uniformen für Soldatinnen und an ausreichend sanitären Einrichtungen. Und leider gibt es auch sexuelle Übergriffe in der Bundeswehr. Wir haben jetzt seit über 20 Jahren Frauen in allen Teilen der Bundeswehr. Doch die Bundeswehr verfehlt das im Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz festgelegte Ziel von 20 Prozent Frauen in den Streitkräften.“
Der Anteil liege seit Jahren bei 13 Prozent, „und auch das nur, wenn die rund 50 Prozent Frauenanteil im Sanitätsdienst mitgerechnet werden“. Auch gebe es zu wenige Frauen in Führungspositionen, sagte Högl. „Der Frauenanteil muss dringend aufwachsen. Deswegen hoffe ich, dass Frauen bei der Personalwerbung gezielt angesprochen werden.“
Linnemann: Abstimmung mit der AfD zu Migration war ein Fehler
Ende Januar hat die CDU im Bundestag zusammen mit der FDP und der AfD im Bundestag für eine härtere Migrationspolitik gestimmt. Das löste heftige Kritik aus, es gab Demonstrationen und half nicht zuletzt der Linken, die diese Empörung politisch kanalisierte. Im Nachhinein bezeichnet es CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nun als Fehler, diese Sitzungswoche Ende Januar abgehalten zu haben. Besser wäre es gewesen, wenn sie gar nicht angesetzt worden wäre, sagt er im Podcast Table Today. „Die ganze Woche hätte nicht stattfinden dürfen.” Denn die Abstimmung habe „zu einer Polarisierung geführt, die die linke Seite mobilisiert hat”.
Trotzdem sei es richtig gewesen, „wie wir entschieden haben“, sagt Linnemann. Inhaltlich stehe er weiter hinter den von der Union eingebrachten Vorschlägen. Wenn CDU und CSU dem nicht zugestimmt hätte, weil auch die AfD zustimmt, dann hätten die Rechtsextremisten spätestens nach dem tödlichen Anschlag von München im Februar daraus eine Kampagne gegen die Union gemacht. Angesichts der vorgezogenen Neuwahl wäre es aber besser gewesen, im November 2024 nur zwei Sitzungstage abzuhalten und dann nur noch Wahlkampf zu machen.
Ministerin Bas fordert bessere Arbeitsbedingungen für Frauen
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas pocht auf die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für Frauen, um ihre Erwerbstätigkeit zu steigern. „Die Arbeitgeber müssen die Arbeitswelt so gestalten, dass mehr Mütter in Vollzeit arbeiten können“, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag. So könne auch die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland erhöht werden. „Jede zusätzliche Arbeitskraft und jede zusätzliche Arbeitsstunde bringt uns voran.“
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche in seiner ersten Regierungserklärung die Bürger auf eine „gewaltige Kraftanstrengung“ eingeschworen, um das Land wieder wettbewerbsfähiger zu machen. „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, betonte er.
Bas sagte der Zeitung, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen „schaffen wir nur, wenn alle mitziehen“. Doch in Deutschland gebe es Frauen, die unfreiwillig in der Teilzeitfalle säßen. Sie wollten mehr arbeiten, könnten es aber nicht wegen fehlender Kinderbetreuung oder familienfeindlicher Arbeitsmodelle. „Insbesondere Frauen arbeiten dann oft weniger, verdienen schlechter und am Ende droht Altersarmut. Das ist ungerecht und da müssen wir ran.“
Die Regierung plane zwei Maßnahmen für mehr Erwerbstätigkeit von Frauen: „Wir setzen in der Koalition auf den Ausbau der Kinderbetreuung. Prämien für den Wechsel in Vollzeit vom Arbeitgeber fördern wir steuerlich.“
Nach Angaben des Arbeitsministeriums arbeiten nur 11 Prozent der berufstätigen Männer in Teilzeit, aber knapp 49 Prozent der berufstätigen Frauen, wie die Zeitung berichtet. Wenn die 9,3 Millionen Frauen in Teilzeit ihre Arbeitszeit um 10 Prozent steigern würden (rund zwei Stunden mehr pro Woche und Frau) entspräche dies laut Ministeriumsberechnungen einer halben Million zusätzlicher Vollzeitstellen.
Reiche will Unternehmenssteuern stärker senken, als im Koalitionsvertrag vereinbart
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche möchte sich für eine umfangreichere Unternehmenssteuerreform einsetzen als von Union und SPD verabredet. „Ja, man kann immer mehr machen, und der Anspruch müsste es sein“, sagte die CDU-Politikerin beim Tag des Familienunternehmens in Berlin. Sie fühle sich zwar an den Koalitionsvertrag gebunden, werde aber alles dafür tun, dass es am Ende mehr werde.
Schwarz-Rot will die Wirtschaftskrise zunächst mit zusätzlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen beenden. So sollen Investitionen belohnt werden. Von 2028 an soll dann die Körperschaftssteuer in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt werden. Viele Wirtschaftsverbände hatten dies als zu spät und zu zaghaft kritisiert.
Dobrindt: „Wir werden nach Afghanistan und Syrien abschieben“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat den vorgesehenen härteren Umgang mit Asylsuchenden bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms im Bundestag verteidigt. „Was die illegale Migration anbelangt, hat die Integrationsfähigkeit eines Landes schlichtweg eine Belastungsgrenze, und deswegen müssen wir handeln“, sagte Dobrindt. Illegale Migration gefährde die Stabilität Deutschlands und Europas. Städte, Gemeinden und Landkreise seien am Limit.
Deswegen brauche es eine Migrationswende mit mehr Abschiebungen, schnelleren Verfahren und mehr Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, sagte der Innenminister. Der Politikwechsel habe bereits begonnen, indem er in der vergangenen Woche die Grenzkontrollen verschärft habe.
Gleichzeitig kündigte Dobrindt mehr Rückführungen von Ausreisepflichtigen an. „Wir werden nach Afghanistan und Syrien abschieben“, sagte er.
Militärausgaben: Grüne nennen Wadephuls Vorstoß „naiv“ – Rubio spricht von bündnisweitem Fünf-Prozent-Ziel
In der Opposition stößt die Forderung von Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach einer Erhöhung der Militärausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung auf Kritik. Die Grünen warnen vor einer Anbiederung an US-Präsident Donald Trump und verlangen zunächst eine solide Planung auf Basis der Pläne, die auf dem Nato-Gipfel im Juni beschlossen werden sollen. Ähnlich hatten sich aufseiten der SPD als Koalitionspartner der Union am Donnerstag schon Parteichef Lars Klingbeil und Verteidigungsminister Boris Pistorius geäußert.
„Es wirkt etwas naiv, wenn Außenminister Wadephul denkt, er könne sich bei Präsident Trump anbiedern, indem er unseriös und jenseits des Koalitionsvertrages möglichst große Zahlen in den Raum wirft“, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. „Stattdessen braucht es eine solide Planung basierend auf den modernisierten Verteidigungsplänen der Nato, die in ein paar Wochen auf dem Gipfel beschlossen werden.“
Außenminister Wadephul hatte sich am Donnerstag Trumps Forderung nach einer starken Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent der Wirtschaftsleistung angeschlossen. Man folge Trumps Einschätzung, dass dies notwendig sei, sagte der CDU-Politiker bei einem Nato-Außenministertreffen in der Türkei. Nicht nur die Opposition, auch der Koalitionspartner SPD wurde offensichtlich von den Äußerungen überrascht.
US-Außenminister Marco Rubio zufolge werden sich sogar alle Nato-Mitglieder auf das Ziel einigen, in den nächsten zehn Jahren einen Betrag in Höhe von fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben auszugeben. Er sagte dies bei Fox News.
Dobrindt und andere Minister stellen ihre Pläne vor
Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt stellt an diesem Freitag im Bundestag sein Programm für die nächsten vier Jahre vor. Der CSU-Politiker hat schon mit seiner ersten Anordnung für Schlagzeilen gesorgt. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt verfügte Dobrindt in der vergangenen Woche eine Intensivierung der Grenzkontrollen. Gleichzeitig ordnete er an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können.
Nach einer vermutlich hitzigen Debatte über die künftige Innenpolitik präsentieren Justizministerin Stefanie Hubig (SPD), Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) ihre Pläne für die schwarz-rote Regierungszeit.
Vor allem von den Grünen und der Linksfraktion schlägt Dobrindt wegen seiner Anweisung an die Bundespolizei Kritik entgegen. Die Grünen-Fraktion hält es zudem für dringend notwendig, dass die Bundesregierung zu den Grenzkontrollen rasch im Innenausschuss Rede und Antwort steht. „Die Bundesregierung muss gegenüber dem Parlament endlich nachvollziehbar erklären, wie sich die pauschalen Zurückweisungen an den deutschen Binnengrenzen zum Europarecht verhalten“, fordert Lukas Benner, der die Grünen-Fraktion künftig im Innenausschuss als Obmann vertreten wird. Die „europarechtliche Geisterfahrt“ des neuen Innenministers habe bereits jetzt Chaos angerichtet, schade dem Verhältnis zu den Nachbarländern und der Wirtschaft.
Kanzler will Zwischenbilanz der Regierung bereits vor der Sommerpause
Bundeskanzler Friedrich Merz will bereits bis zum Sommer eine Zwischenbilanz über umgesetzte Gesetzesvorhaben präsentieren. "Wir werden in der nächsten Woche die ersten Gesetzgebungsverfahren auf den Weg bringen", sagte der CDU-Vorsitzende in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Am 11. Juli sei die letzte Bundesratssitzung vor den Sommerferien. "Und ich möchte da, dass wir schon eine kleine Zwischenbilanz vorlegen können. Die ersten Entscheidungen sind betroffen", sagte er. Alles stehe unter dem Ziel, wieder Wachstum zu erreichen.
Der Kanzler hatte in seiner Regierungserklärung am Mittwoch angekündigt, dass die schwarz-rote Regierung Tempo bei Reformen machen wolle. "Wir müssen vor allen Dingen dort schnell handeln, wo es kein Geld kostet", erklärte er. Das betreffe etwa das Thema Bürokratie, wozu auch die Abschaffung des Lieferkettengesetzes gehöre. Zugleich mahnt Merz Geduld an: "Wir sind jetzt seit gut einer Woche im Amt. Sie können nicht in wenigen Tagen alles von uns erwarten."
Als Beispiel für schnell mögliche Reformen nannte er die Abscheidung, Wiederverwendung und Speicherung des Klimagases CO₂. "Das Gesetz ist fertig, das können wir relativ schnell in den Bundestag einbringen", sagte Merz. Dann werde in Deutschland erlaubt, was in anderen Ländern Europas längst erlaubt und praktiziert werde.
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Deutschland und Großbritannien bauen militärische Zusammenarbeit aus
Berlin und London wollen gemeinsam eine weitreichende Präzisionswaffe entwickeln und laden Verbündete zur Beteiligung ein. Es sei begonnen worden, an den Fähigkeiten zum „Deep Precision Strike“ zu arbeiten, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einem Treffen mit seinem britischen Kollegen John Healey in Berlin.
„Konkret heißt das, wir haben die Entwicklung von Waffensystemen mit einer Reichweite von mehr als 2000 Kilometern gestartet“, sagte Pistorius. „Die aktuelle Bedrohungslage zeigt eindrucksvoll, wir müssen möglichst alle Fähigkeitslücken schließen und das so schnell wie irgendwie möglich.“ Deutschland und Großbritannien vereinbarten auch eine verstärkte Zusammenarbeit bei Fähigkeiten zur U-Boot-Jagd.
Mit ihren Plänen für eine weitreichende Präzisionswaffe übernehmen die beiden Staaten eine Führungsrolle im europäischen Projekt Elsa („European Long-Range Strike Approach“). Eine Absichtserklärung dazu hatten mehreren Staaten schon auf dem Nato-Gipfel in Washington unterzeichnet. Es geht um die Fähigkeit, einem möglichen Gegner auch tief in seinem Hinterland Militäranlagen oder wichtige Infrastruktur zerstören zu können.
Steuerschätzung bis 2029 niedriger als erwartet
Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Herbst angenommen. Die Steuerschätzer sagen nach Angaben des Finanzministeriums voraus, dass in dieser Zeit 33,3 Milliarden Euro weniger in die Kassen des Bundes fließen, als man noch im Oktober dachte. Das dürfte die Arbeit des neuen Finanzministers Lars Klingbeil nicht gerade einfacher machen.
„Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken“, erklärte der SPD-Politiker. „Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an.“ Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde.
Für den Gesamtstaat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, sind die Steuerschätzer ebenfalls pessimistisch. Hier erwarten sie bis 2029 rund 81,2 Milliarden Euro weniger Einnahmen als noch im Oktober vorhergesagt.
Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein Wachstum von 1,0 Prozent.
Mit diesen Zahlen im Gepäck muss der neue Finanzminister Lars Klingbeil jetzt den Haushalt für das laufende Jahr aufstellen – deutlich verspätet wegen des Ampel-Bruchs und der vorgezogenen Bundestagswahl. Am 25. Juni will er die Pläne durchs Kabinett bringen.
Wadephul unterstützt Trumps Forderung nach mehr Militärausgaben
Der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul hat sich öffentlich hinter die Forderungen von US-Präsident Donald Trump nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten auf jeweils fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung gestellt. „Wir werden darüber heute natürlich noch einmal beraten, aber man sollte das Ergebnis sehen und das Ergebnis sind in der Tat die fünf Prozent, die Präsident Trump gefordert hat“, sagte Wadephul bei einem Nato-Außenministertreffen in der Türkei nach einem Gespräch mit US-Außenminister Marco Rubio. „Wir folgen ihm (Trump, Anm. d. Red.) da und wir sehen darin ein klares Bekenntnis der Vereinigten Staaten von Amerika zu Artikel fünf (des Nato-Vertrages)“, betonte der Außenminister in Anspielung zu der Beistandsverpflichtung.
Wadephul machte allerdings deutlich, dass die fünf Prozent in verschiedene Bereiche aufgeteilt werden könnten. Womöglich werde vereinbart, dass klassische Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausreichend seien, sofern gleichzeitig auch noch 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für militärisch nutzbare Infrastruktur ausgegeben würden. Ein solches Vorgehen hatte zuletzt Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagen.
Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben lediglich jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des BIP vor. Nach jüngsten Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr 45 Milliarden Euro mehr an jährlichen Verteidigungsausgaben bedeuten. Die Bundesregierung relativierte Wadephuls Äußerungen am Donnerstag offenbar. „Es bleibt bei der Festlegung, dass die Bundesregierung eine Entscheidung über die Höhe der Verteidigungsausgaben nach dem Nato-Gipfel Ende Juni treffen wird“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen.
Zwei Prozent? Fünf Prozent? Oder eine Mischung?
Fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben? Dagegen sträuben sich so einige Nato-Länder. Sie halten es für nicht erreichbar oder innenpolitisch nicht erwünscht, ihre Militärausgaben derart zu erhöhen. Manche erfüllen noch nicht einmal das Zwei-Prozent-Ziel. Doch der US-Präsident macht Druck: Donald Trump möchte, dass die fünf Prozent im Juni beim nächsten Nato-Gipfel in Den Haag beschlossen werden. Andernfalls werde er womöglich gar nicht erst anreisen, wurde zuletzt bündnisintern gedroht. Für die Nato wäre dies ein Debakel, da ihre Abschreckung noch immer maßgeblich auf den militärischen Fähigkeiten der atomaren Supermacht USA beruht.
Als ein möglicher Kompromiss wurde deswegen ein Konzept entwickelt, mit dem auf klassische Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,5 Prozent noch 1,5 Prozent Investitionen in militärisch nutzbare Infrastruktur angerechnet werden können. Der US-amerikanische Nato-Botschafter Matthew Whitaker hatte sich zuletzt offen für eine solche Lösung gezeigt. Whitaker sagte vor dem Nato-Außenministertreffen in der Türkei, es sei ganz klar, dass es nicht nur um Raketen, Panzer und Haubitzen, sondern auch um Dinge wie militärische Mobilität, notwendige Infrastruktur und Cybersicherheit gehe.
Als mögliche Frist für die Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr 2032. So hatte US-Außenminister Marco Rubio bereits im April bei einem Nato-Treffen in Brüssel gesagt, niemand erwarte, dass man fünf Prozent in einem Jahr oder zwei erreichen könne. Auch für die USA wäre das Erreichen des neuen Ziels ein finanzieller Kraftakt.
Klingbeil will Finanzministerium zu Investitionsministerium machen
Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil will einen Schwerpunkt auf die Modernisierung Deutschlands legen. „Ich möchte das Bundesfinanzministerium zu einem Investitionsministerium machen“, sagte der SPD-Co-Chef am Donnerstag im Bundestag. Dabei seien der geplante Sondertopf von bis zu 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur und die neuen Möglichkeiten zur Aufrüstung der Bundeswehr eine gute Grundlage. Jetzt zähle Tempo.
International solle ein Zeichen gesetzt werden, dass Deutschland ein sicherer Hafen für Investitionen sei, ergänzte Klingbeil. Die Bürger müssten schnell spüren, dass es Fortschritte gebe. „Wir wollen unser Land grundlegend modernisieren.“ Es gebe aber nicht Geld für alles. Im Haushalt müsse auch konsolidiert werden, weswegen es Prioritäten brauche. Eine der Prioritäten sei es, den Wirtschaftsstandort wieder wettbewerbsfähiger zu machen und für Wachstum zu sorgen.
Klingbeil will zudem rasch eine Reform der Schuldenbremse anstoßen. Er werde „in Kürze eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge dafür entwickelt“, kündigte der SPD-Politiker im Bundestag an. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Modernisierung der Schuldenbremse solle stabile Staatsfinanzen ermöglichen und nachhaltige Zukunftsinvestitionen garantieren - für eine Zeit, wenn der gerade beschlossene 500 Milliarden Euro schwere Sondertopf aufgebraucht sei.
Klingbeil äußerte sich auch zum Handelsstreit mit den USA. „Auf die Zölle der USA müssen wir als EU geschlossen und entschieden reagieren.“ Die jetzt anstehenden Verhandlungen würden hoffentlich ein gutes Ergebnis bringen. „Wir sind vorbereitet, wenn das nicht gelingt.“